Des Waldes Zustand
Landwirtschaft
Erholt, aber noch immer geschädigt
>"Der Wald hat sich gegenüber 2004 leicht erholt, aber eine Trendwende ist bisher nicht erkennbar. In der Luftreinhaltung darf daher nicht nachgelassen werden." So stellte Dr. Peter Paziorek, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gestern Mittag den Waldzustandsbericht in Berlin vor.Nadelwald dominiert
Der Wald wurde einst von den Römern als dunkler Mythos und als unbezwingbare Barriere verteufelt, weil er die Eroberung Germaniens verhinderte. Der Wald war den Gebrüder Grimm Kulisse ihrer Sagen und Märchen. Aber in letzter Zeit gerät er nur noch mit dem Begriff "Waldsterben" in die Schlagzeilen. So ist der Wald doch stets ein Spiegel des Umgangs der Menschen mit der Natur, fasste das Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle zusammen (UFZ). Seit rund 200 Jahren sind in Deutschland überwiegend Monokulturen von Kiefern und Fichten angepflanzt worden. Anfangs geschah das, um abgeholzte Flächen wieder aufzuforsten. Es zeigte sich allerdings, dass diese Forsten gegenüber Witterung und Schädlingen extrem anfällig sind. "Ziel des Waldbaues ist nun, von den Monokulturen weg zu kommen und hin zu dem, was die Natur machen würde, wenn man sie ließe", erklärte Daniela Weber vom UFZ. Der Wald ist die Klimaxvegetation Mitteleuropas und von der Buche geprägt. Siedler begannen im frühen Mittelalter die Wälder zu roden und in Äcker umzuwandeln.
Mit 28 Prozent Flächenanteil machen Fichten und mit 23 Prozent Kiefern zusammen über die Hälfte des Waldes aus. Die Buche verzeichnet der Waldzustandsbericht nur noch mit 15 und die Eiche mit 10 Prozent Flächenanteil.
Begutachtung der Krone
Seit 1984 wird jährlich der Kronenzustand erfasst, weil er die gesundheitliche Verfassung der Bäume wider spiegelt. Die Abweichungen von einer voll belaubten Krone werden in Fünf-Prozentschritten geschätzt und als Nadel- oder Blattverlust in fünf Schadstufen (0 bis 4) zusammen gefasst. Bis zu 10 Prozent Blatt- oder Nadelverluste liegen noch im nicht sichtbaren Bereich und fallen in die Stufe 0. Ab einem Verlust von mehr als 60 Prozent hat der Baum eine starke Kronenverlichtung.
2003 gab es ein extremes Trocken- und Hitzejahr, was den Bäumen erheblich zugesetzt hatte. Jenes Jahr wies die deutlichsten Kronenverlichtungen auf. Im bundesweiten Durchschnitt verringerten 2005 sich die starke Kronenverlichtungen um zwei Prozentpunkte auf 29 Prozent, die jene zitierte leichte Erholung ausmachen. Der Anteil der Bäume ohne Kronenverlichtung nahm von 28 auf 29 Prozent zu. Die beiden letzten regenreichen Sommer ließen dieses Ergebnis auch erwarten.
Die Eiche weist von allen Baumarten die meisten Schäden auf. Eine deutliche Kronenverlichtung haben 51 Prozent aller Eichen. Für den Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist das ein Warnsignal. Geschäftsführer Gerhard Timm: "Wenn mehr als die Hälfte der Eichen schwer krank ist, sogar drei Viertel in Baden-Württemberg, steht es nicht nur um die Zukunft der Eiche schlecht. Die Eiche ist eine der wichtigsten Laubbäume in unseren Mischwäldern."
Die Buche weist nach dem Bericht zu 44 Prozent, die Fichte mit 31 und die Kiefer mit 19 Prozent deutliche Kronenverlichtungen auf.
Gefährdung des Waldes
Es ist ein ganzes Bündel an Ursachen, dass den Wald gefährdet. Darunter zählen Schwarzwild und Mäuse, Luftemissionen, Rodungen als Flächennutzung, Erosion und Überschwemmungen, Witterung, wie Sturm, Hagel, Trockenheit und die Schädlinge mit Borkenkäfer und Pilzen.
So belasten Luftverunreinigungen die Ökosysteme zwar nicht mehr so stark wie noch vor 15 Jahren, sind aber nach dem Bericht immer noch von Bedeutung. Vor allem Stickstoff- und Schwefelverbindungen sowie das Ozon. Einmal schädigen die Schadstoffe die Pflanzen durch ihre toxische Wirkung direkt an Nadeln und Blättern. Über längere Zeiträume entstehen in den Waldböden Säurebildner. Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte daher eine stärkere Förderung der Waldkalkungsmaßnahmen durch Bund und Länder.
