Bilanz zum Trockenjahr 2018
Landwirtschaft
Nothilfe, Risikovorsorge und Anbauplanung
Bei anhaltender Trockenheit sinken die Pegel der Flüsse. Sandbänke werden offenbar, die zuvor unter der Wasseroberfläche schlummerten. So hat auch das Erntejahr 2018 durch seine anhaltende Trockenheit zahlreiche Fragen jenseits eines Alarmismus aufgeworfen, die beantwortet werden müssen.
Erntesituation
Alleinige Ursache von Ernteeinbußen zwischen 20 und 60 Prozent, die bislang von den Landesbauernverbänden gemeldet wurden, ist die anhaltende Trockenheit. Ursache ist ein andauerndes Hoch über den Azoren gewesen, gegen das die üblichen Tiefausläufer vom Atlantik keine Chance hatten. „Ausgeprägte Erhaltungsneigung beim Wetter“ nennen das die Meteorologen. Vereinzelt hat es in Regionen seit März nicht mehr geregnet.
Die Landwirtschaft ist aber mehr als Getreide und Raps. Winzer und Beerenproduzenten freuen sich über gute Erträge. Das ist auch in Polen so. Dort ist die Trockenheit bei den Getreidebauern tiefer ausgeprägt als in Deutschland. Mit 600.000 Tonnen Beerenobst können die Erzeuger aber eine Rekordmenge vermarkten.
Schlagzeilen in den Medien verzerren auch das Bild innerhalb der Getreidebranche. Im Landkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt wurden Anfang August 37,4 dt/ha Winterweizen geerntet. In den beiden Jahren zuvor lag das Ernteniveau bei über 74 dt/ha. Hingegen konnte nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung Kreisbauernobmann Georg Huber im Landkreis Fürstenfeldbruck westlich von München von einer guten Ernte berichten. Die Niederschläge lagen überwiegend auf Vorjahresniveau. So kamen auch die Getreidebauern im anhaltinischen Burgenland „mit einem blauen Auge“ davon. Mit 70,8 dt/ha erreichten sie witterungsbedingt nahezu das Vorjahresergebnis von 80,7 dt.
Selbst auf den einzelnen Betrieben machen sich Unterschiede bemerkbar. Landwirt Björn Küstermann von der Landgut Krosigk GmbH im Saalekreis freut sich über eine gute Wintergerstenernte. „Die frühe Getreideart war durch, als das Wasser im Boden ausging“, berichtet er in der Bauernzeitung. Es wurden zwar nur 66,2 statt 90 dt/ha geerntet, doch lag der Ertrag 13 Doppelzentner über dem des später gedroschenen Weizens.
Nothilfe mit Geduld
Der Deutsche Bauernverband (DBV) war anhand der ersten Erntemeldungen schnell mit einer Hochrechnung zur Stelle und bekommt die Schadenssumme von einer Milliarde Euro in diesem Jahr nicht mehr aus den Schlagzeilen heraus. Gegenüber Herd-und-Hof.de empfand ein Bauer aus dem Landkreis Oberhavel die Forderung als „peinlich“. „Der Regen fällt, die Sonne brennt, der Bauer ruft nach Steuergeld“ – selbst der in den sozialen Medien agile „Bauer Willi“ äußerte sich sehr zurückhaltend nach Forderungen, die Landwirte in die stetige Bittstellerposition rücken. Diese Stimmen sind in diesem Jahr lauter geworden, nachdem zuletzt in der Milchkrise die Summe von einer Milliarde Euro in den Jahren 2016 und 2017 geflossen sind – ohne den Strukturwandel aufzuhalten oder die nächste Milchkrise zu vermeiden.
Bis zur Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sind die unternehmerisch denkenden jungen Bauern bereits vorgedrungen. Während der beiden letzten Montage kamen die Amtschefs der Länder in Berlin zusammen und Klöckner bat jedes Mal um Geduld vor dem Öffnen der Staatsschatulle. Ohne Daten gebe es für die wirklich betroffenen Betriebe kein Geld. Und mit Blick auf die Steuergelder, so betonte sie unermüdlich, gibt es neben der Nothilfe ein ganzes Bündel an notwendigen Maßnahmen, künftig solche Situationen abzumildern.
