Die „blaue Säule“ in der GAP
Landwirtschaft
Thema Wasser im EU-Umweltausschuss
Im Rahmen eines Workshops hat am Donnerstag der
Umweltausschuss des Europaparlaments das Thema Wasser in der EU diskutiert. Der
Vorsitzende Richard Seebner schlug dabei vor, in der Gemeinsamen Agrarpolitik
(GAP) eine „blaue Säule“ einzuführen, die dem Thema Wasser gewidmet ist. Nach
der Energieindustrie ist die Landwirtschaft der größte Wassernutzer in der EU.
Zudem werde der Klimawandel und der vermehrten Anbau von Biomasse, auch als
erneuerbare Energie, den Wasserbedarf künftig erhöhen.
EU-Fakten: 20 Prozent des gesamten Oberflächenwassers
in Europa ist schwer schadstoffbelastet.65 Prozent des Trinkwasserbedarfs
stammt aus dem Grundwasser. 60 Prozent der Städte übernutzen ihre
Grundwasserreserven. 50 Prozent der Feuchtgebiete sind durch Übernutzung des
Grundwassers gefährdet und die Fläche mit künstlicher Beregnung hat sich seit
1985 um 20 Prozent vergrößert.1)
Ungleiche Wasserverteilung
Nach dem Ökonom Erik Klaasens von der Beraterfirma
ECORYS habe Europa grundsätzlich genug Wasser. Knapp wird es im mediterranen
Raum, aber auch Belgien übt einen hohen Nutzungsdruck wegen seiner
Energiegewinnung aus. Von Druck auf die verfügbaren Wasserressourcen spricht
der Experte, wenn 20 Prozent davon genutzt werde, von sehr hohem Druck, liegt
die Nutzung bei 40 Prozent.
Das Thema Wasser ist vielfältig. Neben der
Mengenentnahme, geht es um die Qualität, aber auch um Trockenheit und
Überschwemmungen. Die beiden letzten Ereignisse verursachen in Europa jährliche
Kosten in Höhe von sechs bis neun Milliarden Euro.
Erfreulich sei zwar, dass sich in den letzten Jahren
die Qualität der Gewässer deutlich verbessert habe. 80 Prozent der Binnen- und
Badegewässer gelten mittlerweile wieder als sauber, und sowohl Haushalte als
auch Industrie gehen sparsamer mit der Ressource Wasser um. Trotzdem müssten
noch rund 15 Milliarden Euro in die Wasserinfrastruktur investiert werden, weil
Stickstoff und Phosphor aus der Landwirtschat, aber auch Tenside aus
Haushaltsreinigern und Waschmittel noch immer in die Gewässer gelangen. Während
die Abwässer im Norden Europas 90 bis zu 100 Prozent an eine Kläranlage
angeschlossen sind, gebe es vor allem in Südeuropa noch Nachholbedarf.
Auch Peter Gammeltoft von der EU-Generaldirektion
Umwelt der EU-Kommission sieht deutliche Verbesserungen in der Wasserqualität.
Der Lachs habe den Rhein bereits wieder bis Basel zurückerobert. Aber die Situation
ist in Europa sehr unterschiedlich zu beurteilen. Wegen des Nachholbedarfs
spricht sich auch Gammeltoft für eine stärkere Berücksichtigung der
Wasserthemen in der GAP aus. Ein Thema sind auch die Wasserverluste in Höhe von
20 Prozent durch undichte Leitungen.
Im nächsten Monat wird ein „Fitness Check“ vorgestellt,
der die Umsetzung der Wasserrahmenrichtline (WRRL) in 176 Flusseinzugsgebieten
der EU analysiert hat. Bis 2020 soll ein politischer Rahmen für
Abwasserbehandlung, Trockenheit, Überschwemmungen und Wasserqualität fertig
sein. Im Juni soll es dazu eine öffentliche Anhörung geben und Ende Mai eine
Konferenz mit allen Beteiligten des Wassersektors.
