Bunte Themen beim Agrarrat in Luxemburg
Landwirtschaft
Agrarrat im Oktober in Luxemburg
Ein volles Programm hatte der zweitägige EU-Rat der Agrarminister. Am Montag standen Fischerei, die GAP und Marktstandards im Vordergrund.
Fischerei
Die Fischerei ist seit dem Brexit neben den Bestandsdiskussionen auch politisch ein heißes Thema. Britische und französische Fischerei gerieten schon früher im Jahr in Streit. Ende September verweigerte die zu Großbritannien gehörende Kanalinsel Jersey französischen Fischern ihre Lizenz. Jersey hatte in diesem Jahr zwar 95 zusätzliche Lizenzen für den britischen Teil des Ärmelkanals vergeben, hat aber kurzfristig 75 Anträge verweigert. Die Franzosen haben Prüfung und Vergeltungsmaßnahmen angekündigt.
Unter diesem Tagespunkt äußerten die Mitgliedsstaaten, wie auch Deutschland, Verständnis für die Position Frankreichs und hoffen, dass der Streit bald ausgeräumt werden kann. Das Fischereiabkommen mit Großbritannien gilt als wichtiges Element des Brexitabkommens. Zwischen 2021 und 2026 werden die im Abkommen festgelegten europäischen Fangquoten zu 25 Prozent an britische Fischer übertragen. Die EU hält an dem Nachhaltigen Maximalertrag (MSY) nach Bestandsabschätzung fest. Die Verteilung der Fangquoten 2022 für den Atlantik soll mit London bis zum 10. Dezember festgelegt werden, so dass der Agrarrat sie auf seiner letzten Tagung Mitte Dezember beschließen kann.
Im Oktober und November finden ebenfalls Verhandlungen über Fangquoten mit Norwegen statt. Seit dem Brexit wird es schwieriger, weil Norwegen die Ergebnisse in trilateralen Gesprächen mit Großbritannien verhandeln will. Mit dem Brexit gibt es jetzt drei Fischereipartner, die sich die Fänge in gemeinsamen Meeresregionen aufteilen müssen. Auch die Norweger müssen Fangrechte an die Briten abgeben.
Für das internationale Treffen zur Bewahrung des atlantischen Thunfisches Mitte November haben sich die EU-Länder abgestimmt. Seit 1986 ist die EU Mitglied in der International Commission for the Conservation of Atlantiv Tunas (ICCAT).
Überfischung
Eine engere Orientierung an den wissenschaftlichen Bestandsschätzungen wird von Wissenschaftler wie Christian Möllmann vom Institut für Marine Ökosysteme und Fischereiwissenschaften (IMF) an der Universität Hamburg empfohlen [1]. Die Überfischung wirkt sich nach einer neuen Studie aber nicht nur auf die Bestände aus. Fischkot sinkt mit einer Geschwindigkeit von rund 1.000 Meter pro Tag zum Meeresgrund und bindet Kohlendioxid langfristig im Meer [2]. Industrielle Fischerei unterbricht diesen Kreislauf und wirkt daher auch negativ auf die Funktion des Meeres als Kohlenstoffspeicher. In Ozeanen ist rund 45 Mal mehr CO2 als in der Atmosphäre gespeichert. Seit den 1990er Jahren hat sich die zum Meeresgrund sinkende Menge an Fischfäkalien halbiert.
Auch wenn die Methodik der Studie als solide bezeichnet wird, ist die Ausgangslage als Referenzbezug fragil. Zudem bezieht sich die Funktion der Ozeane als Netto-Kohlenstoffsenke nach Umweltwissenschaftler Nicolas Gruber von der ETH Zürich nur auf das chemisch-physikalisch gelöste Kohlendioxid im Meereswasser. Phyto- und Zooplankton sind global gesehen ausbalanciert. Dennoch zeigt die Studie „menschliche Einflussfaktoren auf marine Ökosysteme auf, die intuitiv nicht sofort offensichtlich sind“, sagt die Ozeanografin Sinnika Lennartz von der Universität Oldenburg. Klimawandel zu der Studie. Überfischung und Klimawandel sollten daher nicht voneinander getrennt betrachtet werden.
