Börsen-Wetter

Landwirtschaft

Die Preis-Achterbahn kurz vor Erntebeginn

Die Rohstoffpreise für Agrarprodukte sind seit mehr als einem halben Jahr auf Rekordkurs. Bei Raps ist die kommende Ernte bereits zu 60 Prozent verkauft. Die Ernährung der Welt ist gesichert, bei manchen Rohprodukten kann das Lager aufgestockt werden. Die starke Nachfrage aus China nach allem, was sich verfüttern lässt, führt zu einem lang anhaltenden Preistrend. Der Ausbau der Schweinebestände in allen Regionen außer Europa hält die Maispreise hoch. Die Landwirte in Deutschland stehen kurz vor der Ernte 2021 vor rosigen Preisaussichten. Seit kurzem wackelt das Gerüst.

Auf unverändert hohem Niveau reagiert die Börse nervös auf Wetterereignisse. Gute Ernteprognosen für Europa und Russland, die Prognose über Australiens Weizenexport hatten bislang die Hausse getragen. Die Börsianer haben eine Million Hektar erfrorenen Winterweizen in Russland ignoriert, was mit Sommergetreide ausgeglichen wurde. In Zentralasien haben Heuschrecken doppelt so viel Fläche verwüstet wie in Ostafrika.

Das Wetter und die Börse

Dennoch ist knapper Raps auf unter 500 Euro je Tonne gefallen und von Chicago aus gab es für Weizen und Soja eine Preisdelle zum Monatsende. Wüchsiges Wetter und der Ausblick auf einen europäischen Durchschnittsertrag von 60 Dezitonnen je Hektar (dt/ha) Weichweizen geben den Preispessimisten recht. Während die deutschen Landwirte die Mähdrescher in den Frühdruschregionen für die Sommergerste fit machen, verhagelt das Wetter kurzfristig die Prognosen. Innerhalb einer Woche hat die Vereinigte Hagel ihre bisherige Schadensbilanz 2021 durch Hagel, Starkregen und Überschwemmungen auf 60.000 ha verdoppeln müssen. 23 Millionen Euro Schaden für die Landwirtschaft stehen auf der Schätzliste.

Die Unwetter der vergangene Woche haben Bilder von überschwemmte Wohnungen, Autos, die bis zum Kühler im Wasser, über die Straßen fuhren, umgeworfene Bäume und abgeknickte Äste, Feuerwehren im Dauereinsatz vor zuckendem Blaulicht in die Nachrichten gebracht. Äcker und Wiesen leiden leiser. Lagerndes Getreide kann kaum noch geerntet werden, Wiesen und Weiden leiden unter Staunässe, Schlammlawinen und Sturzbäche tragen wertvollen Boden ab. Dieser Wochenanfang zeigte, dass die weiteren Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes richtig waren. Auf die Agrarbörsen sind die Auswirkungen der Unwetter noch nicht durchgeschlagen.

Langfristig hohe Kurse

Das Abknicken der Börsenkurse sei kein Anlass zur Panik, sagen Marktexperten. Die langfristigen Trends der stabilen Nachfrage werden die Effekte der Unwetter überlagern. Wenn die Börsianer die Wetterlagen langfristig beachten, werden die Preisoptimisten obsiegen.

Der Nordwesten der USA und Teile von Kanada schmoren in der Sonne bei knapp unter 50 Grad Celsius. Die Great Plains, die Kornkammer der USA, bleiben weiterhin trocken und wird die nächsten Ernteprognosen korrigieren.  

Die deutschen Meteorologen blicken auf einen Juni mit sehr viel Regen, Sonne und Temperaturwerten bis zu 36 Grad zurück. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 war der Juni 2021 mit 19 Grad Durchschnittstemperatur der drittwärmste Juni aller Zeiten. Der Wert liegt 2,6 Grad über der wärmeren Vergleichsperiode zwischen 1991 und 2020 und 3,6 Grad über der internationalen Referenzperiode zwischen 1961 und 1990. Mit 95 Liter je Quadratmeter fielen zehn Liter mehr als üblich.

Hitze oder Unwetter? Hausse oder Baisse?

Die Langfristprognose kann sich derzeit nicht  zwischen Hitze und Unwetter für den Juli entscheiden (Wetterprognose-wettervorhersage.de). Nur der wärmere Wettertrend hält an.

Für die Preise ist das derzeit zweitrangig, weil am Kassamarkt fast alles ausgehandelt ist. Alle warten auf die ersten Ernteergebnisse. Für die Landwirte lautet die Frage anders. Denn selbst die hohen Preise kommen netto bei den Bauern nicht an. Denn stetig steigen die Preise für Betriebsmittel, von Diesel über Dünger bis zum Pflanzenschutz. Selbst die Reduzierung des Düngereinkaufs im Rahmen der neuen Düngeverordnung reißt über gestiegene Düngemittelpreise ein Loch in die Kasse.

Roland Krieg

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