Dem Wald fehlt die PR
Landwirtschaft
Wald: Beim Schützen geht das Nützen verloren
Zwei Millionen Privatwaldbesitzer gibt es in Deutschland. Sie bewirtschaften mit 44 Prozent der Waldfläche die größte Eigentumsform. Der Staatswald nimmt nur ein Drittel der elf Millionen Hektar Wald in Deutschland ein. Doch welche Nutzungsformen es gibt, darüber wissen die wenigsten Deutschen Bescheid. Dem Wald fehlt die PR, kommentierte Schauspieler Hannes Jaenicke in Berlin. Er hat eine Dokumentation über den tropischen Regenwald gemacht und beklagt die schizophrene Haltung zum Naturschutz: Während der Tiger geschützt wird, fällt der Wolf einer deutschen Flinte zum Opfer.
Die Wende im Wald
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) hatte in Berlin zur Diskussion geladen, ob der ländliche Raum auf seinem Energiekurs zum Verlierer oder Gewinner wird. Die Holzpellets und Scheite, die in den Kaminen für Wärme sorgen wurden aber nicht zum primären Thema. Es war offenkundig, dass die Missverständnisse zwischen Waldnutzung und Waldschutz noch immer nicht ausgeräumt sind. Daher der Appell Jaenickes, den Deutschen nicht nur den tropischen, sondern auch den deutschen Wald näher zu bringen.
68 Prozent des Waldes sind schon in irgendeiner Form des Schutzes eingebunden, erklärte Philipp Freiherr von und zu Guttenberg, Präsident des AGDW. Neben „Stilllegen“ und „Einschränken“ droht dem Wald noch eine Vermögensbesteuerung. Vor allem fehlt den Waldbesitzern der Rückhalt in der Bevölkerung. Seit Holz als erneuerbare Energiequelle an Bedeutung gewonnen hat, rückt der Wald als Wirtschaftsgut in den Fokus, während die Deutschen ihn in den letzten Dekaden als Naherholungsgebiet adaptiert haben. Trotz Energiewende soll der Wald vordergründig als Kulturgut geschützt werden. Das Schlagen eines Baumes kommt in diesen Assoziationen kaum noch vor. Doch, so Guttenberg, gerade Eigentum stärkt die Eigenverantwortlichkeit und die Ökonomie den Generationenvertrag. Der Nachhaltigkeitsgedanke entstamme aus dem Forst, der mit seinen generationsübergreifenden Anbauphasen Geduld und langfristige Planung braucht.
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen hat die Einstellung der Deutschen zum Wald hinterfragt. Es müsse wohl an der Romantik liegen. Vor diesem Hintergrund haben die Waldbesitzer es schwer, in eigenen Forst tätig zu werden, erklärt Stephanie Gräfin Bruges von Pfuel, Waldbesitzerin in Bayern. Sie werde von Spaziergängern schon mal angeblafft, wenn sie in ihrem Wald wirtschafte: Das sei ein Erholungsgebiet. Das der Wald jedem gehört, ist ein weit verbreiteter Irrtum, ergänzte die Gräfin.
Wald ist nicht gleich Wald
Die Waldbesitzer unterscheiden zwischen Laub- und Nadelholz. Nur das letzte könne für die Bauindustrie genutzt werden. Daher wandelten auch die privaten Waldbesitzer ihre Gehölze in stabile Mischwälder um. Bei Gräfin Pfuel beträgt der Laubholzanteil 45 Prozent.
Wälder können so aussehen, wie der Bayerische Wald, sie können aber, mit nur wenigen Unterschieden ein wichtiger Wirtschaftswald sein, so Özdemir. Außerdem zeige der Wald seine regionalen Eigenheiten. Nach Schauspieler Jaenicke ist das CO2-Problem nicht im deutschen Wald zu lösen. Der wirkliche Raubbau findet an den Regenwäldern statt.
Während die Waldbesitzer fürchten, dass die Pläne der Grünen auch ihnen weitere fünf Prozent der Waldfläche für den Naturschutz abzweigen, betonte Özdemir, dass von diesen Plänen nur der Staatswald betroffen ist. Jaenicke ergänzt, dass die Skandinavier mehr Naturschutzfläche im Wald aufweisen als Deutschland und die Amerikaner mit ihren Nationalparks „richtig Geld verdienen“.
Bundesumweltminister Peter Altmaier hingegen führte an, dass die Biomasse noch immer ein wichtiges Rückgrat der Energiewende sei. Die Lasten müssten zwischen den Eigentumsformen gerecht verteilt werden. Die Einschlagsrate könne beibehalten werden. Die Nutzungsrichtung aber sollte verändert werden. Das Holz sollte in einer Kaskadennutzung zunächst als Bauholz, für Dämmmaterial oder Möbel und danach energetisch. genutzt werden. Altmaier kündigte an, die stoffliche Nutzung in den nächsten Monaten stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken.
Roland Krieg