Biodiesel: Eitel Sonnenschein?

Landwirtschaft

Steuer ab 2007 geplant

>Je stärker die Benzinpreise steigen, desto höher steigt auch das Interesse an alternativen Kraftstoffen. Gerade Mecklenburg-Vorpommern setzt mit Raps auf eine Pflanze, für die mit der zweiten Rapsmethylester-Anlage in Sternberg 30 Millionen Euro investiert werden.
Bio-Diesel löst allerdings ?keines der im Zusammenhang mit dem Verbrauch von fossilen Treibstoffen diskutierten Problemen?, stellte Greenpeace bereits im April 2004 fest. Seine CO2-Emmissionen rechtfertigen den Biotreibstoff nicht als ökologische Lösung. Hinsichtlich der Partikelbildung und der krebserzeugenden Wirkung ist Bio-Diesel mit Mineralöldiesel vergleichbar, sagen die Umweltschützer.

Nicht nur eitel Sonnenschein
Zu dem gleichen Ergebnis kommt jetzt auch eine aktuelle Studie des RWI in Essen. Das 1926 gegründete Institut arbeitet seit 1943 in rechtlicher Selbstständigkeit, dient gemeinnützigen Zwecken und ist Mitglied des Forschungsverbundes der Leibniz-Gemeinschaft.
Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung bewertet die Beimischungspflicht in "normalen" Diesel kritisch und will stattdessen die Forschung im Bereich der Biokraftstoffe vorangetrieben sehen, dass sie ohne spezielle Förderung am Markt bestehen können. Deshalb solle die Steuerbefreiung von Biodiesel abgeschafft werden, was die Finanz- und Umweltpolitiker der Koalition für 2007 auch bereits geplant haben. Der Steuersatz soll zwischen 10 und 15 Cent liegen.
Zur Zeit wird auf Biodiesel keine Mineralsteuer erhoben, damit die unverbindlichen Quoten der EU-Richtlinie 2003/30/EC für Biotreibstoffe erfüllt werden. Darin wird ein Anteil von zwei Prozent für Biokraftstoffe für 2005 vorgesehen und eine Steigerung bis 2010 auf 5,75 Prozent.
Das RWI rechnet die aktuelle Steuerbefreiung als Steuerausfall in Höhe von 500 Millionen Euro gegen. Das Erreichen der Zielvorgabe in 2010 würde den Steuerausfall auf 1 Milliarde erhöhen. Die Steuerbefreiung hat auch noch einen anderen Effekt: Die Beimischung zu fossilem Diesel sichert der Mineralölindustrie Gewinne. Diese resultieren daraus, ?dass die Beimischung von Biodiesel bis zu 5 % ohne Kennzeichnung für Verbraucher erlaubt ist. Mangels Kenntnis darüber zahlt der Verbraucher den für Diesel üblichen, höheren Preis.? Die Preisdifferenz zwischen fossilem und Biodiesel komme daher ausschließlich den Mineralölkonzernen zugute, folgert das RWI. Pro Jahr fließen auf diese Weise 65 Millionen ? in die Kassen der Ölwirtschaft.
Die Subventionierung hemme zudem den notwendigen Wandel in der Landwirtschaft. Die Zielvorgabe 5,75 Prozent Anteil am Kraftstoff, führt zu vermehrten Wettbewerb um Ackerland, da der Rapsanbau noch erheblich ausgeweitet werden müsste. Dadurch steigen die Pachtpreise und die Preise für Nahrungsmittel: Die Margarineindustrie hat sich in diesem Jahr bereits über steigende Rapsölpreise beklagt.
Für die Nachfrage reicht nicht mehr aus, Raps nur noch auf stillgelegten Flächen anzubauen. Daher werden normale Flächen in Anspruch genommen, um die auch noch Biomasse konkurriert, die im Rahmen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes angebaut wird.

Umweltwirkung von Biodiesel
Biodiesel gibt nur die Menge an CO2 wieder an die Umwelt ab, die der Raps während seines Wachstums vorher gebunden hat und ist daher Klimaneutral. Zwar ist das grundsätzlich richtig, aber verschiedene Studien zeigen eine vollständige Klimabilanz, die nur 41 bis 78 Prozent der Klimagasemissionen einspart. Zum einen weist Biodiesel einen um acht Prozent geringeren Energiegehalt auf, weswegen der Treibstoffverbrauch um etwa 10 Prozent ansteigt. Zum anderen ist das Pressen der Ölsamen und die notwendige Veresterung sehr energieintensiv und die Traktoren und Erntemaschinen fahren noch mit fossilem Brennstoff, der auf die Ausgabenseite der Ökobilanz für Biodiesel hinzugerechnet werden muss.
Im Rahmen der CO2-Zertifikate wird sich der Preis für die Industrie bei etwa 30 Euro für eine Tonne Kohlendioxid einpendeln. Im Rahmen des Emissionshandels werden künftig nur noch die Klimaschutzmaßnahmen angeregt, die weniger als 30 Euro/Tonne kosten. Die Emissionsvermeidungskosten für Biodiesel liegen aber mit 140 bis 300 Euro/Tonne weitaus höher. Das RWI verweist dabei auf unseren nördlichen Nachbarn: ?Dänemark lehnt deshalb eine Freistellung von der Mineralölsteuer mit der Begründung ab, dass ?die Biodieselförderung keine kosteneffektive umweltpolitische Maßnahme? sei.?
Da RWI sieht dagegen die Förderung und Forschung im Bereich der BtL-Kraftstoffe als lohnender an. Dabei wird aus schnell wachsenden nachwachsenden Rohstoffen ein universell verwendbares Synthesegas erzeugt.

Biodieselkapazität 2006
Bundesweit gibt es rund 1.900 Biodieseltankstellen für drei Millionen Pkw, die mit diesem Sprit fahren können. Der Deutsche Bauernverband (DBV) berechnet für 2005 einen Jahresabsatz von 1,8 Millionen Tonnen. Für das kommende Jahr sieht der DBV eine Produktion von 2.033.000 Tonnen voraus. In seinem jetzt vorgestellten Situationsbericht 2006 steht Brandenburg mit 470.000 Tonnen an der Spitze, gefolgt von NRW (385.000 t), Hamburg (300.000 t) und Sachsen-Anhalt mit 282.000 t.

Die Studie des RWI kann unter www.rwi-essen.de eingesehen werden. Welche globalen Zielkonflikte es bei nachwachsenden Rohstoffen gibt, zeigte die Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung Bio im Tank in diesem Frühjahr.

VLE

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