Ostseequoten
Geeinigt haben sich die Agrarminister mehrheitlich gegen die Stimmen aus Deutschland und Irland auf die Fangquoten für die Ostseefischerei. Bei Scholle und Sprotte sowie dem Lachs aus dem Finnischen Meerbusen wurden die Quoten jeweils angehoben. Beim Lachs aus dem Hauptbecken der Ostsee wurde die Quote um 32 Prozent auf 63.811 Tonnen gegenüber 2021 reduziert.
Die Problembestände in der Ostsee sind Hering und Dorsch. Der Rat folgte am Dienstag den Kommissionsvorschlägen und gestattet den Fischern aus dem westlichen Bestand lediglich 788 Tonnen als Beifang zu. Die Quote für den Hering aus den zentralen Fischereizonen wurde um 45 Prozent auf 55.653 Tonnen gekürzt. In den Fischereizonen vor Riga und Finnland wurden die Quoten erhöht.
Der östliche Dorschbestand darf nicht mehr befischt werden. Die erlaubte Beifangmenge wird bei 595 Tonnen festgesetzt. Das gleiche gilt für den westlichen Dorsch mit einer maximalen Beifangmenge von 489 Tonnen.
Insgesamt sind bei für die Ostseefischerei weitere Einschnitte vorgenommen. Abweichungen zwischen Kommission und Rat befinden sich innerhalb des vom Internationalen Rates zur Meeresforschung (ICES) angegebenen Spanne.
Deutschland hatte sich für eine Verschiebung der Festlegung auf die Fangquote für den westlichen Hering auf den Dezemberrat eingesetzt. Die Bundesregierung spricht sich für eine Zusammenlegung der Managementgebiete Ostsee und Kattegat/Skagerrak aus. Während für die Ostsee drastische Einschnitte verabschiedet werden, dürfe der Hering im nördlichen Seegebiet weiter abgefischt werden. „Das sei kein ganzheitlicher Ansatz“, heißt es beim Ministerium. „Dies hat bereits zu einer dramatischen einseitigen Überfischung geführt. Hier steht die Zukunft unserer Fischerei und des Bestandes auf dem Spiel. Wir erwarten, dass im Sinne der Nachhaltigkeit der Bestand als Ganzes betrachtet und bewirtschaftet wird. Leider war dies im Rat nicht zu erreichen. Es kann nicht sein, dass unsere Ostseefischer erneut drastische Einschnitte hinnehmen müssen, aber der Bestand weiter nördlich abgefischt wird“, sagte die Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Beate Kasch. Der Bestand könne sich nur erholen, wenn in beiden Seegebieten die gleichen Maßstäbe angewandt werden. Zwar hat sich kein anderes EU-Mitgliedsland für eine Verschiebung der Quotenfestlegung auf den Dezember eingesetzt, doch zusammen mit Irland hat Deutschland der Quotenverteilung für das Jahr 2022 nicht zugestimmt.
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat die deutsche Ostseefischerei zu einem Runden Tisch eingeladen, um gemeinsam mit der Branche und weiteren Beteiligten Lösungen zur Existenzsicherung auszuarbeiten. „Organisatorische Einzelheiten sowie das Format werden nun geklärt“, teilt ein Sprecher gegenüber Herd-und-Hof.de mit.
Freizeitangler: Ein Dorsch pro Tag
Nicht nur die Berufsfischerei ist betroffen. Freizeitangler dürfen ab 2022 nur noch einen Dorsch am Tag fangen. Das gefährdet nach Till Backhaus, Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern, die Anbieter von Angeltouren. Der ICES hatte für die Freizeitangler auch ein totales Fangverbot für den Lachs in der mittleren und westlichen Ostsee vorgeschlagen. Immerhin dürfen Trolling- (Schleppangeln) und Küstenangler pro Tag einen Lachs fangen, sofern es sich um einen markierten Fisch aus künstlicher Aufzucht handelt.
Backhaus hatte auf eine Verschiebung der Heringsquote gesetzt und zeigte sich entsetzt: Die „EU beerdigt Dorsch- und Heringsfischerei in der westlichen Ostsee.“ Die Zusammenlegung der Fischereigebiete hätte die einseitigen Lasten gegenüber der deutschen Fischerei beenden können. Nach Backhaus scheitert das an den Konzessionen an die Norweger im Seegebiet 3a.
