Der Kaktus für Haut, Herz und Figur
Landwirtschaft
Kaktusfeigenprodukte aus Tunesien
„El
Nopal“ heißen die stacheligen Gesellen in ihrem Ursprungsland Mexiko. Opuntia
ficus indica gehört zu den Nelkengewächsen (Caryophyllales) und wachsen
zwischen dem 53. Grad nördlicher und 50. Grad südlicher Breite zwischen Kanada
und Süd-Chile. Die Kaktusfeige war in Zentralamerika neben Agave und Mais eine
wichtige Ackerfrucht1), die vermutlich schon vor 8.000 Jahren
kultiviert wurde. Die Kaktusfeige wird heute in Mexiko auf rund einer Million
Hektar angebaut und zu 90 Prozent als Viehfutter eingesetzt. 70 Prozent der
Welternte, rund 420.000 Tonnen, werden noch in Mexiko produziert.
Wachsen im Trockenen
Im 16. Jahrhundert gelang der Feigenkaktus nach Europa und hat sich wegen seiner vegetativen Vermehrung schnell im ganzen Mittelmeerraum ausgebreitet. Als CAM-Pflanze eignet sich Opuntia für die trockenen Standorte. CAM steht für Crussulaceen acid metabolism. Dickblattgewächse, zu denen auch die Ananas gehört, sind in der Lage Kohlendioxid in der Nacht aufzunehmen und als Apfelsäure zu speichern. Diese wird dann tagsüber der Photosynthese zugeführt. Durch die Aufnahme in der Nacht reduzieren die CAM-Pflanzen deutlich ihre Verdunstung und prädestinieren sie für die Trockengebiete. Sie haben schlichtweg einen deutlichen Wachstumsvorteil gegenüber den „normalen“ Pflanzen, die tagsüber Kohlendioxid aufnehmen müssen und dann ihre Blattöffnungen offen halten. Ein weiterer Trick zum Wassersparen ist die Umwandlung von Blättern in Blattdornen.
„Sultan
der Früchte“
Die
Kaktusfeige wurde in Nordafrika gezielt gegen die Bodenerosion angepflanzt. Die
Tunesier nennen sie „hindi“ oder auch „Sultan der Früchte, weil sie die Vielfalt
der Pflanze schnell erkannt haben. Der Feigenkaktus wächst mit einem
eindeutigen Stamm, auch wenn er aus der Ferne eher strauchartig erscheint. Vom
Stamm zweigen grüne, elliptische Triebe ab. Diese Blüten sind gelb bis rot und
färben sich orange bis rot je reifer sie werden. Unter der ungenießbaren Schale
befindet sich das Fruchtfleisch, das bis zu 350 Samen beinhalten kann, die jedoch mitgegessen
werden können. Die Früchte sind vier bis elf Zentimeter lang und bis zu sieben
Zentimeter dick. Die Fruchtmasse kann bis zu 70 Prozent ausmachen, die Schale
rund 30 Prozent. Die Samen bringen ein Volumen zwischen fünf und zehn Prozent
ein.
Das
Fruchtfleisch ist mineralreich und hat einen hohen Anteil an Vitamin C. Die
natürlichen Farbstoffe gelten als Fänger von freien Radikalen in den Zellen. In
den 1990er Jahren gab es viele Untersuchungen über die Gesundheitswirkung der
Kaktusfeige. Definitiv belegt ist die Wirkung des Opuntienpektins bei diabetischen
Ratten, doch wird die Frucht in der traditionellen mexikanischen Medizin bei
Durchfallerkrankungen eingesetzt. Aus den Blüten wird ein Blasentee hergestellt
und auch die Tunesier weisen gerne auf die Gesundheitswirkung hin: Natürliches
Schlankheitsmittel, Regulierung von Cholesterin und Blutzucker, Stärkung des
Immunsystems und Feuchtigkeitsregulierung der Haut.
So
ist es kein Wunder, dass „Nopal Tunisie“ ein großes Produktspektrum aus der Kaktusfeige
entwickelt hat und auf der BioFach in
Nürnberg vorstellte.
Vom
Snack zum Exportschlager
In
Tunesien wird das erfrischende Fruchtfleisch an allen Ecken als Snack angeboten.
Von August bis November ist Erntezeit auf der 1.000 Hektar großen
Kaktusfeigen-Plantage von Bannani Mohamed Rachdi, dem Generaldirektor von Nopal
Tunisie. Zwischen acht und zehn Tonnen zertifizierte Bioware ernten die 20
Arbeiter je Hektar. In der Haupterntezeit kommen 30 weitere Helfer hinzu, die
mit Handschuhen geschützt die stachelige Ernte bewältigen.
Ab
dem zweiten Jahr tragen die Kakteen ihre Früchte und können bis zu 40 Jahre
genutzt werden, beschreibt Bannani Mohamed Rachdi gegenüber Herd-und-Hof.de die
Nutzung. Erst ab 2007 haben die Tunesier mit dem Export der Produkte begonnen.
Traditionell gehen die meisten Waren nach Frankreich, doch dann folgt bei den
Kaktusfeigen bereits Deutschland. Mit einem österreichischen Importeuer werde
derzeit verhandelt.Neben
dem Fruchtfleisch und einem Saft, der vor allem in der Region Kairouan,
gepresst wird, wird mit Hilfe deutscher Technologie Kaktusfeigenöl aus den
Samen gewonnen. Dann müssen die Früchte aber auch ganz reif geerntet werden.
Aus
zehn Kilogramm Kaktusfeige wird ein Kilo Pulver aus den Kernen gewonnen, das in
kosmetischen Produkten Verwendung findet. Konfitüren aus dem Feigenkaktus sind
einer der neuesten Produktentwicklungen, das allerneueste ist die Verwendung
des Kernmehls als glutenfreier Bestandteil im Brotgetreide.
Die
Kaktusfeige wird ähnlich einer Kiwi gegessen. Mit Küchenhandschuhen geschützt
wird die Frucht der Läge nach aufgeschnitten. Der beste Trick: auf eine Gabel
aufgespießt, wird an jedem Ende eine flache Scheibe abgeschnitten. Dann kann die
Fruchthaut am leichtesten abgezogen werden. Gut gekühlt mit einem Schuss
Zitronen- oder Limettensaft beträufelt ist die Kaktusfeige eine herrliche Erfrischung.
Lesestoff:
1) Dissertation von Thomas Wickert: In vitro-Studien zur Biofunktionalität von Betanin und Indicaxanthin sowie von Extrakten aus den Kaktusfeigen (Opuntia ficus indica), Universität Würzburg, 2006; Fakultät für Chemie und Pharmazie.
Roland Krieg; Fotos: roRo, Werkbild
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