Das Auge und Ohr der DLG in Berlin
Landwirtschaft
Ein Jahr DLG-Büro in Berlin
Berlin: “The Place to be!” Nicht nur für Künstler und Musiker. Die Berliner Republik hat die Bundesregierung aus ihrem dörflichen in einen weltstädtischen Charakter überführt. Das Medieninteresse wird jährlich größer und mittlerweile sind die meisten Verbände und NGO in die Nähe der Politik gezogen. Im letzten Jahr folgte die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft DLG mit einem Büro im beschaulichen Dahlem. Schräg gegenüber des ehemaligen Instituts für Landwirtschaftliche Betriebslehre des Studienganges „Internationale Agrarwissenschaften“ [1].
Erhöht die DLG die Kakophonie der Berliner Agrarpolitik oder leistet sie einen wesentlichen Beitrag in der oft verfahrenen Diskussion?
Die DLG ist nicht nur ein alter Bekannter in Berlin, sondern den Neuzeitmenschen unbewusst noch immer präsent. Ende des 19. Jahrhunderts hielt sie ihre Wintertagungen in Berlin ab. Die Besucher trugen grüne Lodenmäntel und boten auf einem „wilden Markt“ Berufsartikel an. Um dem Ganzen eine Ordnung zu geben organisierte der Landwirt Hans-Jürgen von Hake aus dem Fremdenverkehrsamt eine Tagung mit Ausstellung am Kaiserdamm. Wegen der grünen Lodenmäntel gaben die Berliner dem jährlichen Treff den Namen „Grüne Woche“.
Diese fachliche Orientierung ist noch heute das Merkmal der DLG mit mehr als 50 Fachausschüssen, den DLG-Prämiensiegeln und mehr als 31.000 Lebensmitteltests im Jahr. Im Prüfzentrum Groß Umstadt werden aber auch landwirtschaftliche Maschinen und Traktoren getestet. Über Jahrzehnte hat die DLG einen „Riesenerfahrungsschatz angesammelt“, so Stefan Zwoll bei einer kleinen Jahresfeier mit Agrarjournalisten. Dieses Wissen soll in Berlin positioniert werden. Von den rund 27.000 DLG-Mitgliedern sind 70 Prozent praktizierende Landwirte.
Doch auch der Raiffeisenverband und der Deutsche Bauernverband haben Praktikern hinter sich und deren Erfahrungen. Das Forum Moderne Landwirtschaft bewährt sich mit Öffentlichkeitsarbeit. Dass die DLG dennoch einen Beitrag leistet, hat nicht zuletzt der Ausblick auf die Landwirtschaft 2030 gezeigt. Nach einem ersten Nachhaltigkeitsbericht blickte die DLG weit über den eigenen Tellerrand hinaus und überprüft auch das Verhältnis der Direktzahlungen zum öffentlichen Interesse. Das hat zwar zu einem Dissens der Verbände geführt, aber die Grundlage der fachlichen Expertise hat dem Argument hohe Akzeptanz und einen Prozess der Diskussion eingeleitet.
Damit hat die DLG bereits bewiesen, dass sie eine Bereicherung der agrarpolitischen Bühne ist – auch wenn Stefan Zwoll den Fokus immer auf die fachliche Arbeit legt. Der Netzwerker-Profi hält Kontakt zu Verbänden, die sich „auch“ mit der Landwirtschaft beschäftigen, wie der Verband der Kommunalen Unternehmer oder dem Wasser- und Energieverband. Es gibt genug Politiker und Organisationen, die beim Thema Landwirtschaft Lücken und Missverstände aufweisen, und wo die fachliche „Hand“ der DLG gefragt ist.
Umgekehrt hält Zwoll auf der Berliner Bühne Augen und Ohren offen, auf welche Themen sich die DLG demnächst vorbereiten muss. Im Visier von NGO und Öffentlichkeit ist eine Trennung zwischen Praktik und Politik kaum mehr möglich.
Die Bescheidenheit und der selbstkritische Charakter der DLG überlasst das mondäne Haupthaus in der Podbielskiallee einem Notar und privaten Personen. Sie selbst residiert im Gartenhaus. Das Eichhörnchen in den dahinter wachsenden Bäumen pflegt schon eine friedliche Nachbarschaft mit dem neuen Mitbewohner.
Lesestoff:
Stefan Zwoll leitet Berlin-Büro der DLG: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/stefan-zwoll-leitet-berlin-buero-der-dlg.html
Mit Ehrlichkeit Vertrauen gewinnen: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/bartmer-erkennt-die-signale.html
Wir brauchen stabile Landwirtschaftssysteme: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wer-oder-was-schont-die-ressourcen-in-der-landwirtschaft.html
Roland Krieg; Fotos: roRo