Branntweinmonopol endet nach 99 Jahren
Landwirtschaft
Branntweinmonopol endet 2017
Kaiser Wilhelm der II. hat am 26. Juli 1918 das erste Branntweinmonopolgesetz unterzeichnet, das am 01. Oktober 1919 in Kraft trat, damit die Brennerei für den Staat in geordneten Bahnen verlaufen sollte. Eine Jubiläumsfeier zum Hundertsten wird es nicht mehr geben, denn der europäische Rat für Wettbewerbsfähigkeit am Freitag beschlossen, dass die letztmalige Verlängerung des aktuellen Gesetzes aus dem Jahr 1922 am 31. Dezember 2017 endet.
Bis dahin können Klein- und Obstbrennereien sowie Obstgemeinschaftsbrennereien noch Agraralkoholerzeugen. Landwirtschaftliche Kartoffel- und Getreide-Verschlussbrennereien erhalten noch bis 2013 Beihilfen. Im Gegenzug müssen diese aber ihre Produktion sukzessive absenken.
Sanfte Landung
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zeigte sich zufrieden, dass „ein abruptes Ende des Branntweinmonopols vermieden werden konnte.“ Die Brennereiwirtschaft habe nun Planungssicherheit, in der Übergangszeit neue Zukunftskonzepte zu entwickeln. Aigner wies darauf hin, dass ohne die Verlängerung das Monopol bereits Ende des Monats ausgelaufen wäre.
Die landwirtschaftlichen Verschlussbrennereien haben ihren Namen durch den Zollverschluss erhalten, der während des gesamten Herstellungsprozesses an den Brenngeräten verbleibt. Die dezentrale Agraralkohol-Erzeugungsstruktur in Deutschland und die erfolgreiche Verbindung von Ökologie und Ökonomie habe sich bewährt. Dies gelte sowohl für die landwirtschaftlichen Verschlussbrennereien, die Alkohol in einer nachhaltigen und ökologischen Kreislaufwirtschaft (so genannter Schlempe-Dünger-Kreislauf) erzeugen, als auch für die Klein- und Obstbrennereien. Durch die Verarbeitung von Streuobst zu Alkohol tragen Klein- und Obstbrennereien zum Erhalt der ökologisch wertvollen Streuobstwiesen bei und leisten damit zugleich einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität.
Galgenfrist
Cornelia Behm, Sprecherin für Ländliche Entwicklung von Bündnis 90/Die Grünen, freut sich zwar über die Verlängerung des Monopols, sagt aber: „Es wird sehr schwer werden, die landwirtschaftlichen Brennereien ohne die Förderung durch die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein am Leben zu erhalten.“ Behm fürchtet, dass „der Agraralkohol durch Industriealkohol aus zentralen Gewerbe- oder Industriebetrieben ersetzt werden wird.“ Das würde den Transportaufwand für agrarische Rohstoffe erhöhen und die Schlempe aus den Verschlussbrennereien käme nicht mehr auf die Höfe zurück. Bei den Obstbrenneren stehe außerdem der Erhalt der Streuobstwiesen auf dem Spiel. Die Bundesregierung müsse prüfen, wie die kleinen Obstbrenner über das Jahr 2017 hinaus erhalten bleiben können.
Im Rahmen des Branntweinmonopols brennen derzeit noch rund 22.000 kleine Obstbrennereien und 670 Verschlussbrennereien. Zusammen erhalten sie gegenwärtig eine produktionsbezogene Unterstützung von jährlich 80 Millionen Euro.
roRo