Chinesen wollen Joghurt aus Deutschland

Landwirtschaft

Chinas Melamin-Skandal wirkt heute noch nach

Vor zehn Jahren wurde der Skandal um Melamin publik. Der chemische Stoff wurde in China zur Vortäuschung höherer Eiweißgehalte Milchprodukten beigesetzt. Mehr als 55.000 Kleinkinder erkrankten und Chinas Kundinnen verloren das Vertrauen in heimische Milchprodukte. Das wirkt auch heute noch, zehn Jahre später, nach, denn China importiert mehr Milch aus dem Ausland als die Nachfrageg nach chinesischen Produkten zulegt. Chinas Regierung hat es nicht geschafft, in den letzten zehn Jahren das verloren gegangene Vertrauen zurückzugewinnen. Außerdem kann das Wachstum chinesischer Milch- und Molkereiprodukte die wachsende Nachfrage nicht decken, vermerkt Germany Trade & Invest (gtai).

Export von Milch und Milchprodukten

Für deutsche exportorientierte Molkereiunternehmen ist das ein erfreulicher Trend, denn sie partizipieren am Milchfluss nach China. Der Export von Milch und Molkereiexporten ist umstritten. Doch Prof. Dr. Sebastian Hess Christian-Albrecht Universität in Kiel sieht im Export und Import nicht nur einen Warenaustausch zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage.

Der Löwenanteil der Molkereiexporte falle zudem lediglich auf fünf bis zehn Abnehmerländer. Im vergangenen Jahr haben deutsche Molkereien Butter vornehmlich in die USA, nach Japan und in den Iran geliefert. Für die EU waren insgesamt die USA, Saudi-Arabien und China die wichtigsten Abnehmer, schreibt der Milchmarktexperte auf dialog-milch.de der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen. Das meiste Magermilchpulver aus Europa stammt aus Deutschland und geht in die Länder Algerien, China, Indonesien, Philippinen, Ägypten, Mexiko und Vietnam. Vollmilchpulver geht vor allem nach Nigeria und in den Oman.

Ob die Exporte lokale Märkte stören oder nicht, ist von der heimsichen Produktion abhängig. So können kleine Importmengen bei geringer heimischer Produktion den Markt verzerren. Allerdings ist die Versorgung vor Ort von der lokalen Infrastruktur abhängig, die vom Hinterland in die Städte führt. Die oft traditionelle und handwerkliche Milchproduktion in Entwicklungsländernist  oft weder technisch noch qualitätsbezogen in der Lage, die Verbraucher in urbanen Zentren zu versorgen.

Karsten Schmal teilt als Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes die Position. Nur 0,5 Prozent der deutschen Molkereiausfuhren gehen in die 48 Länder, die von den Vereinten Nationen als „am wenigsten entwickelte Länder“ kategorisiert werden. Und Ottmar Illchmann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) will beim Export auch nur die Massenerzeugnisse kritisieren und nicht den Verkauf von hochwetigen Milch- und Käseprodukten.

Joghurt holt auf

Diese Produkte aber fragen die chinesischen Kunden vermehrt nach. 2017 hat China 667.600 Tonnen Milch mit einem Plus von 5,3 Prozent gegenüber 2016 importiert und 1,5 Milliarden Tonnen Milcherzeugnisse mit einem Plus von 14 Prozent gegenüber 2016. Das hat China 879,4 Millionen und 3,9 Milliarden US-Dollar gekostet.

Am stärksten wächst der Joghurt-Markt. Das ist im Vergleich derzeit noch ein kleiner Markt, aber mit plus 62,7 Prozent und 34.100 Tonnen der derzeit am stärksten wachsende. Bis 2020 erwartet Euromonitor einen Joghurtabsatz von 28 Milliarden US-Dollar. Heute liegt der Importwert bei 66,8 Millionen. In drei Jahren könnte Joghurt damit die Hälfte des Gesamtumsatzes mit flüssiger Milch ausmachen.

Handlich, ungekühlt und voller Probiotik

Verbraucher lieben Joghurt, weil er als gesünder als Trinkmilch gilt. Da spielen vor allem die zugesetzten gesundheitsfördernden Bakterien eine Rolle. Der Verbreitung zuträglich sind Spezialverpackungen im 200-ml-Tetrapack, die nicht gekühlt werden müssen.

Der Blick auf die Einfuhrdominanz unterstreicht die Befürchtungen, dass Deutschland durch das Freihandelsabkommen mit Neuseeland nicht mehr oder weniger zu Hause in Wettbewerbsdruck gerät. Der Milchwettbewerb beider Regionen findet in China statt. Im letzten Jahr hat Deustchalnd seinen ersten Platz als mengenmäßig wichtigster Lieferant für Trinkmilch an das Land „Down under“ abgeben müssen. Die Neuseeländer profitieren vom Freihandelsabkommen mit China.

Dafür können die deutschen Molkereien bei Joghurt und Magermilchpulver zulegen. Konsum- und Verarbeitungsmilch hatten 2017 nur noch eine Tonnage von 195.561 und 5,2 Prozetn an der Gesamtlieferung. Der Export von Joghurt hat wertmäßig ein Plus von 124,9 Prozent und 38,2 Millionen Euro hingelegt.

Chinesische Molkereien brauchen ausländisches Kapital

Chinesische Molkreien leiden unter dem weißen Warenstrom aus dem Ausland. Im ersten Halbjahr 2018 hat die Milchbranche lediglich um 0,6 Prozent auf 13 Millionen Tonnen zugelegt und musste im vergangenen Jahr sogar ein Minus verzeichnen. Viele Betriebe kämpfen bei sinkenden Preisen mit aufgebauten Überkapazitäten und leiden unter einer Schuldenlast, weiß gtai.

Statt Milch kann sich eine Molkerei auch unternehmerisch in China beteiligen.So hat FrieslandCampina Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro für dieses Jahr angekündigt. Investiert wird in Vertriebsstrukturen und in die Produktion von Babymilch.

Roland Krieg

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