Am Mittwoch zeigte sie sich nach dem zweiten Schadensbericht im Bundeskabinett und sogar als Geduldsengel. Die Medien fordern Zahlen auf Heller und Pfennig, wie viel der Bund jetzt zu verausgaben gedenkt. Doch erst diesen Mittwoch hat das letzte Bundesland seine Erntemeldungen abgegeben. Mehrmals hat sie geduldig den gleichen Ablauf bis zur Entscheidung über eine Notfallsituation und die Verantwortungsteilung zwischen Bund und Länder aufgezählt, ohne an Stringenz und Freundlichkeit zu verlieren.
Die vorliegenden Schadenssummen umfassen auch Betriebe mit einem Umsatzminus von 20 Prozent, zehn Prozentpunkte unter der „Auslöseschwelle“ für einen nationalen Notfallplan. Das alles müsse noch heraus gerechnet werden und erst am 21. August liegen konkrete Zahlen vor, wie viele Betriebe wirklich in diesem Jahr von dem Desaster betroffen sind. Darüber entscheidet dann am Folgetag das Bundeskabinett. Hinzu kommt, dass die Weizenpreise seit Ende Juli erstmals wieder die 200 Euro-Marke pro Tonne durchbrochen haben. Die 30 Prozent Verluste gegenüber den Vorjahren beziehen sich auf den Umsatz und nicht den Naturalertrag. So können die mittlerweile um 20 bis 30 Prozent gestiegenen Getreidepreise doch noch das eine oder andere Heftpflaster ersetzen.
Das hat auch Pflanzenzüchter Prof. Friedhelm Taube in einem Interview mit NDR 2 geäußert. Bei den finanziellen Hilfen müsse nicht nur zwischen unternehmerischer Risikovorsorge und einer Ad-hoc-Hilfe unterschieden werden, die regionalen Ertragseinbußen würden auch zum Teil durch gestiegene Preise kompensiert werden. In der Branche stößt das auf Widerspruch und die Überschrift „Stimme der Wissenschaft“ wurde mit einem Fragezeichen versehen.
Auch die Brüsseler Hilfe, Direktzahlungen zum großen Teil früher auszubezahlen, erhält nur den Titel „Kleingeld“. Offenbar ist der Wandel weg von der staatlichen Vollversorgung noch nicht überall vorgedrungen.
Die vielen Hilfen, die von den Ländern auf den Weg gebracht werden, verschieben nur das Problem, wie auch Bauer Willi kritisiert, der im wirklichen Leben Willi Schillings heißt und aktuell noch Nebenerwerbslandwirt im Rheinland ist. Landwirte haben wie niemand anders mit den Unbilden der Natur zu tun. Der Dreiklang, eine Ernte auf dem Feld, eine Ernte auf der Bank und eine Ernte in der Scheune beschreibt das Risikovorsorgeprinzip der Altvorderen. Die modernste Technik hat es bislang nicht ersetzen können.
Mögliche Nothilfe im Vergleich
Wenn die Bundesregierung in der kommenden Woche den Notstandsplan ausruft, dann gilt das Jahr 2003 als Vorbild. Damals hatte sich die Trockenheit durch das ganze Land gefressen. Die Bundesländer hatten Hilfsprogramme für insgesamt 36 Millionen Euro aufgelegt, die der Bund dann noch einmal als Nothilfe drauflegte. Viel mehr dürfte der DBV nicht erwarten. Das ist weit entfernt von der Milliarde, die aber vergleichsweise auch in den Nachbarländern nicht zusammen kommt. In Polen sollen 83 Prozent der Ackerfläche von der Trockenheit betroffen sein. Die Regierung stellt 187 Millionen Euro zur Verfügung und zahlt etwa 234 Euro pro Hektar. Aber nur den Betrieben, bei denen die Erträge um 70 Prozent gefallen sind. In Schweden liegt die Ernte ein Drittel unter Vorjahresniveau. Das Hilfsprogramm in Höhe von 117 Millionen Euro wird auf die Tierhalter fokussiert, denen das Futter fehlt.
Solidarität? Von wem?
Das die Preise im Lebensmittelhandel (LEH) zu gering sind, ist keine Frage. Den Erzeugern und ihren Verbänden gelingt es aber in ruhigen Zeiten nicht, die Situation zu verbessern. In der Not wird es erst recht nicht gehen. Es bleibt der Appell. Den hat der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) gerade an den Handel gerichtet. Das Futter für Hähnchen und Puten liegt ein Viertel über Vorjahresniveau. Die Gewinnmargen liegen im Centbereich. Die Vorsitzenden der Puten- und Hähnchenbranche, Thomas Storck und Rainer Wendt haben den Lebensmittelhandel zu solidarischen Preisen aufgerufen, weil die Verbraucher vor dem Hintergrund der Trockenheit Verständnis für höhere Preise zeigten. „Eine Aktion mit Vorbildcharakter“ heißt es in der Fleischbranche.
