Biogas: Die Chancen bleiben

Landwirtschaft

Biogas gehört zur Energiewende dazu

Anfang September luden das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) und die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) zur Statustagung „Biogas in der Landwirtschaft“. Die Branche erzeugte 2017 rund 54 Milliarden kWh Strom. Das sind rund 13 Prozent des Gesamtaufkommens an erneuerbaren Energien. Der Sektor hat damit etwa 16,2 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalente eingespart und trägt damit erheblich zu den Klimaschutzmaßnahmen bei. Wie es allerdings mit dem Sektor weitergeht ist offen. Es gibt zwar eine ganze Bandbreite an Antworten, erläuterte FNR-Geschäftsführer Dr. Andreas Schütte, aber kaum richtungsweisende Signale aus der Politik.

Schon 2021 gehen nach 20 Jahren Förderung die ersten Biogasanlagen vom Netz, ergänzte Dr. Jan Liebetrau vom Deutschen Biomassezentrum. Aktuell sind 8.470 Biogasanlagen auf landwirtschaftlichen Betrieben in Betrieb. Davon sind etwa 800 Güllekleinanlagen. Bis 2030 werden zwei Drittel der installierten Leistung und 55 Prozent der Anlagen ohne neue Förderung wegfallen. Über den Beschluss eines Deckels für Biogasanlagen über 2022 hinaus, fehlen politische Aussagen über die Zukunft.

Im Jahr 2014 hat das Bundesumweltamt im Rahmen eines treibhausgasneutralen Industriestandortes Deutschland auch eine treibhausgasneutrale Landwirtschaft vorgestellt. Wie aber Dr. Karin Arnold vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie darlegt, ist die Studie nur die Beschreibung eines Zielzustandes und zeige keinen Entwicklungspfad auf. Genau das aber ist für Andreas Schütte das Kernproblem vieler Studien über Biogas. Es fehlen Umsetzungspfade, wie die Ziele erreicht werden können.

Biogas kann den Verkehrssektor dekarbonisieren, Strom und Wärme bereitstellen und Gülle aufwerten. Das aktuelle Erneuerbare Energiengesetz (EEG) aus dem Jahr 2017 bietet den Anlagenbetreibern nur noch die Möglichkeiten, ihre Anlagen zu flexibilisieren oder ökonomisch zu optimieren. Energie als einziges Produkt aus der Biogasanlage reiche nach Liebetrau für die Zukunft nicht mehr aus. Die verschiedenen Produkte werden künftig im Direkthandel verkauft, neben der Anlage könne eine Tankstelle für Biogas als Kraftstoff stehen, Biogas leiste einen Beitrag zur Gülleverwertung und Landwirte können mit der Stabilisierung der Stromnetze als Dienstleister auftreten.

Das neue Ausschreibemodell für Biogas ist nach Dr. Stefan Rauh vom Fachverband Biogas (FvB) kein Erfolgsmodell. Hohe bürokratische Hürden, eine fehlende Sondervergütung für Gülle und zu kurze Restlaufzeit bestehender Anlagen für eine Flexibilisierung erschwerten die Teilnahme an den Ausschreibungen. Immerhin kann die Bundesnetzagentur die Gebotshöchstwerte erhöhen, sobald die Zuschläge in den Ausschreibungen drei Mal hintereinander die angebotene Menge nicht erreicht haben. Das ist mit den Ausschreibungen September 2017, September 2018 und April 2019 der Fall gewesen. Im nächsten Jahr kann der Gebothöchstwert schon um zehn Prozent steigen. Chancen sieht Rauh in der Umsetzung der RED II bis zum 21.07.2021. Mit der Renewable Energy Directive (RED) hat die EU im Jahr 2009 unter anderem Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe verbindlich geregelt. Biomethan als veredeltes Produkt aus den Biogasanlagen erreicht die notwendige Einsparung von Treibhausgasen von 60 Prozent gegenüber fossilen Treibstoffen. Mit der Reform zu RED II werden neue Treibhausgasreduktionsziele festgelegt und überarbeitete Berechnungsvorgaben umgesetzt. Mit der Einführung von Wirtschaftsdünger als Ausgangssubstrat resultiert nach Rauh ein Emissionswert, der kleiner als Null ist. Das begünstigt beispielsweise Substratmischungen aus Gülle mit Mais und erhöhen die Wirtschaftlichkeit der Biogasverwertung.

Nach Rauh ist der Bundesrat auf dem richtigen Weg. Ende September stimmt er über den gemeinsamen Länderantrag von Thüringen und Rheinland-Pfalz über die Stärkung der Strom- und Wärmenutzung aus Biomasse im EEG ab. Anfang September hatte der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates empfohlen, neben der Stromnutzung auch die Nutzung von Wärme und Biokraftstoffe aufzunehmen und die Regelungen über 2022 hinaus festzuschreiben.

Untersuchungen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) schreiben der Biogaserzeugung ein hohes Wertschöpfungspotenzial im ländlichen Raum zu, berichtet Prof. Dr. Bernd Hirschl. Die Verwertung von biogenen Reststoffen wurde in der ländlichen Bioökonomie durch den Bioökonomierat der Bundesregierung in diesem Jahr als hoch eingeschätzt. Allerdings nur, wenn die Gewinne auch vor Ort bleiben und nicht überregional abgeführt werden. Der „Windgipfel“ Anfang September in Berlin hat nach Hirschl mit dem Vorschlag einer Mindestabführung von Gewinnen an die Kommunen in denen das Windrad steht, einen guten Ansatz vorgelegt. Verfassungsrechtlich sei das zwar bedenklich, aber die Branche der erneuerbaren Energien steht mit dem Wirtschaftsministerium im Austausch. Eine Umsetzung erhöhe die Akzeptanz von Anlagen vor Ort.

Prof. Dr. Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft wagte einen Ausblick. Ohne politische Akzente hat die Biogasbranche es schwer. Der Emissionshandel erfasst nur die 10.000 wichtigsten Industrien in der EU und lässt die Nicht-Kohlenstoffdioxidemissionen außen vor. Dazu zählen beispielsweise Methan und Lachgas, die in der Landwirtschaft eine große Rolle spielen. Langfristig müssten diese Emissionen in das Handelssystem integriert werden. Analysen zeigten, dass auch kleine, mobile und diffuse Quellen integriert werden können. In den Vorbereitungen für den Klimagipfel am 20. September findet dieses Thema nach Klepper allerdings keine Beachtung.

Andreas Schütte zog schon früh ein Fazit zur Zukunft des Biogases: „Viel liegt darin, das fossile Energien schlechter gestellt werden müssen.“

Roland Krieg

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