Biodiesel überschätzt?
Landwirtschaft
Treibhaus oder Ozonloch
> Ein Blick auf die Benzinpreise lässt manchen Kraftfahrer kräftig schlucken. Manchmal auch nachdenken, wenn vor der kleinsten Preisangabe ?Biodiesel? steht. Bis zu 40 Cent beträgt der Preisunterschied zu Superbenzin. Vielleicht doch das Auto umrüsten und wieder Spaß am Tanken haben? Rapsmethylester
Ein Drittel des deutschen Energiebedarfes verbraucht der Verkehr. Rohöl ist eine endliche Ressource, politische Ereignisse beeinflussen den Ölpreis und umweltgerecht ist die Verwendung des Öls auch nicht so richtig. Warum also nicht Biodiesel aus Raps? Einheimische Produktion ohne politische Sensibilitäten, es wird nur das CO2 wieder freigegeben, welches vorher von der Pflanze eingebaut wurde und Raps kann immer wieder angebaut werden. Er sichert den Bauern sogar noch neue Marktchancen.
Raps ist wie die Sonnenblume, Lein oder Senf eine Ölpflanze, die auch ausschließlich zur Gewinnung des Pflanzenöls angebaut werden kann. Rapsöl ist das bekannteste Produkt der Ölmühlen und wird unter Zusatz von Methanol durch den einfachen chemischen Prozess der Umesterung zu Rapsmethylester (RME) umgebaut. Dabei entsteht auch Glycerin, das in der chemischen Industrie oder für Biogasanlagen vollständig Verwendung findet. Der herrlich gelb blühende Raps kann auch auf Flächen angebaut werden, die mittels Stilllegung der Nahrungsmittelüberproduktion entzogen werden. Winterraps bedeckt den Boden ganzjährig und verhindert die Nitratverlagerung des Bodens in das Grundwasser. Nach Angaben des Fraunhofer Instituts beläuft sich die Produktion des RME derzeit auf rund 100.000 t pro Jahr und soll später einmal in Europa bis zu 10 Prozent des Dieselverbrauches ersetzen können. Das prognostizierte die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen e.V. (Ufop) bereits 1999.
Ökobilanz RME
Wissenschaftlicher Fortschritt in der Landwirtschaft und die Entwicklung von Nebenprodukten ließ Ufop in Zusammenarbeit mit dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) die Ökobilanz für RME neu bewerten.
Pseudomonas und Bacillus sind aerob lebende Bodenbakterien, die unter Sauerstoffarmut (anaerobe Verhältnisse) Stickstoff im Boden Denitrifizieren. Der Stickstoff steht der Pflanze zum Wachstum nicht mehr zur Verfügung und es entsteht ein Zwischenprodukt, dass unter dem Begriff Lachgas bekannt ist. Je weniger Sauerstoff im Boden ist und je mehr Stickstoff gedüngt wurde, desto mehr Lachgas entsteht. Lachgas oxidiert in der Atmosphäre zu NO und baut die schützende Ozonschicht ab. Auch der Anbau von Raps fördert die Entstehung von Lachgas, weswegen Sven Gärtner vom Ifeu diesbezüglich die Ökobilanz für Raps nach unten korrigieren muss. Allerdings ist die Mehrproduktion an Lachgas geringer als die mögliche Einsparung an anderen klimaverändernden Gasen.
Honig ist ein Nebenprodukt des Raps, das in den vergangenen Ökobilanzen keine Erwähnung fand. Dabei ist Raps ist eine ergiebige Nektarquelle für Bienen. Die Gewinnung von Rapshonig von durchschnittlich 20 kg pro Volk (s. Herd-und-Hof.de: Honig vom 28.06.2004) kann Importhonige ersetzen. Als weitere Nebenprodukte können auch Pollen, Bienenwachs und Gelée Royale vermarktet werden. Die zur Zeit tatsächlich genutzten, geringen Mengen verändern die Ökobilanz nur unwesentlich zu Gunsten von RME.
Bei der Rapsölgewinnung verbleibt ein Extraktionsrest, das Rapsschrot, welches in der Regel verfüttert wird. Damit kann Importsoja substituiert werden, dem mittlerweile auch keine Gentechnikfreiheit mehr attestiert werden kann. Alternativ hat das Ifeu aus dem Rapsschrot Biogas gewonnen oder als Brennstoff verbrannt. Dabei zeigte sich, dass bei der Lagerung und der Ausbringung des Gärrestes sowohl die Versauerung der Böden, als auch der zusätzliche Nährstoffeintrag zum Nachteil des RME gereichen. Gegenüber der bisherigen Verfütterung gleichen sich Vor- und Nachteile aus und Vorzüge lassen sich wissenschaftlich objektiv nicht begründen.
Resümee
RME spart gegenüber mineralischem Dieselkraftstoff fossile Energien und wirkt dem Treibhauseffekt entgegen. Nachteile sind die Versauerung und der Nährstoffeintrag in die Böden, sowie der Ozonabbau.
Eigenen Raps für mein Auto
Auch Raps ist nur ein Mosaikstein in der zukünftigen dezentralen Energieversorgung. Von einem Hektar Fläche werden rund 35 dt Raps geerntet. Daraus presst die Ölmühle 1.320 kg Rapsöl, aus dem nach der Umesterung 1.333 kg Biodiesel entstehen. Das entspricht einer Menge von rund 1.500 Liter ? für etwa 20.000 km Fahrleistung pro Jahr. Die Bundesrepublik hat 11 Millionen Hektar Ackerland, das, nur mit Raps angebaut, für 11 Millionen Autos mit einer Fahrleistung von 20.000 km ausreicht.
Biomasse hat vor allem ein Potenzial für regionale Wertschöpfungs-, Investitions- und Arbeitsplatzeffekte: Investitionen, die der ländliche Raum dringend benötigt, wie Anfang Juli die beiden Präsidenten des Deutschen Naturschutzring (DNR), Hubert Weinzierl, und dem Deutschen Bauernverband (DBV), Gerd Sonnleitner, in einem Spitzengespräch bestätigten. ?Mit den verbesserten Einspeisevergütungen für Biomasse im novellierten Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) können unsere Landwirte erstmals Strom und Wärme auf der Basis von Energiepflanzen produzieren?, erklärte Sonnleitner. Zum Beispiel:
?Für die Forschung und Entwicklung neuer Technologien auf dem Gebiet der erneuerbarer Energien stellt Niedersachsen in diesem Jahr rund elf Millionen Euro bereit?, erklärte Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander am vergangenen Donnerstag. Der Betrag setzt sich zusammen aus 7,8 Millionen Haushaltsmitteln sowie etwa 3,6 Millionen aus Darlehens-Rückflüssen früherer Programme. ?Unterstützt werden gezielt mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe, die Produkte der erneuerbaren Energien oder innovative Techniken zur Energieeffizienz und Energieeinsparung entwickeln. Ziel ist es, den Weg bis zur Marktreife zu beschleunigen. Denn das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Wirtschaft und nutzt gleichzeitig dem Klima- und Ressourcenschutz.?
Auch wenn die Politik gewaltig rauscht: Biodiesel wird nie ausschließlich fossilen Brennstoff ersetzen, sondern immer nur zum Teil. Daher bleibt die allergünstigste Energieform diejenige, welche überhaupt eingespart wird.
VLE