Billiger Biosprit aus Pflanzenabfällen

Landwirtschaft

Neue Hefen stehen auf Arabinose

> Lange vor den ersten Menschen waren die Hefen bereits in der Umwelt aktiv: Recycling, gären oder Nährstoffe aufbauen. Und seitdem Menschen die Hefen zu kultivieren begannen, gehören sie zur ständigen Begleitung in der Nahrung. Menschen und Hefen haben, so Dr. Ian Roberts vom britischen Institut for Food Research, über die Zeit gelernt sich gegenseitig zu manipulieren. Im Magen-Darm-Trakt könnten Hefen, die sich an menschliche Zellen heften, gezielt Medikamente transportieren. Die nationale Sammlung für Hefekulturen in Großbritannien hat mittlerweile über 3.200 Hefestämme gesammelt. Darunter sind die alten Bekannten des Brauereiwesens, genauso wie die neuen Hefen für die „Weiße“ Biotechnologie. Jetzt müsste ein neuer Stamm aufgenommen werden.

Frankfurter Biowissenschaftler füttern Hefen mit Arabinose
Bioethanol gilt als preisgünstige und nachhaltige Energiequelle, die den Bauern zusätzliches Einkommen erzielen kann. Als Autokraftstoff weist Bioethanol nicht nur hervorragende Verbrennungseigenschaften auf, sondern ist auch besonders sauber: bei seiner Verbrennung wird nur Wasser freigesetzt und Kohlendioxid, das zuvor durch die Pflanzen beim Wachstum absorbiert wurde. Um Bioethanol herzustellen helfen unter anderem Hefen, den Zucker aus der Biomasse zu vergären.
Pflanzenabfälle wie Stroh oder Hölzer sind für die Produktion von Bioethanol bisher nur sehr begrenzt einzusetzen, denn die Hefen können sie nicht effizient und rentabel verarbeiten. Das liegt daran, dass die Mikroorganismen normalerweise nur Hexosen wie Glucose verarbeiten, aber keine Pentosezucker, die in Stroh und Hölzern in größeren Mengen enthalten sind.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Eckhard Boles am Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Frankfurt hat zusammen mit Wissenschaftlern der schwedischen Universität in Lund das Problem gelöst. Seine Hefen brauchen keine teuren Agrarprodukte wie Zuckerrübe, -rohr oder Getreide.

Gesteuerte Evolution
Die Forscher bauten in Hefepilze der Gattung Saccharomyces cerevisiae neues Erbmaterial ein, dass es den Hefezellen erlaubt, Pflanzenbestandteile, die sonst nicht genutzt werden können, in Bioethanol umzusetzen. Damit die Hefen bestimmte Pentosen verdauen können, benötigen sie Enzyme, die sie von Natur aus nicht besitzen. Allerdings haben verschiedene Bakterien solche Enzyme, beziehungsweise Gene, solche Enzyme zu bauen. Drei davon setzten die Forscher in die Hefe ein. Tatsächlich produzierte sie die gewünschten Enzyme – aber nur sehr begrenzt.
Die Wissenschaftler boten den modifizierten Hefen über Monate hinweg ein Nährmedium an, dass nur den Pentosezucker Arabinose enthielt. Durch spontane Mutationen entstanden dann Hefezellen, die Arabinose jetzt effektiver zu nutzen wissen. Da die ersten dieser Hefen einen Vorteil auf dem Nährmedium hatten wuchsen sie immer schneller und setzten sich schließlich in der Population durch. Eine molekulargenetische Analyse wies die physiologischen Veränderungen letztlich aus.

Industriereife
Für die Mitarbeiter Beate Wiedemann und Marco Keller stehen die nächsten Herausforderungen bevor: Was im Labor erfolgreich ist, muss noch nicht für die Praxis reichen. Daher muss noch geprüft werden, ob die Hefen für die industrielle Wirklichkeit robust genug sind und ob die Ausbeute für Ethanol noch erhöht werden kann. Dabei sollen die Techniken des „Genetic Engineering“ und der „gesteuerten Evolution“ wieder kombiniert werden: Die genetisch veränderten Hefen sollen ein weiteres Mal über viele Monate hinweg unter industriellen Bedingungen gezwungen werden, Pentosezucker zu verdauen.

roRo

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