Sind LEH und Verbraucher die richtigen Adressaten? Beide Stufen greifen auf die Nutzungsoptimierung zurück, die auch Bauern für sich in Anspruch nehmen. Doch: Aldi und Co. kaufen keine Rohmilch, pasteurisieren sie und tüten sie in einen Karton. Sie kaufen die Milch von der Molkerei. Lidl und Co. kaufen kein gedroschenes Getreide, vermahlen es und backen Brot. Das ist die Aufgabe der Mühlen und Bäcker. In der Regel schlachten Discounter keine Tiere und zerlegen sie in handliche Verpackungen für die Kühltruhe. Das sind die Schlachthöfe. Die aufnehmenden Händler der bäuerlichen Rohwaren stehen in der Wertschöpfungskette den Landwirten familiär wesentlich näher als Handel und Verbraucher.
Der Blick auf die aktuellen Schweinepreise weist ein Preistief aus. Die Schlachtunternehmen nutzen die Situation zu ihren Gunsten aus und unterminieren mit ihren Hauspreisen die Arbeit von den Mästern bis hinunter zu den Ferkelerzeugern. Diese Kritik stammt von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN).
Auch die Molkereien, gerade die genossenschaftlich orientierten, sind in der Pflicht ihren Anteilseignern ordentliche Preise zu zahlen. Die Realität ist davon weit entfernt. Zu diesem Dauerthema hatte der Parlamentarische Staatssekretär Michael Stübgen bei seinem Besuch auf einem Milchviehbetrieb in Brandenburg angekündigt, dass sich das Bundeslandwirtschaftsministerium nach Möglichkeiten umschaut, in die Lieferverträge zur Stärkung der Milcherzeuger eingreifen zu können. Vorbild Ökomolkereien. Die nehmen nur die Menge an Milch auf, die auch vermarktet werden kann. Dadurch findet eine preisorientierte Mengenkontrolle statt. Der Erzeugerpreis für Ökomilch hält sich damit beständig rund zehn Cent über dem Preis für konventionelle Milch und schwankt bedeutend weniger.
Um den Ökobauern aus der Futterknappheit zu helfen, erlassen die Bundesländer Verordnungen, dass die Betriebe in Absprache mit ihrem Verband auf konventionelles Futter zurückgreifen dürfen ohne den Biostatus zu verlieren s. auch: [6].
Ausgleichsrücklage und Gewinnglättung
Beide Begriffe gehören zum bäuerlichen Wunschkonzert der betrieblichen Risikovorsorge und gelten als vorausschauende Absicherung. Die ökonomische Studie aus dem Jahr 2011 gibt keine eindeutige Empfehlung, wie Julia Klöckner auf Anfrage von Herd-und-Hof.de sagte [1]. Auch wenn sich die Agrarministerkonferenz einstimmig für das Modell ausspricht, so ist das kein Länderentscheid. Die Studie des Wissenschaftlichen Beirats sieht in der Risikoausgleichsrücklage kein Substitut für Ernteversicherungen. Ernteversicherungen als Dauersubvention seine eher ein „Transferinstrumentarium“ für Steuergelder. Ein Dürrefonds aus der ersten Säule der Direktzahlungen hängt ohne Haftungsgarantie von den Haushalten in Brüssel und Berlin ab. Aber auch die Ad-hoc-Katastrophenhilfe ist ein Hemmnis für unternehmerische Entscheidungen. Die 2016 im Dezember umgesetzte Alternative „Gewinnglättung“ ist seit dem noch immer im Notifizierungsprozess bei der EU. Viele betriebliche Risikomanagementmöglichkeiten verbleiben nicht. Nach Michael Stübgen will das BMEL zur Jahresfrist ein entsprechendes Papier zusammenstellen.
Selbst finanzierte Dürreversicherungen sind den Landwirten zu teuer berichtete jüngst Top Agrar. Der Blick auf vertrocknete kleinwüchsige Maispflanzen ohne Kolben wird manche Landwirte auf neue Gedanken bringen.