Das BMEL will auch 2022 die zeitweise Stilllegung von Fischereifahrzeugen fördern und Fördermaßnahmen für die Anschaffung von selektiven Fangnetzen in der Schollenfischerei anpassen. Außerdem sind weitere Abwrackprämien im Gespräch.
Staatssekretärin Dorit Kuhnt aus dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Umwelt und Digitalisierung in Schleswig-Holstein hält die Reduzierung der Fangquote für „notwendig, um eine nachhaltige Erholung zu ermöglichen. Gleichzeitig müssen wir unseren Betrieben und ihren Familien Perspektiven geben, damit sie auch in Zukunft mit der Fischerei ihren Unterhalt sichern können.“ Die Entscheidung sei angesichts der wissenschaftlichen Expertise nicht überraschend. Das Zugeständnis Dorsch und Hering über den Beifang anzulanden bedeute, dass die Fischerei nicht ganz eingestellt werden müsse und die Fischerei auf andere Arten wie der Scholle weiterhin möglich bleibt. Kiel hatte zusammen mit Schwerin das BMEL zur Gründung eines Runden Tisches aufgefordert.
Gemeinsame Agrarpolitik
Der aktuelle Vorsitzende des Agrarrates, Jože Podgoršek aus Slowenien, sicherte am Montag den Mitgliedsländern den engen Zeitplan für die Formulierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und die Befassung der nationalen Umsetzungspläne zu. Zur Herbstaussaat hätten die Landwirte alle notwendigen Informationen. Agrar-Kommissar Janusz Wojciechowski hält am 31. Dezember als finalen Termin nicht generell fest. Fehlende Elemente könnten auch darüber hinaus noch nachgereicht werden. Damit die Länder die eingeforderte Transparenz für den Binnenmarkt erhalten, sollen die nationalen Umsetzungspläne Anfang 2022 veröffentlicht werden. Drei Monate später will die Kommission die Reaktionen darauf veröffentlichen. Erneut betonte Wojciechowski, dass die Strategie „From Farm to Fork“ kein rechtsverbindliches Dokument sei.
Der Schweinemarkt
19 von 27 EU-Ländern haben unter belgischer Leitung auf die Nöte der europäischen Schweinehalter hingewiesen. Die Schlachtpreise sind europaweit gegenüber dem Vorjahr um 7,2 Prozent eingebrochen und waren bereits wegen des Risikos der Afrikanischen Schweinepest und den Schließungen der Gastronomie während der Lockdowns auf niedrigem Niveau. Die Futterkosten haben den höchsten Wert seit acht Jahren erreicht. Exporte nach China wurden durch andere Regionen substituiert und Kleinbauern in Europa leiden extrem durch die europäische Überproduktion. Ein vorgelegtes Positionspapier fordert die Kommission zur Prüfung von Hilfen im Rahmen der Gemeinsamen Marktordnung an. Beliebt in der EU ist die Förderung der privaten Lagerhaltung. Bei Janusz Wojciechowski stießen die Länder auf Granit. Die private Lagerhaltung verschiebe das Preisproblem nur nach hinten und Hilfen durch die EU würden den Anpassungsprozess der Branche nur verzögern. Regionale Hilfen wären sinnvoller.
Hoffen auf Deutschland
Am Dienstag haben das Landvolk Niedersachsen und der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) sich entsprechend an das BMEL gewandt. Bislang hatten sich beide Verbände gegen eine Umstrukturierungsprämie ausgesprochen. Jetzt habe sich die Situation auf den Betrieben allerdings so zugespitzt, dass sie der Verankerung einer Umstrukturierungsprämie oder Umstrukturierungsentschädigung im Borchert-Plan zum Umbau der Tierhaltung einfordern. Das ist eine Ausstiegsprämie für die Betriebe, die wegen Flächenknappheit, mangelndem Kapital oder ungünstigem Betriebsstandort einen Umbau nicht bewerkstelligen können. In den beiden Bundesländern werden rund 15 der 25 Millionen Schweine und Ferkel in Deutschland gehalten. Allein in Niedersachsen haben innerhalb von zwei Jahren 700 Betriebe aufgehört. Damit die Betriebe eine Perspektive haben, die Verbraucher auch gezielt erkennen können, fordern sie die 5D-Kennzeichnung von Schweinefleisch: „Geburt, Aufzucht, Mast, Schlachtung und Verarbeitung in Deutschland“.
