Brotgetreide knapp und teuer

Landwirtschaft

Mühlen in schwieriger Lage

1970 kam das Brotgetreide für die Mühlen lediglich zu zwei Drittel aus Deutschland. Heute stammen 95 Prozent Weizen und Roggen von heimischen Feldern. „Unsere Rohstoffbasis ist im besten Sinne regional“, sagte Hans-Christoph Erling, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Mühlen (VDM) am Donnerstag in Berlin. Importware kommt vor allem aus europäischen Nachbarländern und nur in seltenen Fällen aus Übersee. Vor Abschluss der Getreideernte am kommenden Wochenende gab der VDM seinen Ausblick auf den Getreidemarkt. Dieser Zeitpunkt ist das zentrale Ereignis für die Mühlen, die zwischen Korn und Teller schließlich noch ihre Arbeit zu verrichten haben. Das Fazit: Brotgetreide 2012 ist knapp und teuer.

Weizen und Roggen

Weizen und Roggen sind die Getreidesorten, die für Brot und Backwaren geerntet werden. Der VDM erwartet bei Weizen einen Ertrag in Höhe von 22,5 Millionen Tonnen und damit bis zu einer Million Tonnen weniger als in den letzten vier Jahren. Roggen ist durch die Auswinterung in Deutschalnd besser weggekommen. Mit 3,4 Millionen Tonnen liegt die Ernte über dem Fünf-Jahresschnitt.
Die Mühlen sind mit der Qualität des Brotgetreides zufrieden. Hektolitergewicht und Fallzahlen sind gut, auch die Klebergehalte sind zufriedenstellend, auch wenn der Proteinwert um 0,5 Prozent gesunken ist, erläutert Erling. Die Ernte 2012 sorgt weiterhin für qualitative Backwaren.
Zu welchem Preis allerdings ist noch offen. Mit 250 Euro je Tonne haben die Rohstoffbörsen in Deutschland schon zu Erntebeginn ein Hoch erreicht, wie in den letzten 25 Jahren nicht. Für Qualitätsweizen wird ein Aufschlag zwischen fünf und 15 Euro fällig, so dass die Brotgetreidepreise fast ein Drittel höher sind als im Vorjahr.

Mühlen unter Druck

Die Mühlen stehen bei diesem Preisniveau unter Druck, denn zu 80 Prozent bestimmt der Rohstoffeinkauf die Kostenstruktur. Bei einer Vermahlung von acht Millionen Tonnen Getreide macht eine Preissteigerung in Höhe von 50 Euro einen Mehraufwand für die Branche von 400 Millionen aus. Ob die Bäcker gestiegene Preise an den Verbraucher weiter geben werden, lässt Erling offen. Je nach Backware ist der Kostenanteil für den Rohstoff Mehl unterschiedlich groß und konkurriert mit anderen Kosten wie Lohn, Ladenmiete und Energie. Auf jeden Fall könnten die Mühlen die Kosten alleine nicht auffangen.
Die veränderte Bäckerlandschaft übt ebenfalls Druck auf die Mühlen aus. Den „guten Einzelbäcker“ gibt es kaum noch. Heute prägen Industriebäckereien, Backketten und Auftau-Automaten im Discounter die Brötchenlandschaft. Die Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel und der Strukturwandel im Bäckerhandwerk haben den Wettbewerbsdruck auf die Mühlen erhöht.
Sie selbst müssen auch mit steigenden Ausgaben für Löhne, Energie, Qualitätskontrolle sowie Logistik und Dokumentation kämpfen. „Die Gewinnmargen bei den Mühlen sind unzureichend“, so Erling. Die Zahl der Mühlen mit mehr als 500 Tonnen Jahresvermahlung hat in den letzten zehn Jahren jährlich um drei Prozent abgenommen. Eine Wende beim Strukturwandel ist nach Ansicht des VDM nicht in Sicht.

Düstere Aussichten

Der Blick über das Erntejahr 2012 zeigt keine Entspannung. Die Nachfrage nach Getreide steigt weltweit und verschärft die Konkurrenz um das Korn. Die Produktion folgt derzeit nicht. Während Getreidereserven für 90 Tage in der Vergangenheit normal waren, reichen sie aktuell nur noch 69 Tage. Den schärfsten Konkurrenten sieht Erling durch den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen. Zum einen verdrängt Mais den Weizenanbau, zum anderen werden Getreidekörner für die Ethanolherstellung genutzt, klagt der VDM. Es werden den Bauern zu leicht gemacht, Energiepflanzen anzubauen. Deren Anbau sei unkomplizierter, kostengünstiger und die Qualitätsansprüche nicht so hoch.

Lesestoff:

www.muehlen.org

Roland Krieg; Grafik und Foto: VDM

Zurück