Butterbrot und Wildschwein

Landwirtschaft

Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest in Russland

Die wachsende Zahl an Meldungen über Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Russland hat Europa alarmiert [1].
Am Dienstag warnten das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) und Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus in Mecklenburg-Vorpommern Reisende aus den betroffenen Regionen vor dem Mitführen von Schweinefleischerzeugnissen.
An den Außengrenzen der EU sind die Kontrollen verschärft worden. Dr. Backhaus sieht das „Vordringen der Seuche nach Westen mit großer Sorge“. Wegen fehlender Impfmöglichkeiten hätte die Afrikanische Schweinepest „katastrophale Folgen für die Schweineproduktion“. Für den Menschen ist die Krankheit nicht gefährlich.
Der Erreger der ASP gehört zu den Asfarviridae und ist für Haus- und Wildschweine hochvirulent. Die Mortalität erreicht nahezu 100 Prozent. Im Gegensatz zur Klassischen Schweinepest sterben auch infizierte Wildschweine. Einen Impfstoff gegen die ASP gibt es nicht [2].

Risikolage

Veterinäre beobachten das Seuchengeschehen seit Jahren sehr aufmerksam und haben in der Vergangenheit verschiedene Risikoanalyse erstellt. In Deutschland ist dafür das Friedrich Loeffler-Institut (FLI) zuständig, auf europäischer Ebene liegen Analysen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vor.
Das Virus tauchte im Jahr 2007 in Georgien auf und erreichte die Nähe der europäischen Außengrenze im Jahr 2011. Die Ursache für die schnelle Verbreitung ist komplex. Experten des FLI führen Ausbrüche auch auf „weitreichende Probleme der Früherkennung, der Seuchenanzeige und der Durchführung von Seuchenbekämpfungsmaßnahmen“ zurück [3].
Das FLI arbeitete bei der Analyse des Seuchengeschehens mit den Wildschweinen einen bedeutenden Übertragungsweg für das Virus heraus. In bestimmten Regionen mit intensivem Seuchengeschehen werden vermehrt Ausbrüche in der Wildschweinpopulation festgestellt.
So genannte Metapopulationen, Wildschweinerotten, die grenzüberschreitenden Kontakt halten, können daher die ASP auch in die EU tragen. Jagdausübungsberechtigte sind allgemein angehalten, auf Gefahren durch die Virenkrankheit zu achten. In Deutschland ist die Wildschweindichte höher als in den Nachbarländern, so dass das FLI von einem vergleichsweise höherem Endemie- und Kontaktrisiko für Hausschweine ausgeht. Jäger können das Virus mit kontaminierten Schuhen, der Kleidung oder dem Gewehr verschleppen.

Butterbrot und Wildschwein

Neben den Wildschweinen gelten Speisereste und Lebensmittel als „Container“ für das Virus. Daher sollen Reisende keine Erzeugnisse aus der Schweineproduktion in die EU einführen. Die Sprecherin des FLI sagte gegenüber Herd-und-Hof.de, dass Militärtransporte für die Fernübertragung innerhalb Russlands wohl eine bedeutende Rolle spielen. Die Fahrzeuge nehmen das Virus in den Ausbruchsregionen auf oder verfrachten es mit der lokalen Verpflegung beim Transport.
In seiner im letzten Jahr und noch heute unvermindert geltenden Risikoeinschätzung widmete sich das FLI besonders den Tiertransporten. Lebende Tiere aus Deutschland wurden nur im Jahr 2008 nach Russland befördert und derzeit geltende Handelsrestriktionen haben den grenzüberschreitenden Verkehr reduziert. Dennoch bilden auch die leer wieder zurückfahrenden Transporter einen Vektor für das Virus. Zwischen 2008 und 2010 wurden insgesamt 2.703 Transporte aus der EU nach Russland durchgeführt. Mit 2.381 führen die meisten zum Schlachthof. Der allerdings wird als mögliche Übertragungsquelle als riskanter eingestuft, als Zucht- oder moderne Mastbetriebe mit Hygienemanagement. Lieferungen an Betrieb mit einem ASP-Ausbruch wurden im Untersuchungszeitraum nicht nachgewiesen.
Die Desinfektion nach der Entladung liegt in der Verantwortung des Fahrzeugführers. Das FLI geht davon aus, dass die Desinfektion von Fahrzeuge aus infrastrukturellen, zeitlichen oder anderen Hintergründen nicht im erforderlichen Maßstab durchgeführt werde. Eine Überprüfung der Unternehmensangaben liege nicht vor. Außerdem seien einige gängige Desinfektionsmittel gegen die ASP unwirksam.

Große und kleine Betriebe

Der Zusammenbruch der Tierbestände nach Zerfall der Sowjetunion hat bedingt durch Steuervorteile und Krediterleichterungen wieder große Tierhaltungen entstehen lassen, um den Grad der Selbstversorgung zu erhöhen.
Fünf Milliarden Euro Investitionsbedarf stehen noch aus. Sergej Korolev, Stellvertreter des russischen Landwirtschaftsministeriums, warb auf der New Yorker Konferenz Global AgInvesting im Jahr 2011 mit der staatlichen Unterstützung für Auslandsinvestitionen. Im Jahr 2010 wurden 3,68 Milliarden US-Dollar, davon 2,39 Milliarden für vergünstigte Kredite bereit gestellt. Der 2011 zurückgetretene Gouverneur der Region Tver, einer der von der Afrikanischen Schweinepest betroffenen Regierungsbezirke, warb auf der Internationalen Grünen Woche 2010 mit Steuererstattungen bis zu sieben Jahre [4].
In großen Betrieben ist die schnelle Räumung des Bestandes zur Eindämmung eines Seuchenausbruchs nach Auskunft des FLI gut möglich. Zudem haben die ausländischen Investoren Erfahrungen im Bereich des modernen Hygienemanagements – Die russischen Agroholdings haben nach Ansicht von Max Spoor, Professor für Entwicklungsforschung am Internationalen Institut in Den Haag jedoch „hohe Überwachungskosten, sind nicht sehr effizient und weisen oft ein „postsowjetisches Management“ auf [5]. Was nützt eine Hygieneschleuse, wenn zwar die Stiefel, aber nicht die Schaufel desinfiziert werden?
Rund 30 Prozent der russischen Schweine werden dennoch in Klein- und Kleinstbetrieben gehalten. Oft sind die Tiere draußen und werden durch Hausschlachtungen genutzt. Im Trog landen Speisereste. Generell, so die FLI-Sprecherin, ist die Kontrolle bei vielen kleinen Haltungen in einer Region schwieriger.

Lesestoff:

Den aktuellen Stand zur Erkrankung finden Sie unter www.fli.bund.de

[1] Afrikanische Schweinepest in Russland „außer Kontrolle"

[2] Fragen zur Klassischen Schweinepest (KSP): Impfen oder Keulen?

[3] Sandra Blome et al: Die Afrikanische Schweinepest in Osteuropa – eine Gefahr auch für deutsche Schweinebestände?; in: Tierärztliche Umschau 66, 291-296 (2011)

[4] Autozentrierte Entwicklung Russlands

[5] IAMO-Forum zur Osteuropäischen Landwirtschaft

Roland Krieg

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