Verlängerung staatlicher Agrarhilfe
Kroatien und Ungarn haben federführend für elf weitere Länder eine Verlängerung staatlicher Hilfen im Agrarsektor bis zum 31. Dezember 2022 eingefordert. Die Basis für diese Hilfe wurde am 19. März 2020 gelegt und erlaubt eine flexible Unterstützung der Förderung während der Pandemie. Aktuell endet die Pandemiehilfe am 31. Dezember 2021. Die Kommission versprach eine Verlängerung mindestens bis zum 30. Juni 2022 und wird neue Investitionsprogramme und Liquiditätshilfen vorstellen.
Steigende Betriebsmittelkosten
Die steigenden Energiepreise belasten die Landwirte auch über steigende Preise von Düngemitteln. Die polnische Delegation stellte einen Zusammenhang mit verringerter Gaslieferung der russischen Gazprom her und beschrieb einen Anstieg der Düngemittelpreise von 79,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Stickstoffdünger haben sich im Preis verdoppelt. Für den Ackerbau stelle das ein existenzielles Problem dar und gefährde den Green Deal, bei dem keine Region zurückgelassen werden dürfe. Zudem konterkarieren die Energiepreise über den Ackerbau das Ziel der Versorgungssicherheit in der EU und die Umsetzung der Strategie From Farm to Fork. Es gebe zwar die Möglichkeit Lebensmittel mit geringerer Qualität aus Drittstaaten zu importieren, was aber nicht im Interesse der EU sein dürfte. Die EU müsse die Preise für Dünger und Lebensmittel stabil halten, den Landwirten Soforthilfe geben und langfristig eine ausreichende Pflanzenproduktion in der EU sicher stellen
Neue Forststrategie – Alte Ängste
Der Anfang Oktober vom Europäischen Rechnungshof vorgestellte Sonderbericht über die „EU-Förderung für biologische Vielfalt und Anpassung an den Klimawandel in den Wäldern der EU“ ist eindeutig: „Die Waldfläche in der EU hat sich in den vergangenen 30 Jahren vergrößert, doch der Zustand der Wälder verschlechtert sich.“ Eine Analyse für die Zeit zwischen 2014 bis 2020 zeigt, dass „dort, wo die EU uneingeschränkt zuständig ist, entschiedenere Maßnahmen zum Schutz der Wälder hätte ergreifen können.“ Die Wälder sind multifunktional als Kohlenstoffsenke und damit zur Abfederung des Klimawandels. Die Europäische Kommission könne zusammen mit den Ländern Maßnahmen für die Förderung widerstandsfähiger Wälder ergreifen.
Am 16. Juli hat die Kommission ihre Waldstrategie 2030 vorgestellt. Ebenfalls Anfang Oktober trafen sich die Forstminister der EU-Länder in Wien und verabschiedeten die „Wiener Erklärung zur EU-Forststrategie 2030“. Die Minister kommen zu einem anderen Ergebnis und beschreiben, dass sich die meisten Parameter für einen gesunden Wald verbessert haben. 14 Millionen Hektar Wald sind in der EU hinzugekommen, seit 1990 hat sich der Holzvorrat in den Wäldern auf 8,3 Milliarden Kubikmeter Holz erhöht. Die Waldbesitzer fahren bereits eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und stehen im weltweiten Wettbewerb. Sollte die Gesellschaft spezielle Ökosystemleistungen verlangen, müsse sie dafür bezahlen. Brüssel müsse die regionalen Kompetenzen für die Waldbewirtschaftung berücksichtigen.
