Das Temperament der Kühe

Landwirtschaft

Zuchtziel „Temperament“ in der Rinderzucht

Auf den ersten Blick sehen alle Kühe gleich aus. Beim Melken und durch die tägliche Stallarbeit werden die Tiere individueller und nach einiger Zeit weiß der Bauern, „Elsa“ ist wilder als „Erna“ und „Maggie“ ist irgendetwas zwischen stoisch und stur. Jetzt hat der Niederländer Kees van Reenen für seine Doktorarbeit an der Universität Groningen auch den wissenschaftlichen Beweis erbracht, dass Kühe sehr individuell sind und auf externe Reize charakterspezifisch reagieren.

Ein Strauß an Verhalten

Van Reenen hat Hostein-Frisian auf dem Weg vom Kalb zur Milchkuh begleitet und verschiedene Tests durchgeführt. Er überprüfte Angstreaktionen, Lautäußerungen, den Gang der Tiere, den Puls und die Bildung von Cortisol, einem Hormon, das verschiedene Stoffwechselvorgänge bedingt und als Stresshomon gilt, als Ausdruck von persönlichen Eigenschaften, wenn die Tiere scheuen, sozialen Kontakt haben und sich bewegen. Daraus wollte van Reenen auf das Temperament der Tiere schließen.

Der Benzinkanistertest

Um verschiedene Reaktionen hervorzurufen, hat er Kälber eine Zeit lang angebunden, von den anderen Tieren separiert und mit einem Flaschenzug einen bunten Reservekanister als vollkommen fremden Gegenstand in den Stall herabgelassen.
Auf den leeren Kanister haben die Tiere unterschiedlich reagiert. Einige haben sich während der ganzen Testdauer von zehn Minuten dem bunten Ding nicht genähert, andere hingegen begannen schon nach wenigen Sekunden den Gegenstand zu erforschen. Diese neugierigen Tiere hatten weniger Cortisol im Blut als die Ängstlichen.

Muhen verbindet

Van Reenen kommt auch zu dem Schluss, das „Muhen“ keine Lautäußerungen der Angst ist. Kälber, die viel und laut „muhten“ haben später mehr Milch gegeben als die ruhigen Kolleginnen. Der Zoologe interpretiert daher das „Muhen“ als soziale Lautgebung, die später in Stresssituationen wie beim Melken, den Umgang mit der Situation meistern lässt.

Zuchtziel Temperament

Das Fazit des Niederländers ist eindeutig: Die Unterschiede der Reaktionen blieben während der ganzen Testphase als Charakterzug bestehen. Von anderen Tierarten wisse man, dass Temperament die individuelle Gesundheit mit beeinflussen kann. „Wenn das auf die Milchkühe genauso zutrifft“, so van Reenen, „dann kann Charakter demnächst in der Zuchtauswahl genauso eine Rolle spielen wie Fruchtbarkeit oder Knochenbau.“

roRo

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