Die amerikanische Karriere der Luzerne
Landwirtschaft
Produktionswert von Luzerne höher als US-Weizen
Schon im alten Persien war die Luzerne ein wichtiges Pferdefutter und kam schon vor der neuen Zeitrechnung nach Italien und wurde Schafen als Futter vorgelegt. Die Waldenser brachten Medicago sativa nach Ende des 17. Jahrhunderts nach Deutschland und die Spanier führten die Stickstoff sammelnde Leguminose, die zur botanischen Familie der Schmetterlingsartigen zählt, nach Amerika ein. Im ökologischen Futteranbau spielt die Luzerne zusammen mit Klee und Gras ein wertvolles einheimisches Eiweißfuttermittel.
Mittlerweile hat die Luzerne in den USA den Weizen überflügelt. Nach Auswertungen des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) hat Alfalfa, wie die Luzerne in den USA heißt, mit 9,3 Milliarden US-Dollar den Produktionswert von Weizen um 1,2 Milliarden Dollar überflügelt. Beth Nelson ist Vorstand der National Alfalfa & Forage Alliance (NAFA) und wirbt für mehr Wertschätzung der lilafarben blühenden Pflanze. Trotz ihres hohen Produktionswertes wird sie immer noch unterschätzt. Sie gehöre jedoch definitiv zu den traditionellen „Big 5“ der Feldfrüchte Mais, Sojabohnen, Weizen, Baumwolle und Reis.
Was die Nutztierhalter schon immer als wertvoll schätzten, gewinnt mittlerweile auch in den USA für die Umwelt an Bedeutung. „Alfalfa ist eine Schlüsselpflanze für eine nachhaltige Landbewirtschaftung und ein Einkommensgenerator für den ländlichen Raum.“ Als weitere Umwelteffekte zählt Nelson den Fruchtwechsel, die Erhöhung der Biodiversität sowie die Funktion als Bienenweide auf. Da die Pflanze selbst Stickstoff aus der Luft fixiert, sparen die Landwirte Dünger und Überfahrten auf den Feldern.
Die Vielzahl an Vorteilen ist dem USDA ein eigenes Forschungsprogramm in Höhe von zwei Millionen US-Dollar wert. Für Nelson ist das zwar zu wenig, aber ein guter Beginn für eine höhere Wertschätzung der Luzerne. Im Februar diskutierte die NAFA mit Agrarpolitikern die Aufnahme der Luzerne in die Sicherheitsprogramme der Farm Bill, der amerikanischen Entsprechung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU. Derzeit ziehen Landwirte dem Luzerneanbau Futterpflanzen vor, die über die Farm Bill abgesichert sind.
Im letzten Jahr haben Luzernebauern in 42 US-Staaten Luzerne als Trockenheu im Wert von 7,9 Milliarden Dollar und in 17 Staaten als Gärheu im Wert von 1,4 Milliarden Dollar verfüttert.
Deutschland: Luzerne statt Soja?
In Milchviehbetrieben werden zwischen einem und zwei Kilo Luzerne pro Tag und Tier als Trockenheu verfüttert. Es ist zwar kein „Standardfutter“ und muss für die Rationsberechnung nach der Ernte analysiert werden, kann aber mit gleicher Menge in einer Ration mit Mais- und Pressschnitzelsilage fünf Kilo Stroh und vier Kilo Sojaextraktionsschrot ersetzen. Die Milchleistung bleibt gleich und die Landwirte berichten von einer besseren Gesundheit der Tiere. Auf trockenen Standorten ist die Luzerne dem traditionellen Ackergras im Ertrag überlegen. Dafür nehmen die Milchbauern auch niedrigere Energiegehalte in Kauf.
Profis verfüttern Luzerne auch als Gärheu. Das wird von allen Wiederkäuern gerne gefressen und nimmt einen Stellenwert zwischen Silage und Heu ein. Damit Gärheu gelingt, muss es unbedingt vor dem Rispenschieben gemäht werden. Dann ist die Luzerne blattreich und lässt sich in der Rundballenpresse sehr gut verdichten und sechslagig wickeln. Im Fahrsilo sind die obersten Zentimeter und die Randlagen besonders schimmelanfällig. Fachexperten raten bei der Herstellung von Gärheu im Fahrsilo Silierhilfsmittel.
Roland Krieg