Dem 4. Weg eine Chance
Landwirtschaft
SPD lenkt bei Ferkelkastration ein
Auch die Koalition zeigte vor dem Feiertag Einigkeit. Die Union hat sich mit den Sozialdemokraten doch noch auf ein Aussetzen der betäubungslosen Ferkelkastration geeinigt. Es gibt eine zweijährige Übergangsfrist, die der Bundesrat Ende September noch ablehnte [1]. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zeigte sich erfreut: „Ferkelproduktion soll auch künftig in Deutschalnd möglich bleiben.“ Weiter erklärte sie: „Ohne eine Fristverlängerung würden die Sauenhalter in Deutschland aber Wettbewerbsnachteilen gegenüber ausländischen Wettbewerbern ausgesetzt sein. Diese Wettbewerbsnachteile treffen vor allem kleine Betriebe. Auch ist weder den Sauenhaltern noch den Verbrauchern damit gedient, wenn die Betroffenen den Tierschutz nicht umsetzen können.“
Vorbei ist das Thema noch nicht, denn die Tierschutzbeauftragte der SPD Susanne Mittag muss ihre Partei auch noch auf die Änderung des Tierschutzgesetzes einstimmen [2]. Sie war Ende September auf Informationsreise sowohl in Dänemark als auch in den Niederlanden. Gegenüber Herd-und-Hof.de wollte sie aber nicht über ihre Erfahrungen über die Lokalanästhesie und die Vollnarkose mit Kohlendioxid berichten. Zumindest hat die Partei jetzt auch noch zwei Jahre Zeit, die „Schmerzausschaltung“ in „Schmerzminderung“ umzuwandeln.
Franz-Josef Holzenkamp hält als Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes die Einigung lediglich für ein Hoffnungszeichen. „Damit endet nicht die extrem schädliche Hängepartie, in der sich der ganze Sektor befindet.“ Immerhin: „Die geplante Fristverlängerung bedeutet für unsere Mitgliedsunternehmen und die gesamte Fleischwirtschaft in Deutschland, dass die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen EU-Ländern gewahrt bleibt“.
Die Kritik kommt prompt: Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen: „Es ist unverantwortlich, dass in der fünfjährigen Übergangsfrist Däumchen gedreht wurde, und nun 20 Millionen Ferkel pro Jahr weiterhin ohne Betäubung die Hoden entfernt werden.“ Die Kluft zwischen gesellschaftlichen Willen und landwirtschaftlicher Realität werde immer größer.
Präsident des Deutschen Tierschutzbundes Thomas Schröder sieht in der Einigung ein weiteres Zeichen für steigende Politikverdrossenheit: „Was der Koalitionsausschuss beschlossen hat, ist Verrat an den Ferkeln und Verrat am Staatsziel Tierschutz und wurde offenbar wie auf einem Basar in die Pokerrunden um Diesel und Zuwanderung eingepreist.“
Nach Nordrhein-Westfalen will auch Niedersachsen Anfang Oktober einen Ferkelgipfel abhalten. „Ich erwarte dann die deutliche Bereitschaft, an konkreten Vorschlägen zu arbeiten. Der Ausstieg aus der Kastration ohne Betäubung wird von mir in keiner Weise in Frage gestellt“, sagt Ministerin Barbara Otte-Kinast.
Lesestoff:
[1] Zu spät aufgewacht: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/ferkelkastration-zu-spaet-aufgewacht.html
[2] Ferkelzukunbft hängt an der SPD: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/ferkelzukunft-haengt-an-der-spd.html
Roland Krieg