Helft Euch selbst
Wo es genug Bodenfeuchte gibt und wo es regnet, ist immer noch Zeit, Sommerzwischenfrüchte als Futter anzubauen [2]. Da Futter über die Futterbörsen sowieso über weitere Strecken transportiert werden muss, können die einen oder anderen Landwirte ihre freien Flächen für ihre tierhaltenden Kollegen nutzen. Zusätzlich hat Julia Klöckner am Mittwoch eine entsprechende Verordnung für die Futternutzung von ökologischen Vorrangflächen auf den Weg gebracht.
Auch hier: Kein Alarmismus. Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge von der Fachhochschule Kiel zeigt auf dem Portal Proteinmarkt.de die richtige Strategie auf:
„Zuallererst sollten betroffene Betriebe eine exakte Kalkulation der vorhandenen Futtervorräte vornehmen. Falls verfügbar, kann der Einsatz bestimmter Nebenprodukte wie Pressschnitzel, Kartoffelpülpe, Biertreber, Pektin- oder Zitrustrester eine gewisse Entlastung bringen. Bei Grundfutterknappheit ist eine weitere Möglichkeit, die Rationen mit Stroh zu „strecken“. Das erfordert eine gute Rationsplanung und -kalkulation, am besten gemeinsam mit dem Berater oder Tierarzt. Weiterhin gilt neben der Forderung, die Tiere satt zu bekommen, eine bedarfsgerechte Versorgung. Zu bedenken ist allerdings, dass in diesem Jahr aufgrund der geringeren Getreideernte auch weniger Stroh verfügbar ist und die Preise für Strohballen bereits in die Höhe geschnellt sind.“ [3]
Alternative Ökolandbau
Die Nicht-Fachmedien haben in den letzten Dekaden gelernt, den Ökolandbau als Alternative zu benennen, wann immer etwas in der Landwirtschaft schief läuft. Diese Tage schwingt der Ökolandbau als klimaresiliente Zukunft mit. Doch der Ökolandbau hat mit der gleichen Trockenheit und mit den gleichen Auswirkungen zu kämpfen, wie der konventionelle Landbau. Das Fehlen von Wasser macht keinen Unterschied zwischen konventionellen und ökologischen Getreidehalmen. Sie vertrocknen gleich schnell.
Darüber hat Herd-und-Hof.de mit Christina Menne gesprochen. Die Landwirtschaftliche Beraterin von Naturland in Brandenburg sieht den Ökolandbau grundsätzlich besser aufgestellt. „Wir fahren diverse Fruchtfolgen mit Futterleguminosen, wie Luzerne und Klee-Luzerne-Gemenge. Weil wir stark mit Untersaaten und Zwischenfrüchten arbeiten haben die Böden eine bessere Wasserhaltefähigkeit und sind vor Erosion geschützt.“ Doch das Trockenheitsjahr 2018 geht an den Ökobetrieben nicht vorbei. „Wir haben auch massive Einbußen von 40 Prozent Ertragsminderung und Qualitätsprobleme mit Schmachtkörnern und fehlendem Hektolitergewicht.“
Allheilmittel Fruchtfolgen
Die Erweiterung von Fruchtfolgen gilt in der aktuellen Situation nahezu als Allheilmittel. Sie sind aber keine ausschließende Domäne des Ökolandbaus. Dennoch. Winterweizen, Winterweizen, Winterraps sind ökonomisch optimierte enge Fruchtfolgen, die nicht nur während einer Trockenheit fragil sind. Abnehmende Wirksamkeit von Spritzmitteln, eine ungenügende Bodenstruktur, die vernachlässigte Grunddüngung und die Zunahme von Unkräutern hängen indirekt mit der Fruchtfolge zusammen, schreibt Dr. Stefan Deike von der Landberatung GmbH in den aktuellen DLG-Mitteilungen.
In der Praxis setzen sich Alternativen nur schwer durch. Das hängt vor allem an der schlechteren Wirtschaftlichkeit. Mit jeder neuen Frucht im Anbausystem kann der Managementaufwand immens ansteigen. Die altbekannten Probleme erscheinen dann als das kleinere Übel. So fallen bei der Einführung von Hackfrüchten hohe Mechanisierungs- und Arbeitskosten an. Je nach Standort kommt ein Kartoffelanbau nicht um eine Beregnung herum. Oft müssen neue Wege in der Vermarktung gegangen werden, oder es muss überhaupt erst ein neuer Absatzmarkt für das Fruchtfolgeglied gefunden werden.
