Die doppelte Kontrolle für Antibiotika im Fleisch

Landwirtschaft

US-Befunde für Antibiotikafreies Fleisch sind nicht auf Deutschland übertragbar

Lance Price ist Wissenschaftler im Antibiotic Resistence Action Center (ARAC) an der George Washington Universität in den USA. In der vergangenen Woche hat er im Wissenschaftsmagazin Science eine Politikreform in den USA gefordert, weil in den Staaten zu wenig auf Antibiotika getestet wird.

Hintergrund USA

In den USA gibt es ein vom US-Landwirtschaftsministerium zertifiziertes Label „raised without antibiotics“ (RWA), das den zunehmenden Verbraucherwünschen entspricht. Der Wahrheitsgehalt des Logos. Die Auszeichnung gibt es für rotes Fleisch und für Geflügel.

In beiden Fällen müssen die Betriebe ein Dokument für die Kontrollregularien eines Tieres von der Geburt bis zum Verkauf einschließlich der Futterproben besitzen. Die Prüfungen müssen dokumentiert sein. Im Falle einer Erkrankung und einer notwendigen Behandlung mit Antibiotika müssen diese Tiere für die Schlachtung bis hin zur Verpackung des Fleisches separiert verarbeitet werden. Dieser Prozess muss ebenso dokumentiert sein. Dafür ist der Food Safety Inspection Service (FSIS) zuständig.

Ein höherer Verkaufspreis beim Konsumenten entlohnt den Aufwand. Allerdings gibt es Schwachstellen im amerikanischen System. Obwohl es Prüfungen auf Antibiotika im Fleisch gibt, sind sie nicht für die Glaubwürdigkeit des Labels ausgelegt, schreibt Price. Von rund neun Milliarden Tiere, die jährlich in den USA geschlachtet werden im nationalen Rückstandsüberwachungsprogramm nicht mehr als 7.000 Tiere tatsächlich geprüft. Die Prüfung misst auch nur, ob ein zulässiger Grenzwert an Rückständen überschritten wird und ist daher für ein RWA-Label nicht geeignet.

Lediglich systemische Label wie das US-Ökolabel und das Globalen Tierwohllabel schließen den Gebrauch von Antibiotika von vornherein aus. Viele Nutztierhalter liefern für verschiedene Label, wie dem RWA, bei denen aber kein eigenständiges empirisches Prüfprogramm auf Antibiotika existiert.

Beim Austausch einzelner Tiere oder einer Bestandsvergrößerung ist bei den RWA-Betrieben eine funktionierende Lieferkette notwendig. Bleiben Stallplätze leer, oder fehlen Futterzusatzstoffe steigen auf den Betrieben die Gesamtkosten.

Das ARAC hat 312 Rindergruppen mit 38.219 Tieren auf 33 Höfen aus dem RWA-Label auf Antibiotika getestet. In 85 Prozent der Fälle wurde kein einziger positiver Befund gefunden. In zehn Prozent der Gruppen gab es ein Einzeltier mit einem Antibiotika-Befund und in 5 Prozent der Gruppen waren alle Tiere positiv.

Es gibt also offenbar Wege von Tieren, die mit Antibiotika aufgezogen und in RWA-Bestände gelangen. Price fordert die Regierung auf, im US-Landwirtschaftsministerium RWA-Betriebe kontinuierlich und nicht nur auf das Überschreiten der Höchstmenge hin zu prüfen [2].

Hintergrund Deutschland

Ein eigenes Label für eine Aufzucht ohne Antibiotika in Deutschland gibt es nicht. Viele private Programme, wie auch die Öko-Verbände schließen die Verwendung von vornherein aus. So ein „Einwandern“  von behandelten Tieren ist in Deutschland kaum möglich.

Importfleisch

Wie aber sieht es bei amerikanischem Rindfleisch aus, das in die EU importiert wird? Es darf nur US-Fleisch in die EU importiert werden, das den gesetzlichen Bestimmungen der Europäischen Union erfüllt. Und hier ist die Nutzung von Antibiotika als Wachstumsförderer verboten. Das Exportland, in diesem Falle die USA muss „über Bestimmungen und Systeme verfügen, die ein den europäischen Lebensmittelsicherheitsstandards mindestens gleichwertiges Niveau sicherstellen. Dazu gehört, dass Drittländer, die Fleisch in die EU exportieren möchten, über einen von der EU genehmigten Rückstandskontrollplan gemäß Kommissionsentscheidung 2011/163/EU verfügen müssen. Die Europäische Kommission auditiert Drittländer regelmäßig auf die Einhaltung aller einschlägigen Anforderungen für den Export in die EU. Bezüglich der Tierarzneimittelrückstände erfolgte ein solches Audit in den USA letztmalig im Jahr 2018.“ Das teilt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf Anfrage von Herd-und-Hof.de mit [1].

Die US-Betriebe brauchen also eine Exportlizenz, wie im internationalen Handel üblich, um überhaupt in die EU liefern zu dürfen. Zudem werden in der EU „sämtliche Erzeugnisse risikoorientiert stichprobenartig untersucht. Dies schließt auch Untersuchungen auf Tierarzneimittelrückstände ein.“

Lesestoff:

[1] Price, L et al.: Policy reforms for antiobiotic use claims in livestock, in: Science Vol 376 Issue 6589, 8 April 2022 https://www.science.org/doi/10.1126/science.abj1823

[2] EU-Rückstandsbericht 2018 im Rahmen des gemeinsamen EU-USA Arbeitsprogrammes: https://ec.europa.eu/food/audits-analysis/audit_reports/details.cfm?rep_id=4198

Roland Krieg

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