BMELV unterstützt Fonds für Nutzpflanzenvielfalt

Landwirtschaft

Klimawandel braucht Nutzpflanzenvielfalt

Die biologische Vielfalt ist ein Schatz, der noch längst nicht gehoben ist [1]. Wollen sich Pflanzen an veränderte Klimabedingungen anpassen, brauchen sie eine neue genetische Codierung. Der Wandel ist Pflanzen und Tieren inhärent.
Das bedeutet aber auch, dass so genannte „alte Sorten“ manche genetischen Schätze bergen, die künftig noch wichtig werden könnten. Das Sammeln, Bewerten und Aufbewahren in Saatgutbanken hat also mehr als nur eine archäologische Bedeutung.
Der Globale Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt (GTN) hat die Sicherung der biologischen Vielfalt übernommen und am Freitag einen großen Scheck in Höhe von 650.000 Euro für die nächsten drei Jahre aus den Händen von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner erhalten.

Ex-situ, in-situ und on-farm

Drei Methoden gibt es, Pflanzgut zu bewahren. Der GTN hat 2006 in Spitzbergen einen „Saatgut-Bunker“ gebaut, in dem gegenwärtig rund 700.000 Muster gelagert werden. Ein „Backup“ für bedrohte Nutzpflanzen.
Da die Saat nördlich des Polarkreises außerhalb ihrer natürlichen Umgebung gelagert wird, heißt die angewandte Methode „ex-situ“. Die vielen Botanischen Gärten und alten Streuobstwiesen erhalten alte Sorten in ihrer natürlichen Umgebung (in-situ), werden sie sogar noch regelmäßig beerntet und damit im Produktionsprozess eingesetzt, sprechen die Biologen von der „on farm“-Erhaltung.
Welche Methode die bessere ist, vermochte Prof. Cary Fowler, Geschäftsführer des GTN (rechts im Bild), gegenüber Herd-und-Hof.de nicht zu bezeichnen. Nicht alle Sorten werden von den Bauern auch angebaut. Dann gibt es kaum Alternativen zur ex-situ-Konservierung.

Der Treuhandfonds

Den Fonds gibt seit 2004 und er erhielt von der Bundesrepublik zwischen 2005 und 2010 etwa sieben Millionen Euro Zuschuss für das Stiftungskapital. Er ist ein wesentliches Element der Finanzierungsstrategie für den „Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft“. Der Exekutivrat wird auf Antrag den Sitz des Fonds nach Bonn verlegen, was die Mitgliedschaft Deutschlands voraussetzte. Anfang 2013 soll der Fonds seine Arbeit in Bonn aufnehmen.
Der Fonds ist Teil einer internationalen Architektur, deren Grundstein die FAO im Jahr 1994 mit ihrem ersten Entwurf über pflanzengenetische Ressourcen gelegt hat. Darunter wird „alles generative oder vegetative Reproduktionsmaterial von Arten mit ökonomischem und/oder sozialem Wert, besonders für die Landwirtschaft der Gegenwart und Zukunft, mit spezieller Berücksichtigung der Ernährungspflanzen“ verstanden. Es geht um Landsorten, Wild- und Unkrautarten, nahe Verwandte von Kulturarten und spezielles genetisches Material wie Zuchtlinien und Mutanten.
Die Fördergelder werden für zwei spezielle Projekte am Internationalen Kartoffelzentrum in Peru für die Süßkartoffel und für afrikanische Futtermittelspezies am Internationalen Institut für Nutztierforschung in Äthiopien verwendet. „Wir benötigen eine große Vielfalt an Nutzpflanzen, um den globalen Herausforderungen im Kampf gegen Hunger und Klimawandel begegnen zu können“, sagte Ilse Aigner. Die Mittel sind „gut eingesetztes Geld der deutschen Steuerzahler für den Erhalt der Vielfalt“.
Seit Januar 2012 ist Prof. Klaus Töpfer Mitglied im Exekutivrat des Fonds. Bemerkenswert sei, dass der Wunsch zum Erhalt der genetischen Vielfalt in der Gründung des Fonds 2004 „in die Tat umgesetzt“ wurde und das Deutschland dem Fonds beigetreten ist. Auch für den ökologischen Landbau werde der Fonds seine Dienste zur Verfügung stellen können. Erfreut zeigte sich Töpfer über den neuen Standort Bonn, der auf Grund seiner weiteren internationalen Ansiedlungen synergetische Effekte werde nutzen können. Die Entscheidung für Bonn werde dem Thema mehr Gewicht verleihen.

Viele Datenbanken

Der Fonds ist nicht der einzige, der Saatgutbanken unterhält. Viele wissenschaftliche Einrichtungen in Deutschland haben sich auf bestimmte Gebiete spezialisiert. Auch in den Entwicklungsländern entstehen Saatgutbanken. So hat die Trägerin des alternativen Nobelpreises Vandana Shiva in den letzten 20 Jahren rund 46 dezentrale Saatgutbanken für Reis und Hülsenfrüchte in ganz Indien aufgebaut. Nach Prof. Töpfer sieht sich globale Treuhandfonds als Teil vom Ganzen zur Erhaltung der Biodiversität. Prof. Fowler fügt hinzu, dass viele kleine Saatgutbanken hohe Verluste haben, weil die Lagerbindungen unzureichend sind. Der globale Treuhandfonds denke gerade über neue Absicherungsmaßnahmen nach.

ILRI und CIP

Ein Teil des Geldes geht nach Äthiopien. Das Internationale Institut für Nutztierforschung (ILRI) hat seinen Hauptsitz in Kenia, in Äthiopien ein Regionalbüro. Dort wird neben der Grundlagenforschung an der Saatgutbank mit 20.200 Mustern tropischer Futterpflanzen mit 1.900 Arten auch Afrikas größte Sammlung an Futterpflanzen bewahrt.
Der andere Teil des Geldes geht nach Peru zum Internationalen Kartoffelzentrum (CIP). Auch wenn die Süßkartoffel den uns bekannten Namensteil trägt, so gehört die Ipomea batates zu den Winden- und nicht zu den Nachtschattengewächsen. Die Kartoffel ist also mit der Tomate näher verwandt als mit der Süßkartoffel.
Dennoch besitzt das CIP einer der größten Süßkartoffelsammlungen der Welt. Deren Heimat ist Südamerika und wurde bereits von den Polynesiern im 11. und 12. Jahrhundert nach Ozeanien verbracht. Kolumbus nahm sie mit zurück nach Europa, aber wegen des Klimas wächst sie gerade einmal im Mittelmeerraum. Heute erntet China fast 80 Prozent der Süßkartoffelernte, die ähnlich wie die uns bekannte Kartoffel Stärke in ihren Knollen speichert. Daher ist die Batate ähnlich einsatzbereit wie die Kartoffel: für die menschliche Nahrung, der Stärkegehalt lässt sich gut zu spirituellen Getränken und zu Ethanol fürs Automobil vergären und ist ein billiges Futtermittel für die Tierhaltung.

Lesestoff:

Zum Treuhandfonds: www.croptrust.org

www.ilri.org

www.cipotato.org

[1] Die Erfassung der grünen Welt

Roland Krieg, Fotos. roRo

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