Biomasseplan für Zentraleuropa
Landwirtschaft
Entwicklungsnetz für Biomasse in Zentraleuropa gegründet
42 Monate lang hat das Forschungsprojekt „4Biomass“ mit
Unterstützung der EU die Entwicklungspotenziale in acht Ländern der EU
ausgelotet. Die Ergebnisse und Empfehlungen an die Politik werden seit Mittwoch
in Berlin vorgestellt.
Acht Länder und Regionen von Polen bis Slowenien und
Norditalien bis zur Slowakei wurden beispielhaft bis hin zur assozierten
Ukraine analysiert. Welche Biomasse nutzen sie für die Erzeugung von Strom,
Wärme und als Treibstoff, welche Förderpolitiken gibt es und wo liegen
Potenziale brach?
Europaweite Energiewende
„Die heutige auf fossilen Energieträgern basierte
Ökonomie ist nicht nachhaltig.“ Auf diesen Einleitungssatz baut mittlerweile
jedes EU-Mitgliedsland seine individuelle Energiewende auf. Dazu mussten alle
Länder nach Artikel 4 der Erneuerbaren Energie Verordnung 2009/28/EC bis Sommer
2010 einen Nationalen Energieplan1) aufstellen und einreichen,
welche Anteile am Strom, der Wärme und für den Transportsektor Sonne, Wind,
Wasser, Geothermie und Biomasse haben.
Das heißt alle Länder befinden sich auf dem Pfad „einer
grünen Wirtschaftsentwicklung“ und einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Die
Länder bewegen sich jedoch auf diesem Pfad mit unterschiedlichen
Geschwindigkeiten. Zentraleuropa besitzt in diesem Konzert auf Grund der
geringeren Bevölkerungsdichte und großen Flächen ein sehr großes Potenzial für
Biomasse, doch im Detail offenbaren sich große Unterschiede.
So haben die ersten Vorträge gezeigt, dass Polen, Tschechien und Ungarn unter dem Begriff der dezentralen Energieversorgung Anlagen bis zu 20 MW Größe versehen. In Deutschland oder auch Norditalien fangen die kleinen Standardgrößen bei 500 kWh an. In vielen Ländern gibt es Einspeisevergütungssysteme, jedoch werden sie fast überall erneuert, wobei sich viele das deutsche System zum Vorbild nehmen. In Polen und Tschechien findet der Einsatz von Biomasse auch oft als Begleitsubstanz bei der Kohleverfeuerung statt. Manchmal auch nur zu fünf Prozent.
Skepsis bei der Zielerreichung
Johannes Schmidl von der Österreichischen Energieagentur stellte das Ergebnis einer Umfrage2) vor, die während des Projektes durchgeführt wurde. Demnach schätzen vor allem Tschechen, Deutsche und Slowaken die nationalen Energiepläne als gut ein, am skeptischsten waren Polen und Ungarn. 86 Prozent meinten, die Pläne sollten noch verbessert werden, aber die meisten glaubten auch, dass die Ziele nicht in vollem Umfang erreicht werden können. Je ehrgeiziger die Ziele formuliert sind, desto skeptischer waren die Befragten, so Schmidl. Es stellte sich jedoch auch heraus, dass zwei Punkte am ehesten für das Erreichen der Ziele geeignet sind: Die Wärmenutzung der erneuerbaren Energien und dezentrale Strukturen.
Reger Biomassehandel
Das Projekt hat den überregionalen Biomasse-Handel als gemeinsames Problem in Zentraleuropa herausgestellt, weil der Transport mit dem Lkw unnötige Treibhausgase produziert. Mittlerweile haben sich Handelsbeziehungen bis hinauf nach Skandinavien und mit der Schweiz etabliert. Die Ukraine liefert recht viel Biomasse nach Polen, das wiederum Bio-Ethanol wegen des besseren Preises nach Deutschland verkaufen. Der Export von Biomasseprodukten ist sogar schon größer als das Handelsvolumen innerhalb Polens. Tschechien verkauft veredelte Biomasse-Produkte nach Deutschland und Österreich.
Transnationaler Aktionsplan
Es wurden in den Projektländern Energieagenturen
gegründet und benannt, die am Mittwoch einen gemeinsamen Transnationalen
Aktionsplan unterzeichneten, der die erneuerbaren Energien stärker befördern
will. Der Plan will die Engpässe der Entwicklung ansprechen und mit
Empfehlungen die Politik beraten ihre Ziele mit den erneuerbaren Energien zu
erreichen.
Dazu gehört die Erschließung aller Biomassequellen, wie
Rest- und Abfallstoffe, oder die Kraft-Wärme-Kopplung. Aber auch die Logistik
des Biomassetransports steht im Vordergrund.
Energiebesteuerung und GAP
Die nationalen Politiken sind jedoch auch von der
EU-Politik abhängig. Energiebesteuerung und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)
sind die wichtigsten Treiber für die Entwicklung der Biomassenutzung,
erläuterte Edita Vagonyte von der European Biomass Association3).
Zum einen ist die Nachhaltigkeit der Biomasse derzeit nur für Biotreibstoffe
definiert, zum anderen sollen sich die Besteuerungen für Energie ab 2013
ändern. Nach Vorstellungen der EU soll die Energiesteuer in einen CO2-Beitrag
und in einen Verbrauchsteil gesplittet werden. Biomasse könnte dann von der CO2-Steuer
befreit werden, aber möglicherweise auch nur die nachhaltig erzeugte. Die
Ergebnisse dieser Reform werden auf die Biomassenutzung wirken.
Auch die GAP kann direkte Folgen haben. Nach Vagonyte
könnten die im Gespräch befindlichen sieben Prozent ökologische Vorrangfläche
auch mit Kurzumtriebsplantagen bewirtschaftet werden.
Lesestoff:
1) Die nationalen Energiepläne bis 2020 können hier eingesehen werden: http://ec.europa.eu/energy/renewables/transparency_platform/action_plan_en.htm
2) www.4biomass.eu/en/publications
Mehr Details gibt über die Projektländer gibt es am Montag.
Roland Krieg; Foto: roRo