Der politische Rahmen soll nach Aussage von Beate
Werner, Leiterin der Wassergruppe in der Europäischen Umweltagentur, keine
übergeordnete Wasserbehörde sein. Es gehe vielmehr darum, dass zwar regional,
auch nationale ausreichende Informationen über Wasserressourcen und ihre
Nutzungen vorhanden seien, aber zu wenig grenzüberschreitende Betrachtungen. Dabei
müssen Grundwasserströme und Flüsse überregional betrachtet werden. Industrie,
Landwirtschaft, Haushalte und die Energieerzeuger konkurrieren um die gleichen
Quellen, und melden steigenden Bedarf an. Die Grenzen der
Ökosystembelastbarkeit müssen definiert werden. Nach Werner zeigen
Untersuchungen, dass die Wasserproduktivität dort, wo es sehr viele Nutzer
gibt, oftmals am geringsten sei.
Verbraucheraufklärung
Luis Bulhao Martins, Vorsitzender der Arbeitsgruppe
Umwelt beim europäischen Bauern- und Genossenschaftsverband Copa Cogeca, legte
dar, dass für die Landwirtschaft die Ressource Wasser essentiell ist. In
Südeuropa wird wegen der Bewässerung der Wasserkörper zu 70 Prozent von der
Landwirtschaft beansprucht. Ohne Bewässerung sei ein grünes Wachstum in den
ariden Regionen Europas nicht durchführbar. Martins forderte mehr
Verbraucheraufklärung. Sie wüssten oft nicht, wie wichtig und in welchem Umfang
Wasser in der Nahrungsproduktion eingesetzt wird. Die Kunden wollen immer
weiter verarbeitete Produkte, kennen aber nicht deren ökologischen Fußabdruck.
Lesha Witmer von der Organisation „Women for Water
Partnership“ erinnerte daran, dass in vielen Regionen der Erde die Frage nach
dem Wasser an erster Stelle stehe. Erst mit Wasser können Nahrungsmittel
angebaut werden und sei daher noch wichtiger als die Gesundheit. In Europa
werde sparsamer Umgang mit Wasser nicht belohnt, so Witmer. Die Wasserwerke
verfahren nach dem Prinzip, dass bei sinkendem Wasserverbrauch die Wasserpreise
steigen und daher keinerlei Anreiz geben, weiter zu sparen.
Das liege nach Carl Emil Larsen, Geschäftsführer des
dänischen Wasser- und Abwasserverbandes DANVA, an den hohen Fixkosten, die bis
zu 80 Prozent den Tarif bestimmen. Anreize zum Sparen gebe es für die
Verbraucher nicht, räumt er ein. Vielleicht helfe eine Vollkostenrechnung bei
Bestimmung der Wasserpreise weiter. Steuern und Tarife sind für Larsen die
einzige Finanzierungsquelle für die Bewältigung der künftigen Aufgaben im
Wassersektor.
Lesestoff:
1) Broschüre der EU zur Wasserrahmenrichtline (WRRL): http://ec.europa.eu/environment/water/water-framework/pdf/tapintoit_de.pdf
In der nächsten Woche findet das Weltwasserforum in Marseille statt: www.worldwaterforum6.org
Brandenburg möchte mit einem Wasserbuch die knappe
Ressource Wasser verteilen
In Deutschland bezieht rund ein Prozent der Bevölkerung ihr Wasser aus einem Hausbrunnen. Das sind rund 700.000 Menschen meist im ländlichen Raum. Wie das Wasser aus eigenen Brunnen und Quellen ein gesunder und sicherer Genuss bleibt, zeigt jetzt eine neue Broschüre des Umweltbundesamtes „Gesundes Trinkwasser aus eigenen Brunnen und Quellen – Empfehlungen für Betrieb und Nutzung.“ Der Leitfaden steht seit Donnerstag zum Download bereit: www.umweltbundesamt.de/uba-info-medien/4212.html
Roland Krieg