BUND: Neuer Agrarminister muss Spielraum nutzen

Landwirtschaft

Agrar im Koalitionsvertrag: „Neue Regierung auf altem Kurs“

Einmal müssen die Bundesbürger noch wach werden. Am Samstag sind die SPD-Stimmen für oder gegen den Koalitionsvertrag ausgezählt. Die mögliche Koalition ist optimistisch: Sie hat für den Montag um 13:30 Uhr die Unterzeichnung des Koalitionsvertrages angesetzt. Am Samstag sollte inoffiziell auch das Kabinett durchsickern, das dann am Dienstag der Wahl der Kanzlerin vereidigt wird.

Dann können die Forderungen die neue Führung im Bundeslandwirtschaftsministerium auch persönlich adressiert werden. Der BUND hat diesen Donnerstag bereits seine Hoffnung verbreitet, dass die neue Ministerin oder der neue Minister die Schwachstellen im Koalitionsvertrag ausbügeln kann.

Neue Aufgaben

Denn im Agrarbereich hält die Koalition an Bewährtem fest. Oder, wie es Maria Heubuch, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) formulierte: „Die neue Regierung hält am alten Kurs fest!“

Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, zählt die Schwachstellen auf: Die aktuelle Fortführung der Agrarpolitik gefährdet die Biodiversität, hat alle Feldvögel auf die rote Liste gesetzt [1], führt bundesweit zu einem Grünlandverlust von durchschnittlich vier Prozent im Jahr und forciert Wind- und Wassererosion. Der fortschreitende Strukturwandel setzt die bäuerlichen Betriebe ebenfalls auf die Rote Liste, so Prof. Weiger. Undifferenziert bleibt die neue „Tierwohl-Offensive“ im Koalitionsvertrag, die sich nur über einige zusätzliche Quadratzentimeter Fläche definiere.

Das geht einher mit der gewollten Exportstruktur der Agrarwirtschaft, ergänzt Maria Heubuch. Die Exportorientierung fördere die Integration der landwirtschaftlichen Betriebe in internationale Wertschöpfungsketten, die Futter importieren, hier veredeln und Edelstücke wieder exportieren. Mit zu hohen Tierschutzstandards funktioniere das nicht. Das sei der eigentliche Skandal, dass Höfe, Arbeitsplätze und Landschaftsstrukturen verschwinden. Heubuch forderte die Koalition auf, ein klares Tierschutzgesetz zu formulieren.

Der einzige Lichtblick im Vertrag sei die Bündelung der Aufgaben in einer neuen Gemeinschaftsaufgabe ländlicher Raum, die Chancen für die Stärkung des regionalen Handwerks bieten.

Der Abschluss der Gemeinsamen Agrarpolitik ist für die AbL zu wenig. Vor allem die Bundesländer mit grünen Agrarministerien freuten sich über neue Gelder. Doch diese Umverteilung auf die ersten Hektare sei über den Verzicht auf Kappung und Degression bei den großen Betrieben erkauft. Ob die einzelnen Betriebe „Tausend Euro“ mehr erhalten, entscheide nicht über deren Zukunftsfähigkeit, erläuterte Heubuch gegenüber Herd-und-Hof.de.

Es fehle noch immer an ein Leitbild, welche Landwirtschaft gefördert werden soll; die eingebettet im ländlichen Raum Werte schafft und Ressourcen schont.

Doppelrolle der SPD

Für den Bundestag hat sich die SPD an die Union gebunden. Ganz anders sieht das im Bundesrat aus. SPD und CDU/CSU führen insgesamt 15 Bundesländer – doch aktuell sind fünf SPD-Länder mit grünen Landwirtschaftsministerien vertreten. Prof. Weiger hofft über Druck dieser „G-Länder“ auf eine Agrar-Opposition im Bundesrat – doch bleibt offen, wie lange der Wunsch, im Bundesrat Opposition sein zu wollen und im Bundestag Koalition sein zu müssen, die SPD zusammenhält.

Demo in die Fläche bringen

BUND und AbL kritisieren auch die fehlenden Verzichtsaussagen zur grünen Gentechnik. Die EU stehe kurz vor der Zulassung einer neuen Maissorte, die dann auch wieder angebaut werden kann. Die Agraropposition werde die Aussaat begleiten und wird auf ihrer mittlerweile traditionellen Demo „Wir haben es satt“ zu Beginn der Internationalen Grünen Woche, den Protest auch in die Fläche bringen. Es wird nicht nur in der Berliner Innenstadt demonstriert, sondern auch in Sachsen und in Haßleben in Brandenburg.

Lesestoff:

Reaktionen zum Koalitionsvertrag

[1] Agrarvögel zeigen aktuell einen verstärkten Rückgang der Biodiversität in den Agrargebieten an. Als Hauptursachen wurden aktuelle Nutzungsintensivierungen und der zunehmende Anbau von Energiepflanzen, besonders Mais, identifiziert. Die bisherigen Naturschutzmaßnahmen sind nicht ausreichend, um die Biodiversität zu erhalten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Julius-Kühn-Instituts, die von der Fachgruppe „Vögel in der Agrarlandschaft“ zusammengetragen wurde. Für die Erreichung der EU-Biodiversitätsziele 2020 müssten Flächen mit „besonders hohen Habitatwertigkeiten“ etabliert werden: Jörg Hoffmann (Hrsg.) (2013). Agrarvögel – ökologische Bewertungsgrundlage für Biodiversitätsziele in Ackerbaugebieten. Julius-Kühn-Archiv 442: 160 S. Download des Publikation unter: http://pub.jki.bund.de/index.php/JKA/issue/current

Demo am 18. Januar 2014: www.wir-haben-es-satt.de

Roland Krieg

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