Der Bodenpolitik fehlt ein Leitbild Agrarstruktur
Landwirtschaft
Bodenpolitik hat viele Baustellen
Für den Kauf märkischer Sandböden mit 20 mit 30 Bodenpunkten müssen bereits 7.000 Euro pro Hektar bezahlt werden. In den letzten sechs Jahren haben sich die Bodenpreise mehr als verdreifacht. Bundesweit kostet ein Hektar durchschnittlich 14.400 Euro, die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) verkauft ihre Böden in Ostdeutschland für durchschnittlich 13.700 Euro. Die „Hotspots“ des deutschen Bodenmarktes liegen aber auch im Westen. 2012 betrug der Kaufwert eines Hektars in Oberbayern 45.141 Euro, im Münsterland 45.033 Euro. In Westdeutschland werden etwa 0,12 Prozent der Gesamtfläche gehandelt, in Ostdeutschland sind es 1,2 Prozent.
BVVG
Im letzten Jahr hat die BVVG
36.100 Hektar landwirtschaftliche Fläche, knapp 15.100 Hektar Wald und 4.270
Hektar Umwidmungsfläche gehandelt. 436 Millionen Euro Überschuss wurden an die Gesellschafterin abgeführt.
Der Flächenverkauf in
Ostdeutschland orientiert sich noch nach verschiedenen Regeln. An Alteigentümer
erfolgt der Verkauf zu einem begünstigten Preis. Rund die Hälfte der Fläche
ging im letzten Jahr an diesen Personenkreis. Insgesamt sind bislang 2.913
Anträge auf Alteigentum eingegangen, von denen zwei Drittel, allein 843 im
letzten Jahr abschließend bearbeitet wurden.
Ein weiterer Flächenanteil
geht ohne Ausschreibung direkt an „berechtigte Pächter“ nach den
Privatisierungsgrundsätzen von 2010. 2013 gingen 14.500 Hektar nach Ablauf der
Pacht in den Direktverkauf (34 Prozent). 36 Prozent der Fläche werden erneut
für vier Jahre und der Rest für neun Jahre verpachtet.
Nur der Rest, im Jahr 2013
waren es 8.900 Hektar, gelangen in die Ausschreibung der BVVG zum Verkauf,
11.600 Hektar werden verpachtet. Die Ausschreibungslose waren durchschnittlich
9,5 Hektar groß, für die sich durchschnittlich vier Interessenten bewarben.
Mit diesen detaillierten Angaben
will die BVVG dem Vorwurf entgegentreten, sie sei ein Grund für den Anstieg der
Bodenpreise in Ostdeutschland.
Kostenfaktor Boden
Befreien kann sie sich davon
aber nicht, wie das 11. Bodenform des „agrarmanagers“ auf der Grünen Woche zeigte.
Hinter Landfraß, Infrastruktur, Siedlungsdruck und Kapitalinvestoren wird die
BVVG weiterhin als Grund für hohe Preise aufgeführt.
Die Bodenpreise werden
mittlerweile selbst für erfolgreich wirtschaftende Betriebe zu einem Problem,
führte Prof. Dr. Klaus Böhme an. Auch wenn die Kaufsummen im Osten mit 0,268
Millionen Euro viel geringer als im Westen sind (0,750 Millionen) sind die
Preissteigerungen von 236 Prozent seit 2006 doppelt so hoch wie im Westen und
Grund für zahlreiche Klagen der Landwirte.
In den westlichen „Hotspots“
wird der künftige Flächennachweis für tierhaltende Betriebe die Preise weiter
anfeuern, glaubt Prof. Dr. Fritz Schumann, Hautgeschäftsführer des
Bauernverbandes Sachsen-Anhalt. Kapitaldienste in Höhe von 1.370 Euro je
Hektar, wie sie Gerhard Förster vom Landesbauernverband Sachsen ausrechnete,
können nur noch spezialisierte Gemüsebaubetriebe bedienen. Direktvermarkter mit
einem hohen Anteil an Arbeitskräften fehlt angesichts solcher Zahlen die
Perspektive. Betriebswirtschaftliche Fragen geraten in den Hintergrund.
Für Detlef Kurreck bleibt
das Thema ein heißes Eisen. Der Vizepräsident des Bauernverbandes
Mecklenburg-Vorpommern erinnert an das langsame Auslaufen der ersten Säule.
Derzeit sind Direktzahlungen noch bis 2020 sicher, aber danach werden der Boden
und sein Preis wettbewerbsrelevant.
Agrarstrukturelles Leitbild
Für einen Kilometer Autobahn
werden derzeit fünf Hektar Fläche direkt verbraucht. Hinzu kommen weitere 25
Hektar Ausgleichsfläche, die der landwirtschaftlichen Produktion nicht mehr zur
Verfügung stehen. „Hier müsse sich die Politik mehr bewegen“, forderte
Schumann. Sie ist aber auch gefordert, das große Rad zu drehen. Wem sollen die
Agrarflächen gehören, wie viel Bauernland gehört in Bauernhand und wie soll das
Eigentum gestreut sein, fragt Dr. Willy Boß, Vorstand des Bundesverbandes der
gemeinnützigen Landgesellschaften in der neuesten Ausgabe der „Briefe zum Agrarrecht“.
Änderungen über das
Grundstücksverkehrsgesetz zur Steuerung des Bodenkaufes sind zäh. 98 Prozent
der Verkäufe werden heut gar nicht beanstandet. Dr. Boß bindet die Bodenfrage
an die Agrarstruktur. Und da hat die Politik noch kein Leitbild entwickelt,
welche Betriebe mit welcher Ausstattung die Landwirtschaft prägen sollen. Ohne
konkrete Vorstellungen bleiben die Bodenfragen ungeklärt
Roland Krieg
[Sie können sich alle Artikel über die diesjährige Grüne Woche mit dem Suchbegriff „IGW-14“ anzeigen lassen]