Bund mit Tierschutz zufrieden
Landwirtschaft
Tierschutzbericht 2015
Alle vier Jahre muss der Tierschutzbericht vorgelegt werden. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch dem 12. „Bericht über den Stand der Entwicklung des Tierschutzes“ zugestimmt.
Folgende Maßnahmen werden besonders erwähnt:
- Das Halten von Versuchstieren und die Durchführung von Tierversuchen wurden strenger reguliert.
- Bei Heimtieren müssen Händler Tierhaltern schriftliche Informationen über die wesentlichen Bedürfnisse des Tieres mitgeben.
- Spezielle Regelungen seit dem 14. August 2014 gibt es für die gewerbliche Kaninchenhaltung.
- Das wesentlich überarbeitete Säugetiergutachten regelt, wie Säugetiere zum Beispiel in Zoos artgerecht zu halten sind.
- Um unseriösem Tierhandel einen Riegel vorzuschieben, ist die entgeltliche Einfuhr von Wirbeltieren genehmigungspflichtig. Ebenso die gewerbsmäßige Ausbildung von Hunden, um Mindeststandards des Tierschutzes sicherzustellen.
- Das Schlachten von Tieren unterliegt national strengeren Regelungen. Seit dem 01. Januar 2013 gilt die neu gefasste Tierschutz-Schlachtverordnung.
- Ab 2019 sind zudem das betäubungslose Kastrieren von Ferkeln und der betäubungslose Schenkelbrand bei Pferden verboten.
Als Wegmarke gilt die Initiative „Eine Frage der Haltung – neue Wege für mehr Tierwohl“. Verbraucheraufklärung, der Kompetenzkreis Tierwohl und Schülerwettbewerbe flankieren Grundsatz der Freiwilligkeit der Wirtschaft. Dabei verweist das Ministerium auf die Branchen-„Initiative Tierwohl“.
Zweinutzungshuhn
Das Ministerium fördert mit 1,8 Millionen Euro das Forschungsverbundvorhaben „Integration von Mast und Eierproduktion bei Einsatz des Zweinutzungshuhns als Maßnahme zum Tierschutz“ (Integhof). Ziel des Projekts ist es, den Einsatz eines Zweinutzungshuhns sowohl für die Mast als auch für die Eierproduktion auf Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Derzeit gibt es keine Linien von Zweinutzungshühnern, die sich unter ökonomischen Gesichtspunkten für den breiten Einsatz für die Mast und die Eierproduktion eignen würden. Die gemeinsame Haltung beider Geschlechter des Zweinutzungshuhnes auf einem Betrieb erfordert ein neuartiges, integriertes, besonders tiergerechtes und nachhaltiges Haltungssystem für Mast- und Legehühner. Im Projekt Integhof soll dieses System durch unterschiedliche Expertenarbeitsgruppen geprüft und weiterentwickelt werden. Studien zu Praktikabilität, Wirtschaftlichkeit und Verbraucherakzeptanz begleiten die Arbeiten an dem neuen Haltungssystem. Auf den Ergebnissen aufbauend sollen schließlich Empfehlungen zu einer optimierten Haltung und Fütterung erarbeitet werden. Erst am Dienstag hat Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth dem Versuchsgut Ruthe der Tierärztlichen Hochschule Hannover einen Förderbescheid zugewiesen.
Noch mehr tun
Der Bericht zeigt nach Wilhelm Priesmeier, Sprecher der SPD-Arbeitsgemeinschaft Ernährung und Landwirtschaft, die Fortschritte der Jahre 2011 bis 2014. „Klar ist aber, dass sich die Bundesregierung nicht auf dem Erreichten ausruhen darf. Stattdessen müssen die Anstrengungen für den Tierschutz deutlich verstärkt werden.“. Vor allem im Nutztierbereich bestehe Handlungsbedarf. Das Nutztier-Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats zur Agrarpolitik sei wegweisend und müsse vom Bundeslandwirtschaftsministerium ernst genommen werden, fordert Priesmeier.
Freiwillig reicht nicht
Die Zufriedenheit über den Bericht im Ministerium finden Nicole Maisch und Friedrich Ostendorff (Sprecherin für Tierschutzpolitik und Sprecher für Agrarpolitik) „beschämend“. Das Ministerium setze EU-Vorgaben meist im unteren Bereich um, das Verbot von Pelzfarmen sei auf die lange Bank geschoben und beim Thema Tierversuche, ignoriere das Ministerium selbst die „laxen EU-Anforderungen“. Für den Nutztierbereich fordern Maisch und Ostendorff ein Ende der Qualzucht. Generell gelte: Freiwillige Vereinbarungen reichen nicht aus.“
In Planung
Zusammen mit Dänemark, den Niederlanden und Schweden wird Deutschland sich auf europäischer Ebene für Regelungen bei Nutztieren einsetzen, für die es bilang noch keine gibt. Für den Rest der Legislaturperiode in Deutschland sind in den Bereichen Putenhaltung und Milchviehhaltung keine gesetzlichen Regelungen mehr geplant, antwortet das Ministerium auf eine Anfrage der Grünen. Im Bereich der freiwilligen Vereinbarungen sei das Ministerium im Austausch mit der Wirtschaft bei den Themen Ausstieg beim Schwänze kupieren beim Schwein sowie über Maßnahmen gegen das nicht-schmerzfreie Enthornen. Für das Beenden des Schwanzbeißens sammeln verschiedene Demonstrationsbetriebe Erfahrungen. Möglichkeiten zur finanziellen Förderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) sehe das Ministerium nicht. Dafür unterstütze es das Tierschutz-Label des Deutschen Tierschutzbundes.
Vielfach fehlen Kriterien für das Messen von Tierwohl. Dazu gibt es zahlreiche Aktivitäten. Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) hat eine Schrift für die Eigenkontrolle herausgegeben [1]. Zahlreiche Projekte der Ressortforschung arbeiten daran. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist Projektträger für neue Forschung im Rahmen des BMEL-Innovationsprogramms. Ziel ist das Entwickeln von Indikatoren, die verlässlich und in der Praxis anwendbar sind. Das Ministerium betont, dass es dabei nicht nur um Tierschutzindikatoren geht. Den Grad des Tierschutzes können auch Management- oder Ressourcenbezogene Indikatoren angeben, die Rückschlüsse auf die Tiergesundheit zulassen. So lassen Schlachthofbefunde auf besonders aggressives Verhalten schließen.
Allerdings bleibt der von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt geprägte Begriff „freiwillige Verbindlichkeit“ weiterhin ohne Zeithorizont. Es soll zwar nach einiger Zeit, falls die Freiwilligkeit nicht greift, das Ordnungsrecht eingreifen – aber vom „Wann und Wie“ hat das Ministerium Abstand genommen. War zuvor auch schon mal von zwei Jahren die Rede, ist dieser Zeithorizont in der Antwort an die Grünen verloren gegangen. Die Bundesregierung „prüft oder unterstützt“ auch mit legislativen Maßnahmen. Ohne Zeitdruck ohne Auslösekriterium. Ohne Verbindlichkeit der Freiwilligkeit.
Lesestoff:
Den Tierschutzbericht finden Sie unter www.bmel.de
[1] KTBL-Schrift 507 „Tierschutzindikatoren – Vorschläge für die betriebliche Eigenkontrolle“, Darmstadt 2015 ISBN 978-3-945088-06-7 www.ktbl.de
Roland Krieg