Bundesweites Kartoffelmarketing
Landwirtschaft
Kartoffelmarketinggesellschaft nimmt Arbeit auf
Jeder Landwirt, der Speisekartoffeln anbaut, kennt die missliche Lage. Die frischen Knollen haben Marktanteile verloren, ein starker internationaler Wettbewerb erschwert die Verkäufe und schließlich gibt es eine starke Konkurrenz durch Pasta oder Reis. Pessimistische Reaktionen wie aufgeben sind nach Mitteilung des Landvolk-Pressedienstes für Niedersachsen als Deutschlands Kartoffelerzeuger Nr. 1 nicht zufriedenstellend. Das Landvolk Niedersachsen hat daher stellvertretend für den Deutschen Bauernverband und seine Landesverbände mit dem Deutschen Kartoffelhandelsverband und der Bundesvereinigung der Erzeugergemeinschaften Kartoffeln die bundesweite Kartoffelmarketing GmbH ins Leben gerufen. Sie vertritt etwa 85 Prozent der deutschen Speisekartoffelwirtschaft und setzt damit ein kraftvolles Zeichen. Dieses „Bündnis der Kartoffelprofis“ hat eine Kernbotschaft zur frischen Speisekartoffel entwickelt: Die Kartoffel ist ein heimisches Produkt, lecker, vielseitig, gesund und sicher.
Diese Botschaft soll in erster Linie Personen um die
„30“ und junge Familien erreichen. In dieser Zielgruppe wird noch viel
Potenzial gesehen, um eine höhere Wertschätzung für die frische Speisekartoffel
zu entwickeln. Die Kommunikationsstrategie wird zurzeit erarbeitet. Ab dem 1.
Juli werden von den Speisekartoffelanbauern sowie den Packbetrieben die
entsprechenden Finanzmittel aufgebracht. Die Zahlung soll mit der kommenden
Ernte beginnen. Alle Initiatoren und Interessenten aus der Speiskartoffelbranche
hoffen darauf, dass mit dieser freiwilligen Aktion ausreichend Geld in den Topf
kommt, um mit der bereits begonnenen Arbeit des Vorläufermodells „Die Kartoffel
– voll lecker“ fortfahren zu können. Die Initiative möchte vor allem über soziale
Medien aktiv werden, um die junge Zielgruppe zu erreichen. Sie will mit der
Neuentdeckung der Kartoffel den Zeitgeist treffen und Geschmack auf ein
vielseitiges Produkt machen.
MV fördert Kartoffel regional
Die Kartoffel hat in Deutschland verliert trotz kleiner Renaissance in den Küchen weiter an Boden. Der Verbrauch sank von 74 Kilogramm im Jahr 2005 auf 57 Kilo im letzten Jahr. Gleichzeitig hat die Kartoffelproduktion in den Entwicklungsländern aufgeholt und die Produktion der Industrieländer von 156 Millionen Tonnen mit 162 Millionen Tonnen erstmals überholt. Grund sind niedrigere Arbeits- und Produktionskosten, sowie der liberalisierte Welthandel für neue Vermarktungschancen der neuen Kartoffelländer.
Mecklenburg-Vorpommern liegt mit 479.000 Tonnen Kartoffeln auf Platz fünf der Bundesländer und bei der Erzeugung von Pflanzkartoffeln auf Platz zwei hinter Niedersachsen. Dennoch hat der Anbau der Kartoffel an Popularität verloren. Wurden die Erdknollen zur Jahrtausendwende noch auf 16.200 Hektar angebaut, sind es derzeit nur noch 12.000 ha. „Grund für diese Entwicklung sind die schlechten Preise“, sagt Agrarminister Dr. Till Backhaus. „Bei Preisen von sieben Euro je Doppelzentner lohnt sich der Kartoffelanbau kaum noch. Wir müssen uns daher als Verbraucher die Frage stellen: Wollen wir Kartoffeln, die über den halben Globus transportiert wurden, oder wollen wir die heimische Landwirtschaft stärken?“
Das Bundesland hat seit 1991 die heimische Kartoffelwirtschaft über die Marktstrukturförderung mit insgesamt 93 Millionen Euro und in der gesamten Kette von der Verarbeitungsindustrie, über Lagerung und Aufbereitung von Speise- und Pflanzkartoffeln ein Investitionsvolumen von 245 Millionen Euro ausgelöst. Des Weiteren werden Vermehrungsbetriebe bei der Vergabe von Landesflächen berücksichtigt, Erzeugergemeinschaften gefördert, in Gülzow die Feldversuche weiter geführt und bei der Landessortenanstalt die Sorten- und Fruchtfolgeversuche.
Lohnen sich Frühkartoffeln?
Ab Mitte Juni werden deutsche Frühkartoffeln abgesetzt. Die Preise liegen nicht immer so niedrig, sie können auch schon mal um die 80 Euro je dt betragen. Dann wird der Anbau nicht unattraktiv. Der Frühkartoffelmarkt beginnt mit der Ernte aus Zypern und Nordafrika, ab Mitte Mai kommen die Südeuropäer, die mit dem Einzelhandel Verträge abgeschlossen haben.
Mit technischem Fortschritt bei der Lagerung kommt zudem alterntige Ware aus dem Vorjahr auf den Markt. Dennoch sind die Preisvorhersagen alles andere als präzise. Ägypten verkauft seine Ware oft über Italien nach Deutschland und hat einen größeren Einfluss auf den Preis als die alterntige Kühllagerware aus Frankreich oder den Niederlanden. Den stärksten Zusammenhang zum deutschen Frühkartoffelpreis weist Thies Böttcher von der Universität Göttingen [1] der Gesamternte des Vorjahres zu. Wer wissen will, wie sich der Frühkartoffelpreis entwickelt, sollte das Drittlandsangebot in der 24. Kalenderwoche im Auge behalten und die „Pünktlichkeit“ der deutschen Ernte. Da die Knollen dann aber schon längst in der Erde sind, bleibt der Fokus beim Frühkartoffelanbau auf dem Witterungsverlauf. Immer wieder jährlich neu.
Lesestoff:
[1] Böttcher, Thies: Einflüsse auf den deutschen Speisefrühkartoffelmarkt; Kartoffelbau 11.05.2015
Roland Krieg, VLE; Foto: roRo