Bürgerbeteiligung beim Stallbau

Landwirtschaft

Öffentlichkeit frühzeitig einbeziehen

„Stuttgart 21“ ist das Paradebeispiel dafür, dass die Kommunikation zwischen Bürgern und Planern nicht immer funktioniert. Die Menschen wollen mitreden, wenn ein Bahnhof, eine Windanlage oder auch ein Stall gebaut werden. Der Gesetzentwurf zur „Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren“ hat zum Ziel, die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung auf den neuesten Stand zu bringen. Ob das ausreicht, diskutierten Rechtsanwälte und der Deutsche Bauernverband unter Beteiligung der Edmund Rehwinkel-Stiftung in Berlin.

Der Gesetzentwurf formuliert im neuen Absatz 3 des Artikels 25: „Die Behörde wirkt darauf hin, dass der Träger bei der Planung von Vorhaben die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig unterrichtet.“ Laut Ministerialdirektor Dr. Heribert Schmitz aus dem Bundesinnenministerium stehen dabei drei Intentionen im Fokus: Die Öffentlichkeitsbeteiligung muss die richtigen Adressaten ansprechen, sie muss die Menschen beteiligen, bevor die rechtlichen Genehmigungen erteilt sind und sie muss die richtige Betroffenheit formulieren. So fühlen sich Menschen oft erst von der Planung einer neuen Stromtrasse betroffen, wenn neben ihrem Garten bereits der Strommast aufgestellt wird.

Schmitz wies darauf hin, dass die Behörde selbst die Planung öffentlich machen kann, wenn der Bauträger dies nicht tut. Große Firmen haben mittlerweile keine Scheu mehr, für ihre Großprojekte die betroffenen Nachbarn zu Informationsveranstaltungen einzuladen. Das neue Gesetz bezieht aber auch ausdrücklich die kleinen Betriebe ein. Also auch die Bauern, die einen neuen Stall planen.

Für Professor Bernhard Stüer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht mit Schwerpunkt Bau- und Fachplanungsrecht, steht die Kommunikation der Beteiligung im Vordergrund: „Man muss vorne anfangen.“ Das heißt, die Bürger sollen so früh wie möglich und mit allen Unterlagen über ein Bauvorhaben unterrichtet werden. Pläne könnten beispielsweise über das Internet unkompliziert und bequem öffentlich gemacht werden. Methodisch bieten sich "Runde Tische", Informationstage und Bürgerbefragungen an. Nach Stüer stehen formelle Verfahren aber nicht an erster Stelle. Die Planer müssen lernen, die Öffentlichkeit nicht als Gegner, sondern als Partner zu verstehen und müssen den Austausch lebendig gestalten.

Rechtsanwalt Professor Matthias Dombert von der Gesellschaft für Agrarrecht jedoch warnt: „Die verstärkte Öffentlichkeitsbeteiligung führt nicht zu mehr Rechtsgewinn.“ Aus seiner Praxis in Brandenburg zeigt sich, dass Genehmigungsverfahren durch eine Bürgerbeteiligung nicht beschleunigt werden und die Akzeptanz von Stallanlagen nicht steigt. Bürgerbeteiligungen hätten sich gewandelt. So könne der direkt betroffene Nachbar eines Stallbaus schon zufrieden sein, wenn die Geruchsemissionen durch Filtertechnik vermieden werden. Doch würden aus solchen „Nachbarwiderständen“ schnell Fälle von „gesellschaftlicher Interessenswahrnehmung“, wie es Dombert bezeichnet. Dann gehe es nicht mehr um den Geruchsfilter allein, sondern gleich um die Frage nach der Agrarstruktur. Wie sich allerdings dieses „gesellschaftspolitische Engagement“ von einem „juristischen Rechtssatz“ bei der Öffentlichkeitsbeteiligung unterscheiden lässt, blieb auch nach der Tagung offen.

Lesestoff:

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren“ (PlVereinhG) ist nachzulesen unter http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/096/1709666.pdf

Beitrag „Konflikten beim Stallbau aktiv begegnen“, Ausgabe 4/2012 der Fachzeitschrift „B&B Agrar - Die Zeitschrift für Bildung und Beratung", www.bub-agrar.de

Roland Krieg, www.aid.de

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