Bio wächst unter Wert
Landwirtschaft
Bio: Es könnte noch mehr sein
Auf der Bilanzpressekonferenz vor der BioFach haben der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) Bilanz über das letzte Jahr gezogen. Der Umsatz mit Biolebensmitteln und Biogetränken ist um 7,2 Prozent auf 7,55 Milliarden Euro gestiegen, was einem Anteil von 3,77 Prozent am Gesamtumsatz des Lebensmittelhandles bedeutet. Dem starken Marktwachstum steht ein verhaltenes Plus auf der Erzeugerseite gegenüber. Die ökologisch bewirtschaftete Fläche wuchs um 10.598 Hektar auf 1.044.953 Hektar und bedeutet ein Plus von einem Prozent. Die Zahl der Biobetriebe nahm um 452 auf 23.484 Betriebe zu und bedeutet ein Plus von zwei Prozent.
Ausgeweitet wurden vor allem intensive Produktionsbereiche. So konnte der Obstbau um 17 Prozent, der Weinbau um sieben Prozent zulegen. Einen Anstieg verzeichnen auch die Gründlandflächen. Ein leichter Rückgang der Ackerflächen steht die Ausweitung der Tierhaltung und einem gestiegenen Futterbedarf gegenüber.
Die Einkommen der Ökobauern blieben stabil, wenn sich die relative Vorzüglichkeit abnimmt. So haben 18 Prozent der Ökobauern ein Einkommen erzielt, dass doppelt so hoch ist, wie das ihrer konventionellen Kollegen. Deutlich größer geworden ist aber der Anteil an Ökobauern, die maximal einen halb so hohen Gewinn erzielen konnten.
Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des BÖLW, forderte die Politik auf: „Legen Sie den Hebel um!“. Schrittweise bis zum Ende der aktuellen Förderperiode und ganz ab 2020 sollen die Bauern mehr Geld für ihre gesellschaftlichen Leistungen erhalten. Löwenstein fasst die Vorzüge des Ökolandbaus zusammen: Erhöhung der Biodiversität, Verringerung der Bodendegradation und globale Ernährungssicherung. Der Ökolandbau sei eine Blaupause für die Lösungen der globalen Herausforderungen. So sollte die deutsche Politik auch die Forderung der Agrarminister umsetzen, für die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes 200 Millionen mehr einzustellen. Förderprogramme sollten auf einen Anreiz zur Umstellung auf den Ökolandbau umgestellt werden. Und Deutschland solle ökologische Vorrangflächen nicht mit Pflanzenschutzmitteln und Düngern bewirtschaften: „Da schüttelt man nur noch mit dem Kopf“, kommentierte Löwenstein. Stattdessen könnten Abgaben auf diese Betriebsmittel eine in Richtung Ökolandbau lenkende Funktion einnehmen.
Sortimentsfrage
Das Wachstum zwischen den Sektoren ist höchst unterschiedlich. Dr. Hans-Christoph Behr von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Mengenmäßig gingen Fleisch, Brot, Käse und Eier zurück. Auch Gemüse landete um zwei Prozent weniger im Einkaufskorb. Ein Plus gab es bei Geflügel, Butter und Milchprodukten, Obst (vor allem wegen Bananen; auf sie fielen 43 Prozent der Absatzmenge und 30 Prozent des Umsatzes) Wurst und Konsummilch. Manchem Mengenminus stand aber wegen hoher Preise, wie bei Kartoffeln, ein deutliches Umsatzplus gegenüber. Dr. Behr konstatiert: Der Ökokonsument bevorzugt pflanzliche Produkte. Die Naturkostfachgeschäfte konnten gegenüber 2012 ihren Umsatz von 2,21 auf 2,40 Milliarden steigern, die Lebensmitteleinzelhändler von 4,23 auf 4,50 Prozent und die Direktvermarkter und Reformhäuser von 0,61 auf 0,65 Milliarden Euro. Umsatz verloren haben vor allem die Discounter.
Wachstum auf allen Flächen
Das Wachstum des Naturkostfachhandels fand auf allen Flächen statt, sagte BNN-Geschäftsführerin Elke Röder. Sowohl auf den bestehenden als auch auf den neuen Flächen konnten die Ladeninhaber ein Plus von 5,8 Prozent verzeichnen. Das ist mehr als doppelt so hoch wie das Plus im Gesamtumsatz mit 2,1 Prozent. Trocken- und Frischesortiment wachsen derzeit mit 10,95 und 9,89 Prozent fast gleich. In der Vergangenheit hatte der Frischemarkt die Nase deutlich vorn. erfreulich sei, dass die Branche neue Käuferschichten hinzugewinnt. 23 Prozent der Bio-Käufer sind jünger als 30 Jahre und haben weniger als 1.000 Euro Haushaltseinkommen. Diese Gruppe wies nach Röder mit neun Prozent das meiste Wachstum auf. Fleisch Convenience und das Käsesortiment erfahren durch diese Käuferschicht besondere Nachfrage.
Die hohe Nachfrage spiegelt sich auch in der Eröffnung neuer Fachgeschäfte und Bio-Supermärkte wider. 2011 wurden bundesweit 66 Bio-Geschäfte eröffnet, 2012 schon 81 und im letzten Jahr bereits 105 mit einer Durchschnittsfläche von mehr als 400 Quadratmeter. Das Signal ist für Elke Röder eindeutig: Bio wächst auf der Fläche und erobert neue Räume. Der Markt wächst schneller als der konventionelle Sektor und bereits junge Menschen zählen zu den Stammkunden. Die Politik müsse diesem Nachfragemarkt ein entsprechendes Angebot bereiten.
Roland Krieg
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