Branchenecheo Wurst und Fleisch
Landwirtschaft
Strukturbruch Fleischindustrie bringt auch Gewinner hervor
Das erste Branchenecho der Fleisch- und Wurstindustrie in Deutschland zeigt Strukturbrüche der gesamten Wertschöpfungskette. Dabei gibt es allerdings nicht nur Verlierer. In Kooperation mit der Managementberatung Ebner Stolz haben die allgemeine fleischerzeitung und das Magazin „Fleischwirtschaft“ die 100 Top-Unternehmen der Branche befragt.
Transformieren sie schon?
„Die Fleisch- und Wurstbranche ist ein wichtiger Wirtschaftssektor in Deutschland, der allerdings in seiner Bedeutung eine größere Sichtbarkeit erfahren sollte. Daher haben wir gemeinsam das Branchenecho ins Leben gerufen, um den Stellenwert der Branche zu steigern, ihre Entwicklung zu dokumentieren und Leistungsstärke zu zeigen. Künftig soll das Branchenpanel halbjährlich durchgeführt werden und verlässlich über den Status quo Auskunft geben,“ sagt Christian Schnückevon der dfv Mediengruppe.
Eine im Wandel befindliche internationale Wettbewerbssituation, zunehmend unsichere politische Rahmenbedingungen und ein verändertes Konsumentenverhalten in Deutschland befeuern den Strukturbruch der Fleisch- und Wurstindustrie. 58 Prozent der befragten Unternehmen sehen dabei die Branche noch am Beginn des Transformationsprozesses, 37 Prozent bereits mitten in der Veränderung. Insbesondere die kleineren Betriebe arbeiten aktiv an der Stärkung der Regionalität (84 Prozent) sowie dem Ausbau der vertikalen Wertschöpfungskette (52 Prozent). Alle Befragten sehen als wichtigste Herausforderung den massiven Ausbau der Automatisierung (94 Prozent), da der Personalmangel und die steigenden Personalkosten für 63 Prozent eines der größten Probleme darstellen.
Preis schlägt Interesse an Tierhaltungsformen
Konsum im Sinkflug: Selbst 84 % der Branche erwarten weiteren Nachfragerückgang nach Fleisch und Wurst, in Teilen um 10 % und mehr.
Inflationsrate verändert Verbrauchernachfrage: 79 % sehen gesteigerte Nachfrage von preiswerten Fleisch- und Wurstprodukten.
Überkapazität am Markt: Knapp 60 % sind mit der Auslastung ihrer Werke nicht zufrieden.
Gewinner und Verlierer: Seit 2019 gewinnen kleinere, regionale Produzenten an Menge (37 %), Großunternehmen verlieren (42 %).
Konsolidierung nimmt Fahrt auf: Regionale Wertschöpfungsketten sind im Kommen, 52 % der Befragten sind offen für vertikale Integration, nur 16 % für horizontale.
Stärkster Zukunftstrend: Regionalität mit 84 %. Mit 68 % ist die Nachfrage von höheren Tierhaltungsformen hinter der Nachfrage nach preiswerten Produkten nur noch auf Platz drei.
Verschiebung der Dominanz: Gewinner und Verlierer
Gweinner der Transformation ist offenbar der Mittelstand. Ein Drittel der Befragten ist mit der Mengensteigerung des Absatzes zufrieden und mehr als 40 Prozent sind es auch mit ihrer Geschäftsentwicklung.
„Gewinner der letzten zwei Jahre ist der Mittelstand, Verlierer der Marktentwicklung sind vor allem die Großunternehmen mit konzentrierten Standorten“, sagt Klaus Martin Fischer, Partner bei Ebner Stolz. „Die vormals führenden Unternehmen der Branche leiden jetzt unter dem Mengenschwund. Wo sie vorher die großen Wettbewerbsvorteile in der Kosteneffizienz hatten, erleben die Unternehmen mit hochkonzentrierten Standorten jetzt erhebliche Wettbewerbsnachteile.“ 58 Prozent der Befragten geben an, dass sie nicht zufrieden sind mit der wirtschaftlichen Entwicklung, 42 Prozent weisen einen Mengenrückgang aus. Dieser fokussiert sich offenbar auf den Exportanteil. Der Verkauf von Fleisch und Wurst ins Ausland gilt mittlerweile als größte Herausforderung.
Der Preisfaktor ist zurück
Die zunehmend dramatischere Situation von steigenden Kosten und stagnierenden Preisen auf der Erzeugerseite hat gegenüber dem Handel die Erwartung geweckt, die Verkaufspreise anzuheben. Das ist nach Martin Fischer zum Teil auch bereits erfolgt. Für den Erzeuger aber noch nicht im zufriedenem Ausmaß.
Doch die Kunden reagieren bereits und stellen ihre Preissensibilität wieder in den Vordergrund. 78 Prozent der Kunden greifen bei preislichen Alternativen bei Fleisch und Wurst zurück.
Roland Krieg