„Bunte-Meter-Heldin“ Barbara Hendricks
Landwirtschaft
Futter für den Stieglitz im urbanen Raum
Landwirte kennen den Begriff Nutzungsdruck. Ein Hektar kann nur einmal beansprucht werden: Für den Ackerbauern, als Grünland für den Viehhalter, für eine Gewerbefläche oder ein Naturschutzgebiet. Interessenskonflikte gibt es aber zunehmend auch in der Stadt: Straße, Schule, Wohnhaus oder Park? Jeder einzelne Meter erschließt Nutzungslücken, wie das Anlegen von Bienenweiden auf Balkonen und Terrassen.
Der Vogel des Jahres
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) geht in die Lücke und setzt sich für den Artenschutz im urbanen Raum ein. Carduelis carduelis ist der Vogel des Jahres. Ein wahrer „bunter Vogel“ mit rotem Gesicht und gelbem Federstreifen auf den Flügeln, den die meisten gar nicht zu Gesicht bekommen. Strukturarme Landschaften und die Bebauung von Brachflächen rauben dem Diestelfink, wie er auch genannt wird, den ländlichen Lebensraum. Er weicht in Siedlungsgebiete aus und zwitschert auch in Berlin. Im slawischen Sprachraum wird der Stieglitz zum „Steglitz“. Hoppla. Das ist doch der Berliner Stadtteil im Südwesten? Und tatsächlich bezeichnete Steglitz einmal den Raum, wo es Stieglitze gibt. Ein echter Berliner also.
Meterweise Natur
Die Hauptstadt hat zwar jede Menge „Grün“, könnte aber den Naturraum lebendiger gestalten. Das Projekt „Bunte Meter“ macht es vor. Was in den Agrarräumen der Blühsteifen ist, sollen in der Stadt die „Bunten Meter“ sein. Dazu werden bunte Wildpflanzenmischungen mit zahlreichen Wildkräutern ausgesät. Wer in Deutschland einen „Bunten Meter“ anlegt, der kann das an den Nabu melden.
Zwischen März und Oktober wird eine spezielle Stieglitz-Mischung aus Echtem Mädesüß, der Gemeinen Schafgarbe, Wiesensauerampfer, Wilder Möhre oder Fuchsschwanz ausgesät. Bei Temperaturen im einstelligen Bereich und stürmischen Regen beteiligte sich am Dienstagmorgen auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks als „Bunte-Meter-Heldin“. Zusammen mit den Kids der Kita „Menschenskinder“ in Berlin-Friedrichshain säte sie selbst die Mischung aus. Zwischen Plattenbauten und Karl-Marx-Allee hat Gartenleiterin Martina Peters ein Refugium mit den und für die Kleinen umgesetzt. Es gibt eine Zusammenarbeit mit der Bildungsinitiative der Humboldt-Universität Berlin.
Im Talk mit den Kids fachsimpelte die Ministerin über die Bedeutung der Vögel für die Menschen und die Stadt. Zusammen mit Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller fügte Hendricks 15 Quadratmeter den bislang 220.000 Metern „bunte Fläche“ hinzu. „Solche Flächen sind wie auf dem Land, wichtig für die Stadt“, erklärte Hendricks.
Die neuen Samen sind ein Teil des großen direkten Nahrungsspektrums des Stieglitz´. Die Pflanzen helfen aber auch der Insektenpopulation, die wiederum anderen Vögeln als Nahrung dient.
Lesestoff:
Roland Krieg; Fotos: Stieglitze: RSPB-Images.com/Laurie Campbell; Hendricks: roRo