Das zweite Tierwohl-Label kommt
Landwirtschaft
Tierschutzbund startet Tierwohl-Label
Während der Bundestag vor kurzem noch indifferent über das Tierwohl diskutierte [1], liefen im Hintergrund die Fäden für die Umsetzung eines Tierwohl-Labels heiß. Tierschutz steht bei Verbrauchern hoch im Kurs, doch außer Neuland, Westfleisch und verschiedenen Bio-Kennzeichnungen gibt es im Handel keine Orientierung für die Auswahl.
Im Februar 2011 ging Westfleisch in die Offensive. Ein gelber Smiley lacht die Verbraucher von der Verpackung an [2]. Rund ein halbes Jahr später hat sich der Mitbewerber Vion die Partnerschaft des Deutschen Tierschutzbundes gesichert und bastelt an einem zweistufigen Tierwohl-Label [3]. Am Dienstag hat der Tierschutzbund angekündet, dass ab Januar 2013 sein neues Label in die Läden kommt.
Ein oder zwei Sterne
Der Tierschutzbund kritisiert die Langatmigkeit der deutschen und europäischen Politik, eine Tierschutzkennzeichnung zeitnah umzusetzen. Die Tierschutznovelle, die in der deutschen Agrarpolitik diskutiert wird, legt den Fokus nicht auf die landwirtschaftlichen Nutztiere. Daher soll das neue Tierwohl-Label die Entwicklung vor allem im konventionellen Bereich beschleunigen.
Verbraucher können an der Zahl der goldenen Sterne erkennen, welche Anforderungsstufe der Betrieb des Produktes erfüllt hat: Die Einstiegs- oder die Premiumstufe. Vergeben wird das Label zunächst für Produkte aus der Mastgeflügel- und Mastschweinproduktion.
Für beide Stufen gibt es generelle Kriterien. So müssen bei Masthühnern langsam wachsende Zuchtlinien mit maximal 45 Gramm Tageszunahmen ausgewählt werden. Die Tiertransporte dürfen nicht länger als vier Stunden dauern und bei der Schlachtung wird eine zweistufige CO2-Betäubung durchgeführt. Gehfähigkeit ist ein wesentliches Tierkriterium. Betriebe mit einem Stern verpflichten sich die Besatzdichte von maximal 25 Kilogramm Lebendgewicht je Quadratmeter einzuhalten. Im Premiumbereich sind es maximal 21 Kilogramm plus vier Quadratmeter Auslauf je Huhn und einer Bestandsobergrenze von 4.800 Masthühnern.
Die allgemeinen Kriterien für den Mastschweinebereich sehen strukturierte Buchten, das Verbot des Schwänzekupierens und Verbot der betäubungslosen Kastration vor. Auch hier liegt die maximale Transportdauer bei vier Stunden, die Tiere müssen vor dem Schlachten tief betäubt werden und die Kontrolle begutachtet auf Betrieb und Schlachthof den Medikamenteneinsatz. Die Schweine der Einstiegsstufe haben ein Drittel mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben, bekommen Beschäftigungsmaterial mit Stroh, liegen auf einer weichen Matte oder Minimaleinstreu und werden mit einer Wasservernebelung klimatisiert. Schweine können nicht schwitzen.
Das zweistufige Angebot soll für möglichst viele Betriebe einen breiten Marktzugang eröffnen. Damit sollen möglichst viele Tiere in den Genuss der Tierwohl-Kriterien kommen.
Der Tierschutzbund teilt mit, dass das neue Label keine Werbung für den Fleischkonsum sein soll, sondern nur eine Orientierungshilfe für den Verbraucher. Mit wachsendem Bewusstsein über die Zusammenhänge zwischen Fleischkonsum und Tierproduktion würden immer mehr Käufer ihren Fleischkonsum reduzieren oder zumindest auf die Premiumstufe zurückgreifen.
Lesestoff:
Roland Krieg; Foto: Tierschutzbund