Änderungen der Fruchtfolge müssen immer zum Betrieb und zum jeweiligen Standort passen. Und sie müssen ökonomisch sein. Eine neue sechsgliedrige Fruchtfolge sollte doch vergleichsweise ökonomisch sein wie die dreigliedrige mit zweimal Weizen und einmal Raps nach zwei Durchgängen.
Zukunft Winterweizen
In der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes sind rund 150 verschiedene Sorten Winterweizen aufgelistet. Landwirte haben natürlich die Wahl, auch Sorten anzubauen, die mit Trockenheit besser zurechtkommen. In den letzten Jahren standen in der Züchtung Resistenzen gegen Mehltau und Roste im Vordergrund. Winterhärte ist der nach wie vor am meisten gefragteste Klimaparameter. Die Züchtung auf Trockentoleranz beginnt erst jetzt, wo Wetterextreme schon zugenommen haben. Wenig hilfreich ist der Ausschluss von Technologien, die Zuchtziele schneller erreichen.
Landwirt Küstermann aus dem Saalekreis hat eine Erfahrung gemacht, die in der Branche offen diskutiert wird. Die Wintergerste ist am Standort durch ihre frühe Abreife dem Weizen überlegen. Dr. Gerhard Hauptmann von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau in Sachsen-Anhalt hinterfragt in der aktuellen Bauernzeitung, ob Winterweizen die richtige Getreideart für Ostdeutschland ist. Am Standort Bernburg spricht die klimatische Wasserbilanz eine deutliche Sprache: In den Jahren 1961 bis 1990 gibt es zwischen April und Juli ein statistisches Minus nach Niederschlag und Verdunstung. Weizen ist in Europa wegen seiner hohen Erträge und Ertragsstabilität dominant geworden. Mechanisierung und gute Jahre haben den Weichweizen auch auf Grenzstandorte gebracht, wo er eigentlich nicht die erste Wahl ist. Wintergerste und Roggen haben als Alternative in den mitteldeutschen Trockengebieten ihr ackerbauliches Habitat verloren. Alternativen wie Durum oder auch der Arznei- und Heilpflanzenanbau stünden zur Verfügung.
Die GAP
Gretchens Frage zielt am Ende in die Richtung der ökonomischen Bewertung. Die ökonomisch weniger optimierte Fruchtfolge hat Vorteile in den Bereichen Biodiversität, Wasserhaushalt und weiteren Umweltaspekten. Doch sind die monetär schwer zu bewerten? Die Neuausrichtung der Ökonomie ist rechnerisch schon lange keine Vision mehr [4]. Gerade die Landwirtschaft als Arbeitsfeld mitten in der Natur hat ein Interesse, die unzähligen positiven Beispiele vom Blühstreifen über die Untersaat bis zur Hecke auch ohne Förderungen umzusetzen. Doch solange sie als Hindernisse bei der Gewinnmaximierung angesehen werden und nur mit einem Ausgleich entlohnt werden, setzt sich kein neues Bezahlmodell durch. Wenn doch die Landwirte Ökosystemdienstleistungen erfüllen sollen, dann müssen sie damit auch richtig Geld verdienen. So weit ist Deutschland noch nicht und Brüssel bewegt sich langsam dahin. Nein. Schwerin ist so weit. Das von vielen geschmähte Backhaus-Modell sollten sich nach diesem Jahr noch einmal einige anschauen [5].
Lesestoff:
[1] Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/StellungnahmeRisiko-Krisenmanagement.pdf?__blob=publicationFile
[2] Futter für die Grobfutterlücke: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/sommerzwischenfruechte-fuer-die-grobfutterluecke.html
[3] Infoschwerpunkt zum Thema „Fütterungsstrategien bei Futterknappheit“ auf www.proteinmarkt.de
[4] Der Natur einen Wert geben: https://herd-und-hof.de/handel-/schlussbericht-teeb.html
[5] GAP-Modell mit Blick nach vorn: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/der-gap-hammer-aus-mv.html
Roland Krieg
[6] Korrigendum 16.08.2018 - 10:28 Uhr: Die Molkerei Arla Foods hat gegenüber der früheren Beschreibung korrigiert, dass Biobauern durch den Einsatz von konventionellem Futter ihren Status behalten, weiterhin den Bio-Milchpreis für ihre Lieferung erhalten, aber diese Milch gegenüber dem Kunden nicht als "Bio" vermarktet wird.