Deutschland wegen Nitrat vor dem EuGH

Landwirtschaft

Versäumnisse bei Nitrat enden vor Gericht

Die Europäische Kommission hat am Donnerstag die Klage gegen Deutschland wegen Versäumnisse gegen die Gewässerverunreinigungen durch Nitrat eingereicht. Nitrat als Düngemittel wertvoll führt in hohen Mengen zu starken Wasserverunreinigungen und gefährdet die Gesundheit der Menschen.

Die bereits im Jahr 2012 übermittelten Zahlen der Bundesrepublik weisen eine wachsende Nitratverunreinigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer bis in die Ostsee hinein aus.

Hintergrund ist die Nitratrichtlinie 91/676 (EWG), die bei den Ländern Maßnahmen gegen die Verschmutzung einfordert und Bestandteil der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG wurde. Als Richtwert sind 50 mg Nitrat je Liter Wasser festgesetzt, dessen Überschreitung vor allem bei Schwangeren und Kindern erhebliche Gesundheitsgefährdung hervorrufen kann. Die Entfernung des Nitrats aus dem Trinkwasser ist kostspielig und vor allem durch Bund und Länder finanziert. Deutschland hat Zwischenberichte und einen Aktionsplan eingereicht, der die Kommission nicht überzeugte. Jetzt gilt der Rechtsweg.

Ohrfeige für den Saubermann

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezeichnet die Klage als „eine Ohrfeige für die deutsche Landwirtschaftspolitik“. Die Neue Osnabrücker Zeitung zitiert BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand: „Die Landwirtschaft in Deutschland muss endlich ihre Blockadehaltung aufgeben, die eine wirksame Reduzierung er in vielen Regionen zu hohen Grundwasser-Belastung mit Nitratrückständen verhindert.“ Seit mehr als einem Jahr werde die neue Dünge-Verordnung verschleppt. Die Klage der EU sei absehbar und damit vermeidbar gewesen.

Ähnlich meldete sich Grünen-Fraktionsvorsitzender Anton Hofreiter: „Das ist eine Schelle mit Vorankündigung. Seit Monaten steht Minister Schmidt auf der Bremse und verhindert, dass Güllefluten aus der Massentierhaltung eingedämmt werden können. Ausbaden muss das am Ende der Steuerzahler und jeder Bürger über die Wasserrechnung. Wir müssen unser Wasser schützen und brauchen endlich eine strengere Düngeverordnung.“

Martin Häusling, Europaabgeordneter der Grünen: „Mit der Klage gegen Deutschland macht die Kommission unmissverständlich klar, dass die Bundesregierung viel zu wenig tut, um die Verunreinigung der Gewässer, z.B. durch Überdüngung aus der Massentierhaltung, endlich zu stoppen. Nun drohen saftige Strafzahlungen, weil Deutschland dieses akute Umweltproblem ignoriert.“

Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer: „Das ist Note Sechs für Bundesagrarminister Christian Schmidt. Er muss endlich mal seine Hausaufgaben machen. Es ist für mich unerklärlich, warum trotz einer Stellungnahme seitens der EU, die den deutschen Behörden immerhin seit Sommer 2014 vorliegt, nichts passiert ist. Düngegesetz und Düngeverordnung hätten längst entsprechend novelliert sein müssen.“

„Nachdem die Bundesregierung die Regeln zum Wasserschutz zehn Jahre lang verwässert und damit die Schleusen für industrielle Massentierhaltungen geöffnet hat, gilt es nun unverzüglich der Nitratverseuchung durch zu viel Gülle den Hahn abzudrehen“, sagte Reinhild Benning, Agrarexpertin von Germanwatch. Die Umweltorganisation fordert die Wiedereinführung der vollständigen Hoftorbilanz für jeden Betrieb und eine bundeseinheitliche Gülle-Transportdatenbank, um Nährstoffströme aus gewerblichen Tierhaltungen aus dem In- und Ausland wirksam zu kontrollieren.

Bauernverband zeigt sich überrascht

Der Deutsche Bauernverband (DBV) zeigte sich von der Klage überrascht, weil derzeit ein „konstruktiver Austausch zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung laufe.“ Dieser bezieht sich auf die Düngeverordnung, deren „weitreichende Änderungen“ offenbar nicht berücksichtigt seien. Der DBV forderte die Bundesregierung auf, deutlicher zu machen, „dass mit dem Entwurf der Düngeverordnung die Vorgaben der EU hinreichend umgesetzt wurden.“ Weitere Verzögerungen bei der Düngeverordnung seien nicht mehr zu tolerieren.

Brüssel wartet auf Entwurf

Die Klage basiert auf einer Stellungnahme der EU, die im Juli 2014 an die Bundesregierung übermittelt wurde. Zwar hat die Koalition im Dezember 2015 einen Entwurf der Düngerverordnung zurückgesandt, der allerdings wegen Mängel zurückgewiesen wurde. Bis Juni 2016 muss der Bund einen neuen Entwurf vorlegen.

Roland Krieg, VLE

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