Bodenfonds für den Ökolandbau

Landwirtschaft

Bauern in der Uckermark fürchten um ihre Flächen

Die Pachtverträge laufen zwischen 2007 und 2014 aus. Bis dahin haben die ökologisch wirtschaftenden Betriebe seit Jahren die Flächen bewirtschaftet und mit dem Erhalt von Söllen, Hecken und vielgliedrigen Fruchtfolgen im Biosphärenreservat Schorfheide, nördlich von Berlin, eine einzigartige Landschaft erhalten. Nach Ende des Vertrages müssen aber die Flächen ausgeschrieben werden und Schäfer Jens Kath erzählt, was passieren kann. Ein anderes Angebot war besser und die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) vergab die Fläche anderweitig. Nach einigen Monaten bekam der Schäfer Post und das Angebot, die um seinen Hof liegende Fläche gegen ein zusätzliches Entgelt naturverträglich zu bewirtschaften. Von einer Agrargenossenschaft aus dem Oderbruch. So weit entfernt, dass der Flächenerwerb nur spekulativen Charakter beinhalten kann.

Flächenpreise verdoppelt
Es gibt noch weitere handfeste Belege, dass in der Uckermark außergewöhnliches passiert. Die Preise für einen Hektar Land haben sich in den letzten Jahren von rund zwei- auf viertausend Euro verdoppelt, klagte Schäfer Kath gegenüber Herd-und-Hof.de. Seit einiger Zeit bekommen Betriebe ohne Hofnachfolger Post zur Betriebsübernahme. Stefan Palme vom Gut Wilmersdorf bei Angermünde weiß, dass ortsansässige Bauern Betriebe und Land aufkaufen – aber nicht für sich. Dahinter stehen große Gesellschaften, die sich über Strohmänner Flächen sichern. Warum? Die Firma Choren hat angekündigt, Biomass to Liquid (BtL) am Standort Schwedt produzieren zu wollen. Die Biomasse muss in der Nähe wachsen.
So hat die Ökolandbauregion Südliche Uckermark gestern zur Pressefahrt zwischen Wilmersdorf und Mittenwalde geladen. Die Fahrt durch die strukturierte Hügellandschaft soll dem Bodenfonds für den Ökolandbau ein reizvolles Fundament geben.

Die Landvergabe
Dr. Müller von der BVVG erkennt das Besondere der Uckermark an. Auf rund 11.000 Hektar summiert sich Europas größtes zusammenhängendes, ökologisch bewirtschaftetes Ackerbaugebiet. Nur Seen und Wälder trennen die Betriebe. Zwölf davon haben sich nachbarschaftlich zur Initiative des Bodenfonds zusammen getan.
Land vergibt die BVVG aus drei Töpfen, erklärt Dr. Müller weiter. Betriebe, die nicht in der Lage sind, sich ihre bearbeitete Fläche zu leisten, bekommen sie günstiger angeboten. Unentgeltlich gehen Flächen an Land, Stiftungen und Verbände, wenn es ökologisch bewirtschaftet wird – aber ohne Gewinnerzielung, denn EU-Prämien für diese Flächen sind dann nicht mehr erlaubt. Der dritte Topf beinhaltet die aktuellen Pachtflächen, deren Verträge in den nächsten Jahren enden. Und die müssen ausgeschrieben werden. Und sind offenbar zum Spekulationsobjekt geworden.

