Blauzungenimpfung

Landwirtschaft

Das Instrument Impfpflicht nicht aus der Hand geben

Auf großes Unverständnis, die Blauzungenimpfung nur noch freiwilliger durchführen zu lassen, stieß heute Abend die Diskussion auf dem Erlebnisbauernhof der Grünen Woche. Dr. Hans-Joachim Götz, Präsident des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt), sagte, man solle nicht auf das Instrument der Pflichtimpfung verzichten. Über landwirtschaftliche Wochenblätter und Landesbauernverbände will Dr. Helmut Born, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, den Anreiz geben, bis zu 60 Prozent der Tierbestände freiwillig impfen zu lassen.

Der Impfstoff ist wirksam und sicher
Nachdem 2007 die Blauzungenkrankheit noch mehr als 23.000 Tiere tötete, gab es nach Prof. Thomas Mettenleiter vom Friedrich-Loeffler-Institut im Jahr 2009 nur noch sieben Neuinfektionen. Vor zwei Jahren führte die explosive Ausbreitung der durch Gnitzen übertragenen Viruserkrankung zu „einer Weltuntergangsstimmung bei den Landwirten“. Mettenleitner weiter: „Wenn es keinen Impfstoff gebe, gehe die Tierhaltung den Bach runter.“
Nach einem Jahr Impfpflicht wurde diese auf freiwillige Basis gestellt, weil über mögliche Nebeneffekte und Kosten öffentlich diskutiert wurde. Das sei unnötig, denn nach Prof. Mettenleitner ist der Impfstoff international als sicher und wirksam eingestuft worden.
Für Dr. Wilhelm Priesmeier, agrarpolitischer Sprecher der SPD, sei es zwar nachvollziehbar, dass die Landwirte gegen eine Impfpflicht sind, deren Bestände nur sehr spät von der Krankheit betroffen wurden. Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass im Bundesrat eine Mehrheit gegen die Impfpflicht votierte, obwohl die wissenschaftliche Risikobewertung eindeutig sei.
Bei einer Remontierungsrate von rund 30 Prozent sei absehbar, so Prof. Mettenleitner, dass in wenigen Jahren die Tierbestände wieder ohne jeglichen Schutz dem Virus ausgeliefert sind.
Doch selbst Nordrhein-Westfalen, das von der Blauzungenkrankheit am heftigsten betroffen wurde, votierte gegen die Impfpflicht. Dr. Friedhelm Jaeger aus dem Agrarministerium sagte warum: „Wenn wir den freien Bauern auf einer freien Scholle wirklich ernst nehmen wollen, dann müssen wir ihm auch die Entscheidung überlassen, ob er impfen will.“

Finanzierung offen
Die Europäische Union zahlt nur dann eine Beihilfe, wenn die Impfung Pflicht ist. Dr. Hans-Joachim Bätza aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium will sich bei der EU für eine Kofinanzierung auch bei freiwilliger Impfung einsetzen und zeigte sich auf der Grünen Woche zuversichtlich. Solange forderte Dr. Born die Bundesländer auf, dem Beispiel Rheinland-Pfalz zu folgen, sich freiwillig an den Kosten zu beteiligen.
Denn dass auf Grund der wenigen Neuinfektionen die Blauzungenkrankheit vorbei sei, glaubt Dr. Mettenleiter nicht. Der Virus bildet bei Wild- und Haustieren ein Reservoir und ist damit schon endemisch. Ohne eine Durchimpfung, so Prof. Mettenleitner, könne sich das Krankheitsgeschehen bereits 2012 wiederholen.

Roland Krieg (Text und Foto: Dr. Götz und Dr. Bätza, v.l.n.r.)

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