Brandenburgs neue Alleenbäume
Landwirtschaft
Alleen der Zukunft - sehen dieses anders aus?
In Berlin und Brandenburg prägen wunderschöne, lange
Alleen das bekannte Stadt- und Landschaftsbild. Doch klimawandelbedingte
Extremwetter-Ereignisse mit längeren Dürreperioden setzen ihnen zu.
Stressbedingte Krankheiten und auch Schädlingsbefall sind die Folge. Typische
Straßenbäume wie Kastanie, Platane oder Esche sind zunehmend geschwächt. Das
Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Brandenburg-Berlin (INKA BB) forscht jetzt
in einem Teilprojekt mit der Humboldt-Universität an Baumarten, die besser an
die künftigen Klimabedingungen angepasst sind.
Bäume in der Stadt und an Alleen auf Landstraßen sind
bereits durch den Verkehr besonderen Belastungen ausgesetzt. Neben den
Schadstoffen aus Abgasen werden die Bäume zusätzlich durch Streusalzeinsatz
gestresst. In den vergangenen Jahren nahmen zudem die Trockenwetterperioden zu,
längere Zeit mussten die Bäume bei sinkendem Grundwasserspiegel ohne Regen
auskommen.
Das Fachgebiet Urbane Ökophysiologie der Pflanzen an
der Humboldt-Universität zu Berlin unter Leitung von Prof. Christian Ulrichs
bearbeitet das INKA BB Teilprojekt „Anpassung gärtnerischen Kulturen an den
Klimawandel“. „Es zeichnet sich ab, dass einige bisherige Baumarten den
künftigen Anforderungen eines Straßenbaumes nicht mehr genügen.“, so
Projektleiter Dr. Matthias Zander von der Humboldt-Universität.
Kastanie, Platane und Esche – welche Gefahren?
Als besonders geschwächt gelten derzeit die Kastanie, die Platane und die Esche. Die Kastanie hat bereits seit längerem mit der Miniermotte zu kämpfen. Zwar lässt der Befall die Kastanie nicht gleich absterben, es ist aber zu erwarten, dass die zusätzlichen Stressfaktoren des Straßenverkehrs den Baum weiter belasten und langfristig in Vitalität und Wachstum behindern. Anders sieht es da bereits bei der für Berlin und Brandenburg typischen Platane aus. Seit einigen Jahren erkrankt sie zunehmend an Massaria, einem Pilzbefall, der Äste absterben lässt und damit Astbruch hervorrufen kann. Für Parkbesucher oder vorbeifahrende Autos ein Risiko. Ein ähnliches Problem hat die Esche (Fraxinius-Arten). Ein Schlauchpilz verursacht hier, dass die jungen Triebe absterben. Ein fortgeschrittenes Stadium führt zum Absterben ganzer Kronenteile oder sogar des ganzen Baumes.
80 Baumarten im Test: Von Ahorn über Milchorange bis Zelkove
Derzeit testet die Humboldt-Universität, Fachgebiet
Urbane Ökophysiologie der Pflanzen, insgesamt 80 Baumarten. Darunter sind der
Feldahorn, die Japanische Zelkove und auch der für unsere Breitengrade eher
exotisch anmutende Milchorangenbaum. Dieser zählt zu den Maulbeergewächsen und
stammt ursprünglich aus dem südlichen Nordamerika. Als anspruchslose Baumart
der amerikanischen Prärie ist er normalerweise von Arkansas über Oklahoma bis
nach Texas verbreitet. Leider täuscht der Name: genießbare Orangen wachsen an
dem Baum leider nicht. Lediglich Tiere wagen einen Knabberversuch.
„Wir wählen schwerpunktmäßig solche Arten, die aus
sommerheißen und trockenen Regionen der Erde stammen.“, berichtet Dr. Matthias
Zander. Diese kommen aus Japan, China, Amerika oder Südeuropa. „Sie sollen sich
durch ausreichende Winterhärte, eine allgemeine Anspruchslosigkeit an den
Standort und gute Gesundheit auszeichnen. Dies bedeutet, dass sie wenig oder
keine Probleme mit Krankheiten oder Schädlingen ausweisen.“, so Zander.
Stresstest in der Pilotanlage
Um zu testen, ob ein Baum wirklich geeignet ist, sich
nachhaltig an den Klimawandel anzupassen, muss er hinreichend getestet werden.
„Da die Produktion von Alleebäumen gut 15-20 Jahre dauert, müssen die
Baumschulen bereits jetzt entscheiden, welche Bäume für die Zukunft produziert
werden.“, erklärt Zander. Daher werden sie auf einer Pilotanlage in der
Baumschule Lorberg in Kleinziethen besonderen Stresstests ausgesetzt. Dies
funktioniert mit drei Bewässerungsstufen: optimal versorgt, moderater
Trockenstress sowie akuter Trockenstress. Dies ist dem Zustand geschuldet, dass
unsere Straßenbäume immer längeren und immer häufigeren Dürreperioden
ausgesetzt sind. Daneben müssen sie möglichst resistent gegen
Winterfrostschäden sein. „Vor allem, wenn das Frühjahr wie dieses Jahr zeitig beginnt
und noch späte Fröste eintreten und Triebe schädigen können.“, sagt Zander.
Besondere Spätfrostschäden zeigten dieses Jahr der
Taschentuchbaum, dessen Blätter aussehen wie Taschentücher und auch der
Papiermaulbeerbaum. Aus letzterem wurde früher in Japan und China Papier
hergestellt. Als besonders widerstandsfähig hingegen erwiesen sich die
japanische Kobushi-Magnolie und die Spanische Eiche, aber auch die Hopfenbuche
und die Elsbeere setzten sich durch. Der angelegte Versuch wird über zehn Jahre
getestet. Erste Empfehlungen über geeignete Arten oder Sorten können bereits
nach etwa drei Jahren gegeben werden.
Und die Alleen der Zukunft?
„Das Bild mit Straßenbäumen sieht in 20 Jahren vermutlich anders aus, als wir es heute kennen. Wahrscheinlich exotischer“, berichtet Zander. So müsse man möglicherweise auf Vertrautes verzichten. „Dies bietet aber auch eine Chance für die Vielfalt.“, so Zander.
Lesestoff:
www.inka-bb.de
Imke Sturm, Fotos: INKA BB Testanlage in Kleinziethen