Das Dilemma der Landschaftsnutzung

Landwirtschaft

Landschaftsnutzung mindert Senkenfunktion des Ökosystems

Die Zeit der Jäger und Sammler ist vorbei. Zehn Milliarden Menschen lassen sich ohne einen Ackerbau nicht ernähren. Dazu werden Graslandschaften und Wälder in Ackerflächen umgewandelt. Der Feldfruchtanbau und die Aufforstung entnehmen der Atmosphäre zwar Kohlendioxid für ihr Wachstum, geben es am Ende ihrer Wachstumszeit jedoch wieder frei. Ist das ein geschlossener Kreislauf und der Anbau von Buchen und Eichen, Kartoffeln und Getreide daher emissionsneutral? Im Rahmen der Bioökonomie soll die Biomasse künftig auch stofflich eine bedeutendere Rolle spielen als fossile Kohlenstoffquellen, die keine Senkenfunktion haben.

Lücken im Kohlenstoffkreislauf

Aber das Wissen über den Kohlenstoffkreislauf ist noch immer lückenhaft. Von besonderer Bedeutung ist die Frage, wie lange Kohlenstoff in der Biomasse verbleibt, bevor er in den Boden oder die Atmosphäre weitergeben wird. Diesen Turnus bezeichnen die Wissenschaftler als „biomass turnover time“ und wurde von Experten der Alpen-Adria-Universität genauer unter die Lupe genommen.

„Eine der derzeit größten Unsicherheiten bei unserem Verständnis des Klimawandels betrifft die „biomass turnover time“, ein zentraler Ökosystemparameter, der bestimmt, wie viel Kohlenstoff der Atmosphäre durch die Ökosysteme entzogen wird und damit zentral für den Klimawandel ist“, beschreibt Karl-Heinz Erb vom Institut für Soziale Ökologie das Dilemma. Er hat versucht, den anthropogenen Einfluss auf die Landnutzung zu berechnen. Dazu wurde die Veränderung des Kohlenstoffumsatze durch einen Vergleich der aktuellen Vegetation mit einem Status, der hypothetisch jede Landnutzug ausschließt, errechnet.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Landnutzung des Menschen den Kohlenstoffumsatz auf das Doppelte beschleunigt. Je nach Landnutzungstyp gebe es Unterschiede: Die Umwandlung von Wald in Ackerland führe zu massiven Beschleunigungseffekten, aber auch die Nutzung der Wälder und des Graslandes erhöht den Umsatz. Und deren Flächen sind global gesehen größer, was für den Klimawandel bedeutender ist.

In Summe ist der Umbruch von Wäldern in Ackerland zu 59 Prozent, die Forstwirtschaft zu 29 und die Nutzung der natürlichen Weideflächen für 15 Prozent für die Beschleunigung des Kohlenstoffumsatzes verantwortlich. Nach erb berücksichtigen viele Studien die Nutzung der Wälder und des Graslandes nicht, was die Datengrundlage für den Klimawandel unsicher mache.

Was ist der Nutzen der Studie?

„Wir wissen derzeit zwar, dass, aber noch nicht, wie viel sich dies auf den Klimawandel auswirkt“, fasst erb zusammen. Sicher sei, dass der Bedarf an Biomasse derzeit massiv steige und zu einer weiteren Beschleunigung des Kohlenstoffumsatzes führen könne. Die Senkenfunktion der Ökosysteme gehe mehr und mehr verloren. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Biomasse als Ressource nicht klimawandelneutral sei.

Lesestoff:

Erb, K.-H. et al. (2016). Biomass turnover time in terrestrial ecosystems halved by land use. Nature Geoscience, 22. August 2016 doi: 10.1038/ngeo2728

Roland Krieg

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