Die 100.000 Liter Kuh

Landwirtschaft

Demeter ehrt Theresa aus Mittelhessen

>Eigentlich reichen 8 Kilogramm Milch pro Tag, damit eine Kuh ihr Kalb ernähren kann. Für den menschlichen Bedarf reicht das nicht und die Zuchtbücher sind voll von Spitzenkühen, die quasi einem Quartettspiel gleich, möglichst hohe Milchmengen aufweisen. Hochleistungskühe schaffen 50 Kilogramm pro Tag - aber die Nutzungsdauer hat dramatisch abgenommen. Nach rund 2,5 Jahren ist Schluss.

Rotbunt und 16 Nutzungsjahre
Die guten alten rotbunten Kühe sind selten geworden. Eine davon, Theresa, steht auf dem mittlerhessischen Hof Fleckenbühl in Cölbe-Schönstadt bei Marburg. Betreut wird der Hof von einer Suchthilfe-Einrichtung und stand jetzt im Mittelpunkt einer Ehrung durch Demeter, des ältesten deutschen Ökoverbandes. Theresa ist "die älteste 100.000 Liter-Kuh, die wir jemals hatten", sagte Jost Grünhaupt, Zuchtleiter der Hessischen Rinderzüchter. Theresa ist mittlerweile 16 Jahre alt und hat im letzten Jahr noch Zwillinge geboren, genau wie im Jahr davor. Damit kommt das Tier auf 15 Abkalbungen in 16 Jahren. "Die Fruchtbarkeit dieser Rotbunten ist schon fast einmalig", betont Grünhaupt.
In der Blüte ihrer Jahre kam sie auf 9.000 Liter Milch pro Jahr. Zur Zeit sind es immer noch rund 7.000 Liter. Und das aus einer Grundfutterration, die überwiegend aus Heu und Silage besteht. "Gerade im Demeter-Bereich ist eine solche Leistung erstaunlich, denn wir verzichten bewusst auf Kraftfutter-dominierte Rationen und erzeugen möglichst alle Futterkomponenten auf dem eigenen Betrieb", sagt Dirk Gärtner, zuständig für den Bereich Landwirtschaft auf dem Hof Fleckenbühl. Lediglich Mineralfutter wird zugekauft. Theresa bekommt 100 Prozent Biofutter, von denen 98 Prozent von Demeterbetrieben stammt.

Nicht nur eine Nummer
Das Theresa nicht nur mit einer Identnummer wahrgenommen wird, spricht für die besondere Pflege, die ihr zugute kommt. Erstaunlich, denn Hof Fleckenbühl ist kein traditioneller Familienbetrieb, sondern innerhalb der Suchthilfe wird mit wechselnden Teams gearbeitet. Um Theresa und den Kuhstall kümmert sich Dominic Lux. Er verweist nicht ohne Stolz auf die gesunde Herde von 51 Rotbunten. Sie stehen angebunden an ihren Fressständen, haben täglich ihren Auslauf im befestigten Laufhof, gehen im Sommer auf die angrenzende Weide und halten die Rangordnung beim zweimaligen Gang in den Melkstand penibel ein. Auch wenn sich das Prinzip bewährt hat, planen die Fleckenbühler einen Stallneubau, der auf die Anbindung verzichtet. So ist das auch in der EU-Bioverordnung vorgesehen. "Mal sehen wie wir dann den persönlichen Kontakt zu allen Tieren und die besondre Zuwendung gerade in der Suchthilfearbeit hinkriegen", blickt Hof-Chef Sören Link noch etwas skeptisch in die Zukunft.
Probleme bei der Ehrung gab es beim Bekränzen von Theresa, denn ihre Hörner sind zu groß für den Kranz. Demeter-Kühe tragen noch alle ihre Hörner. Das schmerzhafte Enthornen. "Unsere wesensgemäße Tierhaltung geht eben über das hinaus, was sonst unter argerecht läuft", kommentiert Gärtner.

roRo

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