... dem Boden das Stroh
Landwirtschaft
Böden und Biomasse
Dem Menschen das Korn und dem Boden das Stroh. Zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit gibt der Mensch nach der alten Bauernregel Kohlen- und weitere Mineralstoffe dem Boden durch Erntereste wie Stroh wieder zurück. Dr. Armin Werner vom Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) führte auf der Müncheberger Bodenschutztagung die möglichen negativen Auswirkungen der Biomasseproduktion auf: Humusabbau, Wassererosion, Bodenverdichtung und Grünlandumbruch wirken. Sie wirken direkt auf den Boden, seine Stabilität und Fruchtbarkeit. Während bei den kleinen bäuerlichen Biogasanlagen bis zu 500 kWh die Rückführung der Gärreste auf das Feld bedacht wird, besteht bei großen Anlagen die Gefahr, dass alleine aus logistischen Gründen eher darauf verzichtet wird.
Herausforderung Logistik
Anwohner in der Nähe Biogasanlagen spüren den aufkommenden Verkehr bereits. Der Fermenter muss kontinuierlich beschickt werden und in der Erntezeit sind Sattelzüge mit dem Erntegut zum zentralen Siloplatz unterwegs. Anlagen bis 500 kWh kommen mit Distanzen zwischen Feld und Hof bis zu sieben Kilometer aus. Sie brauchen eine Biomassefläche von rund 150 Hektar. Die großen Fermenter oder Anlagen mit vielen kleinen Biogasanlagen holen sich das Pflanzenmaterial aus einer Entfernung von bis zu 40 Kilometern und brauchen eine Fläche von etwa 5.000 ha. Die Betriebe brauchen hier eine besondere Schlagkraft ihres Fuhrparks und eine besondere Logistik, die Biomasse „just in time“ anzuliefern. Die Straßenverkehrszulassung setzt Grenzen, weswegen Helmut Döhler vom KTBL bereits im letzten Jahr das Resümee zog, angesichts der technischen Umsetzung des Lieferverkehrs lieber bei dezentralen Anlagen zu bleiben.
Zunehmen wird auch die Befahrung der Felder mit schwerem Gerät, dass alleine durch sein Gewicht den Boden verdichtet. Lösungen gibt es allerdings aus Australien, wie Dr. Werner aufführte. Dort werden die Maschinen bereits über GPS so gesteuert, dass sie immer wieder die gleichen Spuren nutzen können. Bei diesem „Controlled Traffic“ wirken sich die Wiederholungsüberrollungen der Fahrspuren nicht mehr zusätzlich aus, als wenn die Maschinen kreuz und quer über das Feld für flächenhafte Bodenverdichtungen sorgen. Die Australier haben durch das fahrspurgetreue Überrollen der Felder sogar messbare Vorteile herausgefunden. Weil nicht mehr kreuz und quer gefahren wird, verringert sich der Kraftstoffverbrauch. Zwischen den Fahrspuren erhöht sich die Infiltrationsrate des Boden und weniger Wasser fließt oberirdisch wieder ab. Weil die Fläche insgesamt weniger verdichtet ist, sind die Erträge sogar gestiegen.
Humusausgleich
Ob große Biogasanlagen jedoch wirklich den Gärrest auf die Felder bringen bleibt offen, denn die Fahrten kosten Geld. Notwendig sind sie aber, denn der wertvolle Rückstand wird im Boden gebraucht. Eine ausgeglichene Humusbilanz bei Silomais wird durch die Rückführung des Gärrestes in Höhe von 88 Kubikmeter je Hektar erzielt. Allerdings sehen die Bodenwissenschaftler dabei ein neues Problem. Die 88 m3 Gülle bringen dem Hektar rund 440 kg Stickstoff zurück, während der Silomais dem Feld vorher nur 220 kg entzogen hat. So eindrucksvoll die Bilanz den N-Überschuss dokumentiert, darf nicht nur die saisonale Bilanz gezogen werden. Wie viel Stickstoff war vorher im Boden drin und gibt es noch eine Zweitfrucht?
Nachhaltiger Anbau wird wichtiger
In der nächsten Woche erscheint vom Umweltbundesamt das Positionspapier „Bodenschutz und Anbau von nachwachsender Rohstoffe“. Prof. Dr. Franz Makeschin von der Kommission Bodenschutz stellte es kurz vor. Es unterstützt die Empfehlungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen, der mit seinem Sondergutachten im vergangenen Jahr den Anbau von Biomasse bereits in die richtigen Bahnen lenken wollte.
Die Leitlinien des UBA legen fest, dass der Anbau der nachhaltigen Sicherung der Bodenfruchtbarkeit nicht abträglich sein darf und Boden, Wasser, Luft und Klima nicht geschädigt werden dürfen. Um Druck aus der Flächenkonkurrenz zu nehmen sollen die Brachflächen von 0,54 Millionen Hektar nutzbar gemacht werden. Dazu forderte Dr. Makeschin den Aufbau eines Brachflächenkatasters.
Auf den benötigten Flächen sollen auch Nahrungsmittel angebaut werden, so dass eine abwechslungsreiche Fruchtfolge einseitigen Düngungsproblemen vorbaut. Neue Kulturpflanzen wie das Sudangras, das nicht auch der menschlichen Nahrung dient, und Agroforstsysteme sollen realisiert werden und das UBA hat verschiedene Biomassepflanzen nach Gefährdungsklassen wie Erosion, Schadverdichtung oder Eutrophierung skaliert. Gefördert werden sollen nur die Energiepflanzen, die Energie- und Klimabilanzen positiv fördern und nicht zu Lasten der Ernährungssicherheit gehen.
Anbau hier und da
Bei der energetischen Nutzung der Biomasse machte auch die Tagung in Müncheberg deutlich, dass der Anbau von Biotreibstoffen in Europa nicht kostengünstig ist. Die komparativen Kostenvorteile liegen in anderen Teilen der Welt, wie beispielsweise in Lateinamerika. Trotzdem soll Deutschland nach Dr. Werner aus politischen Zielen nicht auf den Anbau verzichten. Zum einen beinhaltet der Anbau das strategische Ziel, Energie unabhängig von Importen zu erzeugen, zum andern bietet Deutschland auf dem Verarbeitungsweg Spitzentechnologie im Anlagenbau. Dafür braucht man hierzulande das Beispiel der praktischen Anwendung.
Lesestoff:
Das Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg finden Sie im Netz unter www.zalf.de.
Informationen zu den Böden des Jahres, Bodenwissenschaftliche Forschungsergebnissen, Publikationen zum Bodenschutz und Stellungnahmen zu Gesetzen und Verordnungen finden Sie unter www.bvboden.de
Das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena erforscht globale Stoffkreisläufe und beheimatet das Integrated Project CarboEurope-IP, das wissenschaftlich die europäischen Kohlendioxidbalancen untersucht. www.bgc-jena.mpg.de
Das Umweltbundesamt können Sie unter www.uba.de erreichen und dort auch demnächst das Positionspapier erwerben.
Roland Krieg