Die leichten Böden der Uckermark
Die Betriebe bewirtschaften Flächen zwischen 15 und 40 Bodenpunkten. Im Wiesenbrüterprogramm dürfen die Bauern einige Flächen erst ab dem 01. Juli bewirtschaften. Es hat in diesem Frühjahr bereits doppelt so viel geregnet wie sonst. Die Sölle sind voll, die Blick vom SpitzbergWiesen vernässt. Normalerweise ist die Uckermark ein trockenes Gebiet. Susanne Leu führt seit 1992 den Betrieb Haferkamp und hat in manchen Jahren Probleme mit der Futterversorgung ihrer Mutterkuhherde. Obwohl der Betrieb 560 ha groß ist und 260 Hektar natürliches Grünland aufweist. Und hier soll Biomasse für Schwedt angebaut werden?
Martin von Haaren ist skeptisch. Er hat nur einen Teil seiner Flächen in Mittenwalde ökologisch umgestellt. Er kennt daher auch den konventionellen Maisanbau. Den hält er hier für riskant, weil Mais den Boden lediglich drei Monate lang bedeckt, die Wasserversorgung schwierig ist und Monokulturen Schädlingen wie dem Maiswurzelbohrer eine gute Futtergrundlage bieten.
Schäfer Kath hält die hohen Bodenpreise auch für nicht real für die Landwirtschaft. Die hohen Bodenpreise kann hier keine landwirtschaftliche Produktion wieder herausholen. Die Wolle seiner Schafe zum Beispiel ist gegen die Textilfasern chancenlos. Nur die Einspeisevergütung über das EEG macht einen Energiepflanzenanbau rentabel. Gegen das kapitalstarkes Engagement haben die Betriebe keine Chance mitzubieten.

Das Fondsmodell
Die seit 1974 nach ethisch-ökologischen Richtlinien arbeitende deutsche GLS-Bank soll einen Fonds auflegen, mit dem die zur Disposition stehenden Flächen aufgekauft werden sollen. Als Anlegerkreis kommen Stiftungen und Privatpersonen in Betracht. Die Fläche soll nur von vollständig umgestellten Betrieben für die Dauer von 18 Jahren erworben werden können.
Was zunächst als Kritik an der BVVG-Vergabepraxis erscheint, relativiert sich mit einem Blick auf die letzten 15 Jahre. Brandenburgs Staatsekretär Dietmar Schulze aus dem Agrarministerium erinnerte daran, dass die jetzige Struktur der südlichen Uckermark ohne die BVVG gar nicht erst möglich gewesen wäre. Die Betriebe haben deshalb so hohe BVVG-Flächenanteile, weil das gesamt Land nach der Wende an die Treuhand ging. Die Ökostrukturen sind bereits ein Ergebnis der Privatisierung.
Ob sich das Fondsmodell auch wirklich realisieren lässt, bezweifelt Dr. Müller. Rechtlich müssen die Flächen ausgeschrieben werden. Eine Eingrenzung der Ausschreibung auf ökologische Betriebe holte die europäischen Wettbewerbshüter auf den Plan.
Doch der politische Wille ist da. Die SPD-Bundestagsabgeordneten Petra Bierwirth, Gustav Herzog und Markus Meckel sagten ihre Unterstützung zu. Nach Bierwirth dürfen inhaltliche Ideen nicht durch eine Privatisierung konterkariert und der Boden zum Spekulationsobjekt degradiert werden.

Die guten Sitten einhalten
Rolf Henke vom 1295 erstmals erwähnten Gut Temmen erinnerte an die guten Sitten, die im Ökolandbau auch Teil der täglichen Arbeit seien. Es gehe ja gerade um die Flächen, die von den Betrieben bereits bewirtschaftet werden. Eine Ausschreibung, die lediglich den Verkehrswert betrachtet, sei der falsche Weg. Die gegenwärtige Flächennutzung gehöre zur bäuerlichen Leidenschaft, für die es einen Sonderweg geben müsse. Der Fonds würde nur das umsetzen, was die Gesellschaft von einer intakten Landschaft erwarte.
Dr. Eberhard Henne, Leiter des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin, gibt der ökologischen Landbewirtschaftung auch den Auftrag zur Erhalt der Landschaft. Sie sei ausdrücklich in der Schutzgebietsverordnung gefordert, weil es auch die Verbraucher wollen. Hans Christian Arndt, Bürgermeister von Milmersdorf sieht im Ökolandbau eine Sicherung der lokalen Wirtschaft. Er schütze die vielen Seen der Uckermark, in denen die Touristen baden können, ohne durch eine Häufung von Biogasanlagen wie in der Nachbargemeinde Gerswalde verschreckt zu werden.
Die Leistungen der Ökobetriebe sind nicht nur im Erhalt der strukturierten Landschaft und Biodiversität zu sehen. In der umgebauten Scheune des Gut Temmen trifft sich der Ortsverein und in diesem Jahr finden die ersten beiden Hochzeiten statt.

Roland Krieg; Foto: roRo: Blick vom Spitzberg bei Temmen

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