Braucht Afrika grüne Gentechnik?

Landwirtschaft

Afrika: Importierte GVO-Angst aus Europa?

Der Weltagrarbericht kommt ohne grüne Gentechnik aus. Prof. Matin Qaim wird mit seiner Studie über gentechnisch veränderte Baumwolle zur Armutsreduzierung aber ebenso ignoriert, wie die Technische Universität München, die der Hilfe einer mehrjährigen Fütterungsstudie keine Hinweise auf GVO-Bestandteile in der Kuh gefunden hat, obwohl sie mit gentechnisch verändertem Mais gefüttert wurde. Und weil die EU aus dem Zulassungspatt nicht mehr heraus kommt, sollen die einzelnen Mitgliedsländer künftig selbst darüber entscheiden.
In Afrika können die Länder bereits selbst darüber entscheiden und viele bauen eigene Biosicherheitsrichtlinien auf. Doch auch auf dem afrikanischen Kontinent ist die Forschung weiter als die Anbaurealität.

„Grüne Revolution“
Robert Paarlberg von der Harvard Universität sieht Afrika in der Anwendungsfalle, weil die europäischen Umweltorganisationen vor allem ihre Abneigung gegen die grüne Gentechnik nach Afrika importieren. Afrika hat ganz andere Bedürfnisse. Zwei Drittel der afrikanischen Bauern nutzen traditionelles Saatgut, das kaum auf zusätzliches Wasser und Dünger reagiere und nicht in der Lage ist, höhere Erträge zu erzielen. Die afrikanischen Bauern wüssten kaum etwas über gentechnisch veränderte Pflanzen, weil bis vor kurzem ausschließlich Südafrika den Anbau erlaubte. Dort überwiegen nach Paarlberg kommerzielle Betriebe.
Was die Afrikaner bräuchten sind mehr Forschung und mehr Feldversuche. Wenn die Bauern sehen, dass die Pflanzen auch bei 30 Prozent weniger Regen noch wachsen, würden sie die Vorteile erkennen.

Andere Zuchtziele
Im Bereich der Forschung hat Afrika aufgeholt. Die Redaktion von biosicherheit.de hat ausgemacht, dass die Zuchtziele mit dürreresistentem Mais und nährstoffangereichertem Maniok andere Wege verfolgen, als der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in den USA.
Kommerziell werden die Pflanzen aber nur in Südafrika, Burkina Faso und Ägypten angebaut.
Auf 2,2 Millionen Hektar Fläche wachsen in Südafrika gentechnisch veränderte Maispflanzen, Soja und Baumwolle. Dort überwiegen allerdings noch die herbizid- und insektenresistenten GVO-Varianten. In Burkina Faso haben die Bauern auf 115.000 Hektar gv-Baumwolle angebaut und am Nil wurden im letzten Jahr die ersten 1.000 Hektar gv-Mais gesät. Sie konnten allerdings wegen Einfuhrbeschränkungen nur auf lokales Saatgut zurückgreifen.
Meist fehlt den Ländern noch der Biosicherheitsrahmen, um Freilandversuche durchzuführen. Biosicherheit.de sieht Fortschritte, weil 19 Mitgliedsstaaten des Gemeinsamen Marktes für das Östliche und Südliche Afrika (COMESA) jetzt ein gemeinsames Vorgehen in Sicherheitsfragen vorgeschlagen haben. Die Sicherheitsbewertung soll nicht mehr in den einzelnen Ländern sondern regional erfolgen. Nur über den Anbau entscheiden die Länder individuell.

Private Treiber
Schon Paarlberg wies auf die treibende Kraft der privaten Organisationen hin, die vergleichbar der Bill and Melinda Gates Foundation mehr für die Forschung in Afrika unternehmen, als die Politik.
Am vergangenen Wochenende hat das „4-H Network“ aus den USA eine Pilotpartnerschaft mit Tansania begonnen. Das unter anderem aus dem Agrarbusiness geförderte Netzwerk hat sich der Jugendentwicklung verschrieben und stellt die landwirtschaftliche Ausbildung an die Spitze der Tätigkeit. James C. Borel, Vorsitzender des Netzwerks und Vizepräsident von DuPont: „Der Bauer, der im Jahr 2025 die Welt ernähren soll, ist heute erst 13 Jahre alt.“ Das Netzwerk mit dem Zeichen des vierblättrigen Kleeblatts bringt Politik und Wirtschaft für die Ausbildung der Jugend zusammen.

Will Afrika die Gentechnik?
Die Biotechnologie ist kein Allheilmittel zur Bekämpfung der Ernährungsunsicherheit und Armut in Afrika, hieß es auf dem ersten All Africa Congress für Biotechnology im Jahr 2008. Für den Einsatz von Biotechnologie seien weder Infrastruktur noch Politik vorbereitet, führte Ed Regde vom Livestock Research Institut in Nairobi aus.
Aber ohne Gentechnik will Afrika nicht auskommen. Der im September dieses Jahres veröffentlichte „Technology and Innovation Report“ der UNCTAD findet neue Technologien in Afrika „herausfordernd“. Nach Michael Lim, Ökonom bei der UNCTAD, ist es egal, ob kleine, mittlere oder Hochtechnologie angewandt werde – sie müsse auf die lokalen Verhältnisse angepasst sein. Nach Lim brauchen die Bauern neue Ideen und kommen oft mit eigenen Weiterentwicklungen heraus.
Eine wichtige Rolle spielt dabei das Forum for Agricultural Research in Africa, das sich in Ghana vom 02. bis zum 04. September 2010 das erste Mal getroffen hat.
Ein Ergebnis des Treffens: „Ausweitung der Biotechnologie, inklusive Gewebekulturen, Nährstoffanreicherungen, gentechnisch veränderte Pflanzen zur Ertragssteigerung, Nährstofferhöhung in Pflanzen und Züchtung von Sorten, die besser an den Klimawandel angepasst sind (Trockenresistenz und Wassereffizienz, toleranter gegen Überflutungen und hohe Temperaturen.“

Lesestoff:
www.biosicherheit.de
Robert Paalberg „In Need of a Green Revolution“, Harvard International Review, 09. Juni 2008
Ochieng´Ogodo: Biotechnology no cure-all for food insecurity; www.scidev.net 26. September 2008
www.4-h.org
Technologiebericht der UNCTAD: www.unctad.org
Forschungsforum Afrika: http://agrforum.com
Dr. Matin Qaim: GVO-Baumwolle gegen Armut
Fütterungsstudie TU München

Roland Krieg Grafik: www.biosicherheit.de

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