Chinas Zuckerpolitik
Landwirtschaft
Rohrzucker in Not, Rübenzucker im Kommen
China ist eines der wenigen Länder, die sowohl Zuckerrohr als auch Zuckerrüben anbauen. Der Rohrzucker stammt aus den vier südlichsten Provinzen Guangxi, Guangdong, Yunnan und Hainan. Zusammen kommen rund 9,4 Millionen Tonnen und 97 Prozent des Rohrzuckers aus dem Süden. Zuckerrüben werden in den vier flächenmäßig größeren Nordprovinzen Xinjiang, Inner Mongolia, Hebel und Heilongjiang angebaut. Der Rübenzucker macht im laufenden Jahr rund 1,4 Millionen Tonnen Zucker aus. Zusammen liefern Rohr und Rübe im Marktjahr 2018/2019 voraussichtlich 10,8 Millionen Tonnen Zucker und damit 600.000 Tonnen mehr als im Vorjahr. Im Süden hat sich der Anbau von Zuckerrohr nach frostigem Wetter im Jahr 2017/2018 erholt und im Norden ist die Anbaufläche für Rüben erneut ausgeweitet worden. Das dritte Produktionsplus im laufenden Jahr resultiert vor allem aus dem Anbau von Zuckerrüben.
Rückgang und Boom
Im Süden sind die Herausforderungen für das Zuckerrohr groß. Die Hauptanbauregion Guangxi ist hügelig und erlaubt nur ein Mindestmaß an Mechanisierung und Erschließung neuer Anbauflächen. Die Arbeitskosten sind sehr hoch und stellen rund 40 Prozent der Rohrzuckerkosten. Der Anbau von Rohrzucker ist etwa doppelt so teuer wie im südlichen Nachbarland Thailand. Niedrige Zuckerpreise haben in den letzten Jahren Bauern auf andere Kulturen wie Cassava, Obst und Eukalyptus ausweichen lassen. Da vor allem Obst und Eukalyptus Dauerkulturen sind, stehen die Flächen kurzfristig der Zuckerproduktion nicht zur Verfügung.
Der Boom bei Zuckerrüben resultiert im Norden umgekehrt durch ein Ausweichen der Landwirte auf die Rübe, weil China die Förderung für die Maisintervention 2016 hat auslaufen lassen. Der Norden erlaubt den Rübenanbau auf großen Flächen mit hoher Mechanisierung, was neue Rübensorten mit höheren Erträgen bis zu 18 Prozent Zuckergehalt ermöglicht. In der Inneren Mongolei haben in den beiden letzten Jahren bereits neue Zuckerfabriken ihre Arbeit aufgenommen. Für 2019 nehmen vier weitere Fabriken den Betrieb auf, was stimulierend auf die Rübenerzeugung im Norden wirken dürfte. Umgekehrt haben die niedrigen Zuckerpreise etliche Fabriken im Süden in Bedrängnis gebracht.
Schutzzölle
Der Produktion von 10 Millionen Tonnen Zucker steht der Konsum von etwa 15 Millionen Tonnen gegenüber. China ist also ein Importland. Zum einen wurden im Mai 2017 für drei Jahre die Schutzzölle auf Nicht-Quotenzucker von 50 auf 95 Prozent erhöht, damit die heimische Rohrzuckerproduktion rentabel bleibt. Das reicht aber offenbar nicht, denn die Rohrzuckerindustrie fordert eine weitere Erhöhung der Importzölle oder eine Verlängerung der Schutzperiode.
Ein großes Problem ist der Zuckerschmuggel. Zwischen 1,5 und zwei Millionen Tonnen Zucker werden nach Schätzung des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums jährlich nach China geschmuggelt. Trotz strengerer Kontrollen ist das Preisgefälle zwischen heimischen und Weltzuckermarkt attraktiv genug für den Schwarzhandel. Chinesische Zuckerhändler reagieren auf den illegalen Zuckerhandel mit einem zweidimensionalen Herkunftscodes auf der Verpackung.
Nicht mehr nur Brasilien
China hat Brasilien als bislang größten Zuckerlieferanten durch eine Vielzahl kleinere Händler ausgetauscht. Der Import ist im Marktjahr 2016/2017 von 936.000 auf 71.000 Tonnen im ersten Halbjahr 2017/2018 gefallen. Die Philippinen liefern mittlerweile die gleiche Menge an Zucker, hinzu kommen Australien und Südafrika sowie Südkorea.
Während innerhalb Chinas der Zucker vermehrt aus der Rübe stammt, wollen auch chinesische Konsumenten nicht mehr so viel Zucker in ihren Lebensmitteln haben. Das und der steigende Verzehr von alternativen Süßungsmitteln reduziert den Importbedarf Chinas. Alleine Isoglukose aus Getreide kann drei bis vier Millionen Tonnen Rüben- und Rohrzucker verdrängen. Der Effekt wirkt auch international. Die Chinesen haben begonnen, Produkte mit Isoglukose auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Die Philippinen haben bereits mit einem erhöhten Zoll auf chinesische Süßwaren reagiert.
Roland Krieg