„Der Holzbau steht für Nachhaltigkeit“
Landwirtschaft
Holzbauwirtschaft setzt mit dem Klimaschutztag Zeichen
Ende August stürmen die ersten Kinder den neuen Holzbau in Berlin-Lichtenberg. Die dreigeschossige Kindertagesstätte wurde in zeitsparender Holzmodulbauweise erstellt. Dorthin lud der Deutsche Holzfertigbau-Verband (DHV) die Presse ein, um nicht nur auf eines der aktuellsten Holzhäuser aufmerksam zu machen, sondern schon auf den 1. Klimaschutztag am 19. September. Dann werden in ganz Deutschland die 300 Mitgliedsunternehmen die Bevölkerung auf das „Bauen mit Holz“ aufmerksam machen.
Das Wohnen mit Holz, Hanf und Stroh hat schon vor zehn Jahren das Interesse geweckt [1]. Die Bautec Berlin kommt ohne das Thema gar nicht mehr aus [2]. Und trotzdem scheint das Bauen mit Holz nur eine Nische zu sein?
Nicht so ganz. In Baden-Württemberg wird bereits mit einer Holzquote am Haus von 39 Prozent gebaut, erläuterte DHV-Präsident Erwin Taglieber. Mittlerweile gibt es in fast allen Städten auch Mehrgeschosser in Holzbauweise. Leuchttürme, die noch meist unerkannt an der Spitze der Bauwirtschaft stehen. Der Klimaschutz muss auch den Bausektor ergreifen. Er verursacht rund 40 Prozent der Emissionen in Deutschland und sorgt trotz hoher Recyclingquote für fast die Hälfte des Abfallaufkommens. Es gibt jede Menge Sondermüll und Verbundstoffe. Der Sektor hat Nachholbedarf, was ähnlich wie im Bereich der Mobilität, auch an den tradierten Trägheit liegt. Ziegel, Beton und Stahl gelten seit dem Zweiten Weltkrieg als die Kennzeichen für das Wirtschaftswunder Bauen. Doch die junge Generation legt beim Bauen, wie beim Wohnen, immer mehr Wert auf Holz. Mit dem 1. Klimaschutztag soll das Thema breiter gestreut werden. Neben den Einfamilienhäusern, setzt schon der soziale Wohnungsbau vermehrt auf Holz.
„Schnell handeln“
„Wir müssen handeln und möglichst schnell“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Uwe Feiler beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Das Bauen der öffentlichen Hand habe eine Vorbildfunktion. Allein der Bundestag baut gerade im Regierungsviertel 400 neue Abgeordnetenbüros in Holzbauwiese. „Unser Ziel ist, dass mehr mit Holz gebaut wird“, versprach Feiler und weiß, dass der Holzbau mit überholten Vorurteilen zu kämpfen hat.
Beispiel Brandschutz: Holzhäuser sind bei Feuer nicht gefährdeter als konventionelle Baustoffe. Die Landesbaubehörden legen genau fest, wie Böden, Wände und Decken feuerfest gestaltet werden müssen, wirbt der DHV. Den Vorschriften sind alle Baustoffe gleichermaßen unterworfen.
Seit 2017 fördert das BMEL zusammen mit der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe das Bauen mit Holz und hat bereits die „Charta für Holz 2.0“ aufgelegt [3+4].
Gute Rahmenbedingungen
In Berlin gibt es mittlerweile fünf Kitas in Holzbauweise. Die Rahmenbedingungen sind gut, stellt Erwin Taglieber fest. Wenn Europa bis 2050 klimaneutral werden will, braucht der Mensch Holz für den Wohnungsbau. Holz hat mit Abstand den geringsten Primärenergie-Aufwand bei allen Baustoffen. Holz ist mehr als nur Dämmstoff und Beplankung, der nachwachsende Rohstoff wird auch für tragende Bauteile genutzt.
Im vergangenen Jahr wurden nach Taglieber 85.000 Häuser in Deutschland gebaut. „Eine verpasste Chance“ für die Holznutzung. Denn der Baum wandelt beim Wachstum Kohlendioxid in Biomasse um. Ein Kubikmeter Holz speichert rund eine Tonne CO2. Mit der Eroberung des städtischen Raumes, wächst, so Taglieber „ein zweiter Wald in der Stadt“.
Das ist aber noch nicht alles. Kein anderer Baustoff hat eine so nachhaltige Wertschöpfungskette, wie das Holz. Der freie Architekt und Dozent der Internationalen Hochschule für Nachhaltigkeit, Klimawandel und Ökologie in Erfurt, Prof. Kay Künzel, kann seine Liebe zum Holz kaum verbergen. Vom Setzling bis zum einschlagfertigen Baum vergehen mindestens 70 Jahre. Für weitere 100 Jahre ist das Treibhausgas in der Wand oder Decke festgelegt. Aus einem alten Dachstuhl bastelt Kay Künzel dann noch neue Möbel und verlängert die Speicherung noch einmal. Länger verweilt der Kohlenstoff sonst nur als Dauerhumus in der Tiefe des Bodens.
