Biomasse für den Klimaschutz

Landwirtschaft

Keine Zukunft ohne Pflanzen

„Die Pflanze inklusive des Waldes ist die Grundlage der Problemlösung.“ Dr. Gerd Müller, Parlamentarischer Staatsekretär aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium, bekannte sich am Donnerstag in Berlin auf dem Energieforum der Deutschen Energie-Agentur (dena) zur grünen Zukunft. Ohne Pflanze keine Tiere, keine Lebensmittel, kein Mensch und keine Klimazukunft, so Dr. Müller weiter.
Daher müssen sich alle künftigen Szenarien zur Lösung des Ernährungs- und Energieproblems für neun Milliarden Menschen um die Pflanze herum entwickeln. Und zwar weltweit.

Arbeitstier Biomasse
Der Anteil erneuerbarer Energien betrug im Jahr 1990 lediglich ein Prozent am Primärenergieverbrauch. Heute sind es 10 Prozent. Bis 2020 sollen es 18 Prozent werden. Die Zahlen kennzeichnen nach Dr. Müller den Paradigmenwechsel, der notwendig ist, die erneuerbare Energiewende, auch in den Köpfen, zu gestalten.
Trotz Atommeiler und Fotovoltaik, die zuletzt bei der Laufzeitdiskussion im Vordergrund standen, darf die Biomasse nicht vergessen werden, mahnte Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der dena. Die Biomasse sei das Arbeitstier unter den erneuerbaren Energien und erhalte im Energiemix eine wachsende Bedeutung. Mit Biogaspartnerschaften und einem Biogasregister will die dena ein Kompetenzzentrum Biomasse aufbauen.
Es ist die Vielfältigkeit, die Biomasse so einzigartig macht. Aus ihr kann Strom, Wärme, beides auch im Verbund produziert, im Bereich der Treibstoffe kann sie flüssig, fest oder gasförmig genutzt werden – und sie ist, vergleichbar mit dem fossilen Energieträger Erdöl, lagerfähig. Daher kann sie bedarfsorientiert genutzt werden.

Mehr als 50 Prozent der Energieversorgung in Deutschland macht die Wärmebereitstellung aus. Die erneuerbaren Energien haben daran einen Anteil in Höhe von 8,4 %. Davon stammen 91,4 % aus Biomasse, 4,5 % aus Geothermie und 4,3 % aus Solarthermie.1)

Der Biomassemix im Energiemix
Generell muss die künftige Energieversorgung vom Alleinversorger Rohöl weg. Wind-, Wasser- und Solarkraft, Geothermie und Biomasse werden einen Mix verschiedener Energiequellen darstellen.
Aber auch die Biomasse selbst wird nicht auf einer einzelnen Pflanze beruhen. Deutschland besitzt 12 Millionen Hektar Ackerfläche, vier Millionen Hektar Grünland und 11 Millionen Hektar Wald. Neue Nutzungsformen wie die Kurzumtriebsplantagen kommen hinzu, zwischen all denen die energetische und stoffliche Nutzung aufgeteilt und in Einklang mit der Primäraufgabe der Nahrungssicherung gebracht werden will. Nach Dr. Müller soll es dabei keine Monokulturen wie beim Mais und keine politischen Fehlsteuerungen geben. Der ganze Bereich sei eine riesige Chance für die Land- und Forstwirtschaft.
Nach Clemens Neumann aus dem BMELF ist auch die Biomasseförderung ein Mix. Strom wird über eine Beteiligung der Konsumenten über das EEG finanziert, im Bereich der Kraftstoffe gibt über das Ordnungsrecht Beimischungsquoten und der Wärmemarkt wird über Marktanreizprogramme gefördert.

Bioenergie in Deutschland 2009

Installierte Gesamtleistung Strom

5.889 MW

Erzeugte Strommenge (inkl. biogenem Abfall)

30,5 TWh

Anteil am Strommarkt

5,2 %

Erzeugte Wärmemenge

100,8 TWh

Haushalte mit Holzpelletheizungen

125.000

Biokraftstoffnutzung

3,5 Mio. t (33,8 TWh)

Davon Biodiesel

2,5 Mio t

Davon Bioethanol

0,9 Mio. t

Q: www.unendlich-viel-energie.de

Biomasse im internationalen Handel
So erfolgreich die Aussichten für die heimische Land- und Forstwirtschaft auch scheinen – ohne Importe von Biomasse wird der Bedarf nicht gedeckt werden können. Jüngst teilte das Bundesumweltministerium im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der erneuerbaren Energien mit, das etwa 9.500 Kilotonnen Rohöleinheiten (ktRÖE) importiert werden müssen. Das sieht auch Prof. Martin Kaltschmitt, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Deutschen Biomassezentrums so. Während die Industrieländer eine große Nachfrage haben, können Flächenländer auf viel Raum kostengünstig Biomasse produzieren. Biomasse werde damit zu einem globalen Handelsgut, was der Pelletmarkt schon heute unterstreiche: Zumindest innerhalb Europas werden Rohstoffe und Produkte breit gehandelt.
Daher wird die Frage der Zertifizierung immer wichtiger. Nach Eberhard Brandes, Geschäftsführer des WWF könne es nicht sein, dass heimische Biomasse zertifiziert werde und Importware nicht. Die Zertifizierung nach ISCC sei dabei der richtige Weg.
Aber nicht der einzige. Dietrich Klein, Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Bioethanolwirtschaft ergänzt, dass mit REDCert ein Mitbewerber in die Zertifizierung eingestiegen ist, damit ein Alleiniger keine Monopolpreise anbieten könne.
Brandes hingegen sieht im ISCC die Chance für ein weltweit einheitliches System, vergleichbar mit dem MSC für Fisch und FSC für die Forstwirtschaft. Weitere Zertifizierungen würden Standards aufweichen und für Marktverwirrungen sorgen.
Wie auch immer der Streit ausgehen mag – Clemens Neumann weist darauf hin, dass Standards WTO-konform sein müssen.
Trotz aller Diskussion wurden auch die beiden Energiereservoirs erwähnt, die vor jeder Erzeugungsalternative stehen sollten: Energieeinsparungen und Energieeffizienzen.

Lesestoff:
Bioenergie für den ländlichen Raum.
Aktionsplan stoffliche Nutzung
1) Zahlen und Fakten über erneuerbare Energien: www.unendlich-viel-energie.de

Roland Krieg

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