Big Data in der Landwirtschaft
Landwirtschaft
Big Data – Big Market – Big Problem?
Facebook kann durch eine Analyse der gesetzten „Likes“ mit hoher Wahrscheinlichkeit Geschlecht, Religion und Beziehungsstatus der Nutzer herauslesen. Auch die NSA gilt als Negativbeispiel für Big Data.
Was ist Big Data?
Datenvolumen und Datengeschwindigkeit sind gängige Parameter für die Datenspeicher. Neu und als Big Data bezeichnet sind nach Dr. Christian Linke von der Beratergesellschaft Agri-Esprit, Datenstruktur und Datenanalyse. Dieses Zukunftsmodell wurde auf der DLG-Wintertagung unter die Lupe genommen.
Im Rahmen der Datenstruktur werden Daten kategorisiert, was auch mit unvollständigen Datensätzen und freien Texten durchgeführt werden kann. Neu ist auch die daraus resultierende Analyse. Aus den Datensätzen werden Eigenschaften herausgelesen. Die Umkehrung dieses Prozesses einer Mustererkennung macht den Kunden transparent. Der Konsument bekommt das Angebot über einen grünen Schal, weil sein Einkaufsmuster im Herbst immer wieder Schals und die grüne Farbe speichert. Darf sich der Kunde über die Zielgenauigkeit der individualisierten Werbung freuen oder muss er das Fremdwissen fürchten?
Daten in der Landwirtschaft
Die Datensammlung in der Landwirtschaft ist ebenfalls enorm und auf verschiedene Datenträger verteilt. Feldtagebücher, Schlagkarteien, lokale Wetterdaten, Telemetriedaten aus den Fahrzeugen und die Wirtschaftlichkeit aus der Buchführung können durchaus zielgenau eingesetzt werden, erläuterten Dr. Linke und Praktiker Ulrich Wagner, der auf seinem Hof in Regenstauf in den 1980er Jahren seine eigene Schlagkartei digitalisierte und heute auf 20 Jahre Precision Agriculture zurückblicken kann.
Das Szenarium
Auf Grund von lokalen Wetterbedingungen und Bodendaten wird dem Landwirt eine standortangepasste Sorte empfohlen, die den größten wirtschaftlichen Erfolg verspricht. Eine Drohne überfliegt den Bestand und nimmt mit einer sensiblen Hyperspektralkamera den Vegetationsstatus bis auf einzelne Moleküle auf. Die Auswertung zeigt, gegen welchen Schädling Pflanzen gerade reagieren, noch bevor die ersten klinischen Symptome sichtbar sind. Der folgende Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach Prinzip der Schadschwelle kann mit der niedrigsten Dosis den Bestand retten. Sowohl die Spritzung auch die Düngung werden variabel auf den Meter genau bei Abgleichung der Wetterdaten optimal ausgebracht. Die Ernte- und Vermarktungserfassung bewertet im Herbst die Tätigkeiten auf wirtschaftlichen Erfolg und schlägt für das nächste Jahr Optimierungen vor. Auch die Züchter bekommen einen ganzen Datensatz und können lokale Sorten weiter optimieren.
Nutzen und Risiken
Bestandsführung in digitaler Echtzeit und Online-Steuerung der Maschinen sind für Ulrich Wagner nahe Zukunftsmusik. Solche Daten seien die Grundlage für die erfolgreiche Betriebsführung. Die Analyse der Offizialberatung kann den Landwirten genaue Sorten empfehlen und den Landwirten gezielt beraten, welche Saat-, Pflege- und Erntemethode den höchsten Ertrag bei geringstem Input erzielt.
Allerdings wirft die Datenflut auch in der Landwirtschaft eine Menge Fragen auf: Wem gehören die Daten und wer darf sie auswerten, fragte Dr. Linke. Die Datenanalyse arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten. Wenn die Nutzung einer Sorte zu 70 Prozent einen wirtschaftlichen Erfolg ausmacht, fallen dann die Landwirte, die zu den restlichen 30 Prozent gehören durch das Raster? Bekommen sie andere Sorten angeboten, oder keinen Kredit, weil sie weniger wirtschaftlich sind? Telemetriedaten aus den Traktoren können über Garantie- und Versicherungsfälle entscheiden, gibt Dr. Linke zu bedenken: Wurde der Schlepper richtig gefahren, hing das richtige Anbaugerät hinten dran?
Roland Krieg
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