Biogas hat Potenzial nach oben

Landwirtschaft

Forschung macht Biogasanlagen effizient

Erneuerbare Energien, die umwelt- und ressourcenschonende erzeugt werden und zu einem sozial-verträglichen Energiepreis führen. Das wünschte sich Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Die Linke) am Montag in Potsdam. Das vom Bundesforschungsministerium geförderte „Biogas Competence Network“ führte auf einem Symposium die Möglichkeiten vor, mit der die Wissenschaft Biogas und Biomethan weiter entwickeln will.

Brandenburg setzt auf Biogas

Brandenburg setzt in seiner Energiestrategie 2030 auf die Gase der von Mikroben verarbeiteten Biomasse. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll von heute 17 auf 32 Prozent fast verdoppelt werden und ein Drittel davon werde von der Biomasse gestellt, erläuterte Tack. Das Land will Schwerpunkte auf effiziente Neuanlagen und beim Repowering von Altanlagen setzen. Derzeit produzieren 282 Anlagen 160 MW. Brandenburg liegt im Bundesvergleich auf dem 8. Platz bei der Anzahl der Anlagen, auf Platz 7 bei der installierten Leistung und auf Platz 2 bei der Anlagengröße.
Tack gibt zu, dass in einzelnen Regionen negativen Auswüchsen der Biogasproduktion zusehen sind, doch helfe die Wissenschaft, die Biogasproduktion künftig auf Qualität auszurichten. Biomasse müsse nach guter fachlicher Praxis und mit einer Vielfalt an Energiepflanzen produziert werden. Die Wärmenutzungspflicht und die Maisdeckelung lenkten die Biomassenutzung bereits in die richtige Richtung.

Anlagenneubau flacht ab

1982 gab es bundesweit lediglich 130 Biogasanlagen, im letzten Jahr waren es 7.215. Dabei sind nach Bastian Olzem vom Fachverband Biogas etwa 3.000 Anlagen erst in den letzten vier Jahren entstanden. Für 2012 und 2013 werde sich der Anlagenneubau abflachen.
Die Anlagen unterscheiden sich. Bayern und Niedersachsen erzeugen jeweils rund 660 MW Strom. In Bayern gibt es aber mit 2.300 fast doppelt so viele Anlagen wie im Norden mit 1.300. Beide Länder erzeugen etwa 0,35 MW auf jeweils 1.000 Hektar. Hier liegt Schleswig-Holstein mit 0,38 MW je 1.000 Hektar vorn. Nach Olzem steht bei den Landwirten das Repowering hoch im Kurs. Zum einen wollen sie Biogas wirtschaftlicher erzeugen, zum anderen entsteht dabei der Nebeneffekt, dass der Nutzungsdruck auf die verfügbare landwirtschaftliche Fläche verringert wird.

Verfahrenstechnik

Die meisten Biogasanlagen arbeiten nach dem gleichen Prinzip der Substratzuführung, Verarbeitung durch Mikroorganismen und Auffangen des entstandenen Gases mit einem bestimmten Methangehalt in einer Arbeitsphase. Einer der ersten Schritte ist die Hydrolyse des Substrats. Hier sind vor allem dem Aufschluss lignocelluloser Fasern Grenzen gesetzt. Neue zweiphasige Anlagen teilen die Hydrolyse und die Methan-Stufe räumlich voneinander, berichtet Carmen Marin-Perez vom Institut für Landtechnik und Tierhaltung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Alleine das führt zu einer um 20 Prozent höheren Methanausbeute und erlaubt es, schwer abbaubare Materialien, wie Stroh und Landschaftspflegematerial, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen, wirtschaftlich einzusetzen.
Das Team um Jeanette Buschmann von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus forscht an der Optimierung des Zweiphasensystems. Dabei durchfließt Wasser das Festsubstrat (Perkolation), bevor die Phase der Methanbildung folgt. Dadurch sind diskontinuierliche Beschickungen der Anlage möglich. Parameter wie pH-Wert und Temperatur können feiner eingestellt werden. Methanausbeuten von über 85 Prozent wurden im Versuch bereits erzielt.

Biologie

Was im Fermenter abläuft ist hochkomplex. Die Mikroben lösen aus der Biomasse Oligomere und Monomere heraus. Dieser Hydrolyse folgt die Oxidation zur Essigsäure durch acidogene Bakterien. Die Essigsäure stellt mit dem Kohlendioxid und Wasserstoff der Bakterien die „Rohsubstanz“ für Methan. Die Methanbildung können aber laut Angelika Hanreich vom Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim (ATB) nur wenige Bakterien umsetzen. Insgesamt bilden zahlreiche verschiedene Bakterien über unterschiedliche Prozessstufen eine einzigartige Biozönose, die Hanreich mit Hilfe eines „Metagenoms“ identifizieren kann. Dadurch kann sie feststellen, welche Biozönosen effizienter als andere arbeiten und diese gezielt in neue Biogasanlagen einsetzen.
Das aber ist nicht alles. Das Team um Ulrike Schimpf vom Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität Berlin bereitet Hilfsstoffe als Katalysatoren der Biogaserzeugung her, die als Nebenprodukte bei der Speisepilzproduktion gewonnen werden. Nebenprodukte des Pasaniapilzes haben in Versuchen deutliche Verstärkungen der Biogas- und Methanproduktion gezeigt. Das Reich der Pilze gilt es für den Einsatz in Biogasanlagen noch zu entdecken. So sollen bei der Kultivierung von Weißfäulepilzen Enzyme anfallen, die Lignocellulose vollständig degradieren können. Zumindest sind die Berliner so weit, dass sie ein Enzymextrakt mit thermostabilen Hydrolasen isolieren konnten.
Paul Scherer von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg hat eine Schnellmethode vorgestellt, mit der die Vitalität der Mikroben im laufenden Betrieb festgestellt werden kann. Mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie kann Scherer die Zahl der Methanbildner und die Gesamtzellenzahl messen, die als Indiz für das Zellwachstum in der Biogasanlage darstellt. Das zeigt dem Betrachter, ob die mikrobielle Nahrungskette funktioniert – und am Ende viel nutzbares Methan entsteht.

Repowering

Biogasanlagen werden auf bis zu 20 Jahre Abschreibungszeit gebaut. Darin liegt der kleine Wermutstropfen, weil die Verfahrensverbesserungen für die bestehenden Anlagen nicht eingesetzt werden können. Nur Neuanlagen werden dadurch profitieren, sagte Stephan Köhler von der HU Berlin zu Herd-und-Hof.de. Aber die biologischen Verbesserungen können auch im Altbestand durchgeführt werden. Eine weitere praktische Verbesserung ist die Optimierung der Prozessparameter, wie pH-Wert und Temperatur.

Lesestoff:

Die Grundlagenforschung zur Biogasgewinnung finden Sie unter www.biogas-network.de

Einen Tagungsband hat das ATB herausgegeben: www.atb-potsdam.de herausgegeben.ATB Schriften

Mit Biogas und Biokohle zur Kohlenstoffsenke

Roland Krieg; Fotos: roRo (Archiv)

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