Britische Nulltoleranz gegen illegales Schweinefleisch
Landwirtschaft
Deutsches Schweinefleisch in England am Pranger
Am Sonntag haben die englischen Schweinehalter die Schraube gegen kontinentales und damit auch gegen deutsches Schweinefleisch enger gedreht. Die National Pig Association (NPA) hat nach eigenen Angaben alle britischen Schweinehalter zu einem Bann gegen den englischen Handel geeint, die Schweinefleisch verkaufen, das nicht europäischen Haltungsstandards entspricht.
Jeder Händler, der beispielsweise deutsches Schweinefleisch anbietet werde öffentlich bloß gestellt, teilt die NPA mit. Im Zweifelsfalle wollen die Schweinehalter auch mit einer Isotopenanalyse die Herkunft bestimmen. Vergleichsdaten lägen bei der British Pig Executive vor. Vordergründig können heimische Daten identifiziert werden, im Zweifel bei ausländischer Ware werde ein Zertifikat eingefordert, dass das Fleisch aus EU-konformen Beständen stamme.
Desaster Gruppenhaltung für Sauen
Das letzte Jahr hatte es vorgemacht. Alle Legehennenbetriebe hätten ihre Käfige bis zum 01. Januar 2012 abschaffen müssen. Doch noch immer sind Nachzügler unterwegs, die Käfigeier produzieren und auf den Markt bringen. Die EU erweist sich als relativ zahnlos gegen den Verstoß EU-rechtlicher Tierhaltungsvorschriften [1].
Möglicherweise sind deshalb die Sauenhalter in vielen Mitgliedsländern so nachlässig bei der Umsetzung neuer Haltungsvorschriften für Sauen. Diese müssen seit dem 01. Januar 2013 in Gruppenhaltung aufgestallt werden, was aktuell lediglich Schweden, Österreich, Estland, Luxemburg und das Vereinigte Königreich umgesetzt haben. England sogar schon 1999.
Die Deutschen haben die Seite gewechselt. Hatten sie das Käfigverbot vorfristig umgesetzt, stehen die deutschen Betriebe am Ende der Umstellung auf Sauen-Gruppenhaltung.
Den Engländer reicht es, denn die Einführung der Gruppenhaltung auf der Insel hat die Zahl der Ferkelerzeuger damals halbiert. Die andere Hälfte stieg wegen hoher Umstellungskosten aus. Rund 40 Prozent der EU-Sauen werden aber derzeit noch in alten Ställen gehalten, was die Engländer als illegale Schweinefleischproduktion bezeichnen und bei Verbrauchern und über den Handel Druck aufbauen. Es geht den Engländern nicht nur um ihren heiligen Frühstücksschinken. Die NPA verweist auf das Symbol des roten Traktors, der für die EU-konforme und heimische Schinkenproduktion steht.
Selbst gemeldete Zahlen
Die Engländer nutzen die Statistik, die im Dezember von den Mitgliedsländern selbst an die EU übermittelt wurden. Demnach haben in Frankreich nur 33 Prozent der Betriebe die Gruppenhaltung eingeführt, in Belgien, ebenfalls mit einer starken Schweineproduktion, nur 45 Prozent, in Portugal 46 Prozent und im Musterland Deutschland haben ebenfalls nur 48 Prozent der Betriebe die neue Rechtsverordnung umgesetzt.
Die Engländer mutmaßen eine höhere Dunkelziffer, denn die Ferkelerzeuger haben die Zahlen im Dezember selbst gemeldet. Ende Januar wird die EU über die nächsten Schritte beraten. Die Vorgehensweise ist bekannt: Die EU wird die Regierungen anschreiben und zwei Monate Zeit geben, Defizite zu erklären. Analyse und ein zweiter Brief für eine detaillierte Stellungnahme werden weitere drei Monate Zeit in Anspruch nehmen, während die „illegale Schweineproduktion“ weiter geht. Das will sich die NPA nicht bieten lassen und hat in Agrarminister David Heath einen prominenten Fürsprecher. Heath will am 06. Februar in einem Treffen festlegen, welche Boykott-Maßnahmen gegen kontinentales, illegales Schweinefleisch eingeleitet werden sollen. Er habe der NPA versprochen, jegliche Wettbewerbsnachteile für die britischen Schweinehalter auszuräumen.
BMELV wartet ab
In Deutschland hätten 13.000 Betriebe ihre Haltung zum 01. Januar umstellen müssen, teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium auf Anfrage mit. Es lägen aber noch keine aktuellen Zahlen vor, wie weit die Umstellung erfolgt sei. Die zuständigen Länderbehörden müssten die Betriebe erst einmal kontrollieren, um quantifizierbare Daten zu erhalten. Erst dann ergebe sich ein klares Bild und werde über mögliche Schritte und Folgen zu sprechen sein.
Lesestoff:
[1] Gelbe Karten gegen Käfigeier
Roland Krieg