Neben Verbrennungsprozessen sind die Stickstoffeinträge des Ammoniums aus der Landwirtschaft die bedeutendsten. Cornelia Behm (Grüne), Mitglied im Bundestagsausschuss für Verbraucherschutz und Landwirtschaft sieht daher "das Thema Stickstoffüberschüsse in der Landwirtschaft mit der neuen Düngeverordnung noch nicht erledigt". Eine Novellierung werde wohl in einigen Jahren erneut verhandelt werden müssen, "um die Ammoniak- und Lachgasemissionen ... weiter zu vermindern."
Die im Trockenjahr 2003 ausgegangene Massenvermehrung des Buchdruckers und Kupferstechers (Rindenbrütende Borkenkäfer) an der Fichte hat sich nicht fortgesetzt. Die Witterung hat den Bekämpfungsmaßnahmen dabei geholfen. Regional sind aber Fichten mit Hallimaschbefall immer noch durch die Insekten hoch gefährdet.
Bei den Holzbrütenden Borkenkäfern, die das Nutzholz entwerten, breiten sich eingeschleppte Arten, wie der Schwarze Nutzholzborkenkäfer und der Amerikanische Nadelnutzholzborkenkäfer aus.
Behm fordert zudem eine Novellierung des Bundesjagdgesetzes, um "waldverträgliche Wilddichten" zu gewährleisten. Oftmals verbeißt der hohe Besatz die jungen Bäume und steht der Naturverjüngung des Waldes entgegen.
Mehr Holz nutzen
?Der nachwachsende Rohstoff und Energieträger Holz kann hierbei (energetische Gebäudesanierung; roRo) eine hervorragende Rolle spielen?, unterstrich Paziorek. Holzbaustoffe böten sich für intelligente Lösungen nicht nur im Bau von Niedrigenergiehäusern an, sondern auch für moderne Holzfeuerungsanlagen als CO2-neutrale Alternative zur Ölheizung. Eine stärkere Verwendung von Holz sei gelebter Umweltschutz.
Zudem zeigt, so der Bericht, der deutsche Wald mit durchschnittlich 320 Vorratsfestmeter je Hektar (VFm/ha) hohe Holzvorräte auf historischem Höchststand. Die alten Bundesländer erreichen einen jährlichen Zuwachs von 12,6 VFm/ha, der nur zu 70 Prozent ausgenutzt ist. Damit steigt der Holzvorrat und das Alter des Waldes an. Dadurch wird der Wald zwar vielseitiger, aber die Bäume anfälliger gegen Umweltstress und Holzentwertung durch Insekten.
Der Waldbericht kann unter der Adresse www.verbraucherministerium.de/index-000EF6F5B54313CBA2406521C0A8D816.html abgerufen werden.
Zukunftswald
Der Begriff ?Nachhaltigkeit? stammt schließlich aus der Forstwirtschaft. Eine reine ökonomische Betrachtung ist damit nicht gemeint. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt ?Zukunftsorientierte Waldwirtschaft?. Dabei spielen auch die ?Nebenziele? Erholung, sauberes Wasser, Artenvielfalt und Klimaschutz eine Rolle. Unter www.zukunftswald.de ist das aktuelle Wissen um den Wald aufbereitet und Schüler können nicht nur virtuell durch den Wald streifen, sondern am Bildschirm einmal ausprobieren, wie sie als Förster aus kleinen Stecklingen einen Wald anlegen.
Mit der heimischen Rotbuche haben die Wissenschaftler des UFZ zwischen 1998 und 2004 in fünf Modellregionen vom nordostdeutschen Tiefland über das Erzgebirge bis zum Schwarzwald den Wald zum Mischwald umgebaut. Die heimischen Buchen werden mit dem Klimawandel zurecht kommen, prognostizieren die Experten. Den Import von Buchenarten aus Südeuropa halten sie für den falschen Weg.
Die Ergebnisse haben sie in dem Buch "Ökologischer Waldumbau in Deutschland" (Peter Fritz (Hrsg.); Oekom verlag; München 2006; ISBN 3-86581-001-2) veröffentlicht. Das Buch kostet 29,80 Euro.
Waldpädagogik
Seit gestern liegt auch wieder der seit 1998 erscheinende Waldpädagogik-Jahreskalender für Brandenburg vor. Der Brandenburger Wald ist nach dem Landeswaldgesetz auch ein Ort der Bildung. Rund 180.000 Brandenburger besuchen über 8.000 waldpädagogische Veranstaltungen im Jahr. Die sind, soweit planbar, in dem Kalender aufgeführt. Neben monatlichen Schwerpunkten sind Fährtenwanderungen im Schnee, Frühlings Erwachen im Mai, Pilzjagd oder Wald und Weihnacht aufgeführt. Den Kalender finden sie unter www.waldpaedagogik.de mit jeweils aktualisierten Monatsplänen.
VLE