Der "Geist von Magdeburg" - Teil II

Landwirtschaft

DBV Mitgliederversammlung 2006 – Teil II

Bauernpräsident Gerd Sonnleitner zeigte sich auf der Mitgliederversammlung in Magdeburg optimistisch, was die Zukunft der Landwirtschaft angeht. Vor allem sieht er Erfolge gegenüber dem Discounter Lidl, der auf Grund der Bauerndemonstrationen Molkereiprodukte nicht mehr unter Einstandspreis verkauft. Als nächstes hat der Deutsche Bauernverband (DBV) Aldi, Netto und Plus im Visier. Die Marktsituation auf dem Milchmarkt ist aber nicht nur wegen der Handelsketten aus dem Gleichgewicht geraten und als mehrarmige Waage kaum noch in ein Gleichgewicht zu bringen. Seit dem Bauerntag in Rostock hat sich kaum etwas verändert. So werden die Milchbauern vom „Geist aus Magdeburg“ wohl eher enttäuscht sein.

Bittere Milch
Prof. Dr. Hannes Weindlmaier von der TU München formulierte es auf dem Magdeburger Forum drastisch: Das Ziel müsse sein, nur noch zukunftsfähige Betriebe zu fördern. Ein Mengensystem, wie die im März 2015 auslaufende Quotenregelung hat in der Vergangenheit nur begrenzte Mengeneffekte hervorgebracht, obwohl angesichts der Milchseen in den 1980er Jahren genau dieses das Ziel gewesen ist. Prof. Weindlmaier sieht eine Chance im weltweiten Abbau der Milchsubventionen, denn dann würde der Weltmarktpreis, auf den sich der europäische Milchpreis zu bewegt, steigen. Wenn der Markt die Preise regelt, dann werden Betriebe weiterhin aufgeben müssen. „Alle gegenwärtig diskutierten Lösungen sind Aktionismus und der Versuch von der bitteren Wahrheit abzulenken“, resümiert Weindlmaier: Die Milchproduzenten sind von einer Vollkostendeckung der Produktion weit entfernt. Er sieht die gegenwärtige Situation als Folge der staatlichen Maßnahmen und prophezeit einen Gewinnrückgang für die Milchbetriebe bis 2013/2014 um 10 bis 53 Prozent.
Die Marktbereinigung hat deutliche Auswirkungen auf die Agrarstruktur. In Bayern werden viele Milchbauern aufgeben müssen, während in Schleswig-Holstein ihre Kollegen noch zulegen werden. Sein Credo: Direktzahlungen werden für die Betriebe in benachteiligten Gebieten bleiben müssen, ansonsten müssen die großen etablierten Betriebe gefördert werden.
Raum für Kostenersparnisse ist vorhanden. Die Produktionskosten für einen 12 kg-Laib Gouda liegt bei einer Jahresproduktionsmenge von 5.000 Kilogramm bei 70 Cent. Werden 30.000 kg Gouda in der Käserei produziert sinken die Herstellungskosten auf 30 Cent.

Herkulesaufgabe und Selbstorganisation
Sonnleitner bezeichnete die Bereinigung des Milchmarktes als „Herkulesaufgabe“. Von den Strukturen her wird vieles größer. Die Deutschen hätten sich jahrelang selbst ein Bein gestellt, weil sie mehr Milch geliefert haben, als erlaubt. In der aktuellen Situation seien Quotenerhöhungen, wie sie von der EU geplant sind, kein gutes Zeichen, denn die Interventionspreise werden weiter sinken. Mehr Milch für weniger Preis. Der Präsident fragte die Praktiker in der Runde, in welcher Form die Milchbauern in Zukunft zusammen arbeiten wollten. Neue Konzepte forderte auch Prof. Weindlmaier. Cooperatives working together (CTW) könnten beispielsweise jeweils 0,1 Cent je kg Milch in die Absatzförderung von Käse oder zur Finanzierung zur Schlachtung von Milchkühen finanzieren.

MeG
In Bayern gibt es 51.000 Milcherzeuger, die einzeln, in Liefergruppen, Erzeugergemeinschaften oder über Molkereigenossenschaften 7,5 Millionen Tonnen Milch liefern. Sie geht in die genossenschaftliche oder private Milchverarbeitung. Jetzt hat sich die Bayern MeG dazwischengeschoben, an die alle Milchbauern liefern können, und die zusätzlich noch für eine Mengenregelung sorgen will.
Die Bayern MeG ist aktuell ein Zusammenschluss von 21 Erzeugergemeinschaften mit 7.500 Milchbauern und einer Liefermenge von rund 1,1 Millionen Tonnen Milch und übernimmt die Verhandlungen mit den Molkereien. In der Vermarktungsorganisation bleiben die einzelnen Erzeugergemeinschaften selbstständig erhalten und fusionieren nicht. „Das Ziel der Bayern MeG lautet, dass die Milch teurer und damit die Existenz der Milchbauern gesichert wird.“ So Jakob Hölzl, Vorsitzender der MeG im April. Der Bayrische Bauernverband hat sogar die Vision, eine Bundes-MeG aufzubauen.

Das ganze scheint zu funktionieren, denn einige Molkereien reagieren bereits auf die Anwesenheit des neuen Markteilnehmers: Müller Milch aus Aretsried zahlt einen einmaligen Treuebonus von 1,1 Cent je kg gelieferte Milchmenge und für einen Dreijahresvertrag 0,5 Cent je kg pro Jahr. Netto, wie das dlz agrarmagazin im Mai berichtete. Die langfristige Bindung soll die Bauern abhalten, an die MeG zu liefern, denn dort dürfen nur vertragsfreie Mengen gesammelt werden.

Die MeG wirbt für sich mit abgestimmten Verhandlungen gegenüber den Molkereien, der Chance eines Rahmenmilchkaufvertrages und nimmt auch die beteiligten Bauern in die Pflicht: Quotendisziplin in einem Bonus-Malus-System.

VLE

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