Biomasse: "Das Gelegenheitsfenster nutzen"

Landwirtschaft

Töpfer mahnt auch die Verbraucherseite

Auf der gestern zu Ende gegangenen Konferenz „Policies against Hunger“ nutzte Staatsekretärin Ursula Heinen aus dem Landwirtschaftsministerium die Möglichkeit, das Thema für die Öffentlichkeit zu fokussieren. Es gebe ein „Gelegenheitsfenster“ Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raums, Nahrungssicherheit und Bioenergie in das Bewusstsein der Menschen zu bringen. Zertifizierungen für nachwachsende Rohstoffe alleine seien nicht zielführend, wenn nebenan der Regenwald gerodet wird, um Nahrung für die Menschen anzubauen. Das Thema Bioenergie müsse in ein Gesamtkonzept für den ländlichen Raum eingebettet werden.

Angesichts steigender Lebensmittelpreise und der drohenden Klimakatastrophe hat Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul am Mittwoch dem UN-Welternährungsprogramm eine Million Euro zusätzlich zugesagt. WFP-Direktorin Josette Sheeran bat bei ihrem ersten Besuch in Deutschland die Bundesregierung um Hilfe, weil die Bedürftigsten der Welt vor einer dreifachen Bedrohung stünden. Die Beschaffungspreise für Nahrungsmittel seinen innerhalb von fünf Jahren um 50 Prozent gestiegen, die Läger seien leer und der Klimawandel habe Folgen für die Landwirtschaft.
In diesem Jahr stellt Deutschland 48 Millionen Euro der WFP zur Verfügung, das kein festes Budget hat und sich in Finanznöten sieht. Die WFP gilt als die größte humanitäre Organisation und weist derzeit eine Unterdeckung von 650 Millionen Euro auf. Die Hauptverwaltung in Rom habe bereits 20 Mitarbeiter entlassen müssen.
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Die dreitägige internationale Konferenz mit über 250 Teilnehmern hat immer wieder gezeigt, dass Armutsbekämpfung nicht zwingend an die Entwicklung von Bioenergie gebunden ist, aber umgekehrt der Anbau nachwachsender Rohstoffe nicht an den Standards für die Armutsbekämpfung wie Ausbau der Infrastruktur, Abbau marktverzerrender Handelsmechanismen, Landreform und Wassermanagement vorbei gehen kann. Alexander Müller, Beigeordneter Direktor der FAO, wollte sich nicht ausmalen, was passiert, wenn die zukünftigen Ziele Energie- und Nahrungssicherheit nicht erfüllt würden.

Töpfer mahnt, inne zu halten
Prof. Klaus Töpfer, früherer Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, erinnerte an einen spanischen Aphorismus, früh inne halten zu lernen, denn das schwerste am Laufen sei das Anhalten. Und im Jahr 2007 ist der Bioenergiesektor intensiv ins Laufen gekommen. Noch sei bei einem weltweiten Anteil von 0,5 Prozent an der Energieproduktion Zeit, falsch laufende Dinge zu korrigieren. Oft werde, so ach auf dieser Konferenz im ökonomischen Sinne die Angebotsseite diskutiert, aber die Nachfrageseite vergessen. Habe Deutschland mit SUV-Autos und Autobahnen ohne Tempolimit wirklich gute Argumente, den Regenwald zu schützen, fragte Töpfer. Die meisten Europäer haben noch nicht verstanden, was es bedeute, wenn sie ihren Verbrauch von zehn Tonnen CO2 auf die erlaubten zwei Tonnen zurückführen müssten. Der Mehrverbrauch müsse teuer von anderen erkauft werden.

Wasserkraft für Gewächshäuser in Tibet
Seit den 1960er Jahren hatte die tibetanischen Behörden versucht Samye, ein östlich von Lhasa gelegener Ort mit 4.100 Einwohnern und dem ältesten Tempel in Tibet an das Stromnetz anzuschließen. Gewächshaus in TibetDas gelang erst 1998 mit Hilfe der GTZ, die das kleine Wasserkraftwerk instand setzte und 85 Prozent der Haushalte mit Strom versorgt.
Neben den privaten Verbräuchen werden mit 40 Prozent der Energie auch Gewächshäuser für Gemüse beheizt. Mit preiswerte Krediten konnten sich die Bauern Öl- und Getreidemühlen anschaffen, Haushalte Webstühle und Kühlschränke. Neben den Einkünften aus dem Gemüsebau konnten die Bewohner vom Tourismus profitieren und ihr Einkommen von 200 Euro im Jahr 2000 auf 230 Euro steigern. Mittlerweile werden abseits gelegene Farmen mit Bewässerungstechnik mit Strom versorgt und das Projekt um weitere fünf Jahre, bis 2007, verlängert.
aus: Key Factor Energy; gtz Sammlung Factsheets, verschiedene Datierung; Foto: gtz

Prof. Töpfer stellte eine Reihenfolge zwischen Nahrungs- und Energiebedarf auf: „Die Ernährungssituation ist nicht kompromissmöglich!“
Neben der Nachfrageseite, müsse die Landwirtschaft „klimarobust“ gemacht werden. Klimaschutz verhindere, das die Erträge durch den Klimawandel um 16 Prozent fallen und diene damit der Ernährungssicherheit.

Lesestoff:
Herd-und-Hof.de hat in diesem Jahr über das Thema Nahrungsmittelhilfe, ländliche Entwicklung und Slow Trade berichtet.

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[Sie können sich alle Artikel von Herd-und-Hof.de zur Konferenz unter „pah-6“ in der Suche anzeigen lassen. Alle Präsentationen der Vorträge werden demnächst unter www.policies-against-hunger.de veröffentlicht.]

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