Wirtschaftlichkeit
Mit dieser zeitlichen Perspektive schreibt Künzel die Wirtschaftlichkeit neu. Auch wenn das Bauen mit Holz etwas teurer ist, schreibt sich der Nutzen alleine im Baustoff durch die mehrmalige Kaskadennutzung fort. Nach einigen Jahren rechnet sich das Bauen mit Holz für die Bewohner, wenn sie weniger Energiekosten bezahlen. Deutschland ist aber noch nicht so weit. Die Holzwirtschaft ist gegenüber Österreich anders aufgestellt. Im Alpenland gibt es in jedem größeren Ort eine Sägemühle, die sich selbst finanziert. Dort ist das Bauen mit Holz aus der Bauindustrie nie wirklich verschwunden.
Aktuell füllen die steigenden Holzpreise die Schlagzeilen. Asien und die USA saugen aus Deutschland den Baustoff ab. Deutschland exportiert damit eine Klimaschutzleistung, warnt Künzel. Holz ist hier zu einem knappen Rohstoff geworden. Der Vergleich mit dem Vorjahr zeigt, dass Dachlatten um 49 Prozent und Bauholz um 38 Prozent teurer geworden sind. Ulrich Wolf, Chefredakteur und Herausgeber der Fachzeitschrift „bauen mit holz“ (bmh) schreibt im Vorwort der dritten Ausgabe 2021, dass die hohen Preise im Kern nichts daran ändern, „dass Holz der Baustoff mit Zukunft bleibt. Das Thema Nachhaltigkeit und ressourcenschonendes Bauen wird nach der Pandemie mit ziemlicher Wucht zurückkommen, nämlich dann, wenn der Klimawandel und seine Auswirkungen wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken.“
Die Rohstoffbasis erhalten
Der Wald unterliegt einer hohen Anzahl von Zielkonflikten. Neben Erholung und Artenvielfalt wird oft vergessen, dass nur der wachsende Wald Kohlenstoff speichert. Ohne die Nutzung der Wälder verliert der Wald seine Senkenfunktion für das Treibhausgas. Das betont auch Uwe Feiler auf Nachfrage gegenüber Herd-und-Hof.de. Bei aller Suche nach klimastabilen Wäldern, dürfe die Funktion des Baustoffes Holz nicht vernachlässigt werden. Dem Wald droht noch eine andere Gefahr. Die mehrjährige Trockenheit setzt den Wäldern regional zu. Tote Wälder sind dann keine Kohlenstoffspeicher mehr, sondern emittieren das Treibhausgas. Nach Feiler gilt für die Forstwirtschaft das gleiche wie bei der Landwirtschaft: Das Wasser muss in der Region und im Boden gehalten werden.
Holzbau-Petition
Das BMEL wird am 19. September die Schirmherrschaft für den 1. Klimaschutztag der Holzbauindustrie übernehmen. Für die 85.000 Häuser im Jahr 2020 hätte der Wald gerade einmal 100 Tage Wachstum gebraucht.
Für den Wandel hat Taglieber dem Staatsekretär ein Positionspapier des DHV überreicht. Holz ist der Baustoff für das 21. Jahrhundert, heißt es darin. Die Holzwirtschaft befürchtet im Rahmen des neuen Klimaschutzgesetzes, dass Wälder für die Nutzung stillgelegt werden. Im Rahmen der Wertschöpfungskette müssen Nasslager [5] für rund 20 bis 30 Millionen Festmeter Kalamitätsholz geschaffen werden. Die Holzbauquote soll jedes Jahrzehnt um 10 Prozentpunkte gesteigert werden. Wie in Österreich müsse wieder eine regionale Wertschöpfungskette Holz aufgebaut werden. Die Großindustrie sei zu sehr auf den Export ausgelegt. Für eine umfassende Ökobilanzierung im Gebäudeenergiegesetz (GEG) dürfe nicht nur die Nutzungsdauer der Gebäude, sondern die gesamte „Lebenszeit des Holzes“ aus dem Wald heraus verrechnet werden. Holz ist zu wertvoll für die energetische Nutzung. Die stoffliche Verwertung müsse Vorrang bekommen. Und nicht zuletzt: Beim Klimaschutz muss die Leistung des Waldes anerkannt werden.
Lesestoff:
Den DHV finden Sie unter: www.d-h-v.de
Nach dem 19. September beschäftigt sich die Eastwood in Leipzig am 07. und 08. Oktober mit Holz als Baustoff. https://www.eastwood-leipzig.de/
[1] Wohnen mit Holz, Hanf und Stroh: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wohnen-mit-holz-hanf-und-stroh.html
[2] Bautec 2014 https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/bauen-mit-holz-da-geht-noch-was.html
[3] Themendossier bei der FNR: https://www.fnr.de/presse/themendossiers/themendossier-holzbau
[4] Charta für Holz 2.0 https://www.charta-fuer-holz.de/
[5] Wohin mit dem Holz? https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wohin-mit-dem-holz.html
Roland Krieg; Fotos: roRo
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