Zu Beginn der Diskussion im Agrarrat sagte Agrarkommissar Janusz Wojciechowski, dass die Forststrategie ein Aushängeschild für den Green Deal sei, aber durch Waldbrände, Schädlinge und den Klimawandel bedroht ist. Mehr Daten über den Waldbau könnten die forstbasierte Bioökonomie durch Anreize und Förderung über die GAP stärken. Damit können „Nicht-Holz-Produkte“ wie der Tourismus und Ökosystemdienstleistungen finanziert werden. Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius ergänzt, dass die Strategie zur Biodiversität 2030 und das Klimapaket „Fit for 55“ [3] den Wald in ihren Fokus rücken und das Prinzip der Subsidiarität gewahrt bleibt. Eine neue Forstgovernance soll Brücken zwischen den verschiedenen wirtschaftlichen und Umweltinteressen schlagen.
Doch die Länder bleiben skeptisch. Julia Klöckner verwies am Dienstag auf die „Wiener Erklärung“, die einer Verlagerung der Holzernte ins Ausland vorbeuge. Die Einkommenssicherung der Waldbesitzer müsse gesichert sein und die Länder förderten ihre Wälder standortangepasst. Dort müssen die Entscheidungen gefällt werden. Das hat sie nicht nur mit dem schwedischen Staatssekretär Per Callenberg gemeinsam. Die Länder sind in umfangreiche Berichtspflichten, wie der FAO, eingebunden und führen regelmäßige Waldinventuren durch. Daten gebe es genug und es brauche keine Planung auf EU-Ebene. Jari Läppa, Forstminister aus Finnland, betont, es gibt in den EU-Verträgen keine Rechtsgrundlage für eine europäische Waldpolitik und der Ständige Repräsentant Österreichs bei der EU, Gregor Schusterschitz, verwies auf den „österreichischen Walddialog“, der für den Ausgleich der verschiedenen Interessen am Wald eingerichtet wurde.
Die Kommission hat es schwer. Auch wenn zum Abschluss Wojciechowski die Wahrung der Subsidiarität wiederholt und auf bestehende EU-Regelungen mit Holzbezug wie der Energiedirektive II (RED II), der Nitratverordnung, der veränderten Flächennutzung und der Holz-Verordnung verweist. Sinkevičius ermahnt die Minister, das Silodenken zu überwinden. Es sei Zeit, den nächsten Schritt für die Wälder zu unternehmen. Wenn es jetzt nicht gelänge, die Wälder zu einem Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel zu machen, werde Europa die Wälder verlieren. Der Kommissar verwehrte sich gegen die auch in der „Wiener Erklärung“ hinterlegte Botschaft, die Kommission habe die Mitgliedsländer nicht in die Formulierung der Forststrategie einbezogen. Beide Kommissare haben vielfach Länder besucht, 19.000 Konsultationen aus den Ländern einbezogen und mit Waldbesitzern gesprochen.
Im November will der Agrarrat über die Forststrategie entscheiden.
Tierschutzregulierung
Unter der Federführung Dänemarks haben ich Belgien, Deutschland, die Niederlande und Schweden für mehr Tierschutz in der EU ausgesprochen. Es besteht die Notwendigkeit, die Tierschutzregulierungen mit einer Überarbeitung auch zusammenzufassen und auf neueste wissenschaftliche Fundamente zu stellen. Die erfolgreiche Bürgerinitiative „End of cage“ sei zu unterstützen. Die neue Gesetzesvorlage müsse dort Lücken schließen, wo, wie bei Puten, noch keine Regelungen vorhanden sind. Schlachtung und Tiertransport sollen ebenfalls in die Gesetze aufgenommen werden, wie auch Haustiere. Die Staatssekretärin Beate Kasch forderte die Länder auf, ein gemeinsames Positionspapier zu erstellen. So ungeteilt ist die Ansicht aber nicht. Der ungarische Landwirtschaftsminister István Nagy bezieht sich auf die Unterschiede in der Tierhaltung zwischen den Mitgliedsländern. Weitere gesetzliche Regelungen werden Tierhalter belasten. Vor allem, wenn Drittstaatenimporte mit geringeren Haltungsstandards in die EU kommen. Nagy forderte eine umfassende Folgenabschätzung, bevor das Gesetzespaket verabschiedet wird. Wojciechowski führte aus, dass aktuell eine Umfrage bei den Mitgliedsstaaten laufe. Am 09. Dezember gibt es eine Stakeholder-Konferenz und die Kommission plane eine öffentliche Konsultation zu dem Thema.
Fit for 55
Das neue Klimapaket mit höheren Anforderungen bei der Reduzierung von Treibhausgasen und dem Ziel der Klimaneutralität in der Land- und Forstwirtschaft bis 2035 helfe der EU, ihre Klimaziele zu erreichen und schaffe Arbeitsplätze. Für Wojciechowski ist der Plan klar. Land- und Forstwirtschaft sind Kohlenstoffsenken und bieten mit der Nutzung von Biomasse einen Beitrag für den Einsatz erneuerbarer Energien. Sofern sie nachhaltig erzeugt werden. Die Erneuerung der Lastenverteilungsverordnung [4] berücksichtige die unterschiedlichen Länderniveaus.
Deutschland prüft derzeit die einzelnen Schritte, erklärte Kasch. Die Bundesregierung setzt auf einen Instrumentenmix, wie dem Humusaufbau, der Wiedervernässung von Mooren, Holznutzung und Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Über die GAP sollen weitere Anreize geschaffen werden.
Skeptisch sind vor allem die osteuropäischen Länder. Agrarminister Ryszard Bartosik aus Polen empfindet das Klimapaket als sehr ehrgeizig. Präzisionslandwirtschaft, die Einführung von Landnutzungen mit weniger CO2-Einsatz und die Nutzung von Biomasse sind überlegungswürdige Alternativen, die finanziell gefördert werden müssten. Doch die Auflagen dürften bei den Landwirten keine zusätzlichen Kosten erzeugen und die Ernährungssicherheit n der EU müsse gesichert bleiben. Bei der Nutzung von Biomasse gehe der Vorschlag für eine Begrenzung zu weit. Sein Amtskollege Samuel Vlčan aus der Slowakei befürchtet vor allem für die Tierhalter neue Auflagen. Die Ziele können nicht allein aus der GAP finanziert werden. Zudem gebe es Wirtschaftssektoren, die noch weit hinter der Landwirtschaft ihre Klimaziele nicht erreichen. Staatssekretär Jiři Šír aus Tschechien warnt vor weiteren Auflagen bei den Tierhaltern. Ein Rückgang der organischen Dünger würde die Klimaziele mit einer Ausweitung der CO2-intensiven Mineraldünger konterkarieren.
Nur Rasmus Prehn ist umfänglich glücklich. Der dänische Agrarminister konnte auf die jüngste Entscheidung verweisen, verbindliche Ziele festgesetzt zu haben. Eine deutliche Mehrheit der Parteien im Kopenhagener Parlament hat sich für eine tiefgreifende Transformation der Landwirtschaft ausgesprochen. Bis 2030 sollen die sektorbezogenen Treibhausgase um 55 bis 65 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Das sind rund 7,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenzen. Bis 2027 sollen die Stickstoffemissionen um 10.800 Tonnen reduziert werden.
Und zuletzt: Honig
Das Honigland Slowenien macht mit seinem Vorsitzenden Jože Podgoršek Druck für die Honigkennzeichnung. Bei Honigmischungen sollen Verbraucher künftig erkennen können, aus welchen Sorten und aus welchen Ländern der Honig zusammengesetzt ist. Bislang gibt es nur die vage Beschreibung „Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern“. Damit könnten kleine Mengen EU-Honig mit Honig aus Drittstaaten deutlich aufgemischt werden. Eine deutliche Kennzeichnung würde zudem die EU-Imker auf dem internationalen Markt stärken.
Lesestoff:
[1] Schluss mit Dorsch: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/schluss-mit-dorsch.html
[2] Bianchi D et al. (2021): Estimating global biomass and biogeochemical cycling of marine fish with and without fishing. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.abd7554.
[3] Fit for 55: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/mit-55-jahren-faengt-das-leben-an.html
[4] Lasten fair verteilen https://herd-und-hof.de/handel-/bruessel-eilt-beim-klima-weiter-voraus.html
Roland Krieg
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