Die gute Praxis-Idee für 2011

Landwirtschaft

Innovationen für den Alltag

Wachsende Betriebe brauchen moderne und professionelle Konzepte. Die EuroTier in Hannover hat vielfältige Innovationen hervorgebracht – doch oft steckt die Tücke im täglichen Arbeitsablauf. Dann sind es gerade die kleinen Dinge oder ist es die pfiffige Idee, über die man sich freut. Zusammen mit LandwirtschaftHeute hat sich Herd-und-Hof.de auf der EuroTier nach solchen Innovationen umgeschaut, die das Leben leichter machen können.

Der Thermo-UV-Tunnel

Gummistiefel, eine Leiter, oder der Papiersack Futter: Klar, alles muss desinfiziert werden, soll es in den Schweinestall. Eine trockene, einfache und praktikable Lösung hat die Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung (GFS) erstmalig auf der EuroTier vorgestellt: Den UV-Thermo-Steril-Tunnel.
Alle Gebrauchsmaterialien können in dem „Lichttunnel“ einfach entkeimt werden. Mit Hilfe von energiereichem, aber kurzwelligen, daher ungefährlichem UV-C – Licht, das keine große Reichweite hat, kann das Gerät, das die Grundfläche einer Europalette hat vor allem besonders schnell gegen Viren Alltagsgegenstände entkeimen. Die Zellwand der Bakterien hält das Licht aber auch nur unwesentlich länger auf.
Der Vorteil des Tunnels ist nach Tierarzt Michael Feld, dass Licht überall hinkommt. Die Papiersäcke bleiben trocken, weil sie nicht mehr mit dem Desinfektionsnebel besprüht werden müssen.
Als Lichtquellen gibt es an der Decke und im Boden jeweils zwei Neonröhren, die das für den Menschen unsichtbare Licht abstrahlen.
Das Gerät ist an beiden Seiten offen, so dass stückweise auch eine lange Leiter durchgeschoben werden kann.
In der Regel sind die Gegenstände nach rund zehn Minuten entkeimt, einfache Dinge, wie Gummistiefel schon nach zwei Minuten.
Zusätzlich gibt es ein Heizelement, das Temperaturen bis 95 Grad Celsius erreicht und so auch eine thermische Desinfektion gewährleistet.

FutterwandDie Futterwand

Kein Platz mehr für einen Stallumbau? Oder einfach einmal ein neues Stallkonzept ausprobieren, das ohne zentralen Futtergang auskommt? Dann ließe sich der Stall besser ventilieren, die Tiere besser gruppieren und alle haben mehr Platz zum Fressen. Der Clou kommt vom Cow House aus den Niederlanden: Der Futtertrog befindet sich an der Außenwand des Stalls und kann mit einem Futterwagen von außen beschickt werden. Dazu befindet sich in Widerristhöhe der Tiere eine Klappe, die mittels eines Motors nach innen weggeschwenkt werden kann. Die Klappe kann auch zum Lüften nach außen hochgeklappt werden, sichert den Innenraum mit einem Vogelnetz.
Die Holländer versprechen auch einen ständig sauberen Futtertrog, denn ein innerer Dachspant trennt den Futtertrog vom Liegeplatz ab. Die Kühe müssen nur ihren Kopf über den Trog beugen. Eine Fütterung am Tag reicht und alle Tiere finden ausreichend Platz, um in Ruhe zu fressen.

MelkverbandDer Melkverband, mit dem gemolken werden kann

Kühe müssen sich nicht unbedingt auf die Zitzen treten. Statt Teilabriss können auch leichtere Verletzungen zu einer langwierigen Angelegenheit werde, die nicht nur dem Tier Unbehagen zufügt, sondern auch dem Melker Geduld. Bisherige Melkverbände mussten während des Melkens abgenommen werden, um den Heilungsprozess durch den Melkbecher nicht zu unterbinden. Dr. Jochen Werner Kenndorf, der unter anderem mit Hansaplast weltweit tätig war, hat aus der Intensivmedizin einen neuen Melkverband entwickelt, mit auch gemolken werden kann. Damit bleibt die Kuh in der Herde mit den anderen und der Melkprozess braucht nicht unterbrochen zu werden. Wie ein Gelkissen legt sich der Verband um die Zitze, verteilt und mindert den Druck beim Melken. Je nach Wunde kann der hemmstoff- und wirkstofffreie Verband bis zu 12 Mal auf der Wunde gelassen werden. Der Verband wirkt wie ein Schorfersatz, unter dem die Wunde optimal während des Kuhalltags heilen kann.

Colo-MasterColo-Master schafft Bewusstsein

Die Theorie ist einfach: Das Kalb braucht nach seiner Geburt Kolostralmilch. Nach sechs Stunden sinken die Anzahl der Gammaglobuline in der Milch und die Poren im Dünndarm, die das Kalb quasi als Vollkaskoversicherung gegen Keime und Bakterien immunisieren. Bernd Kleiner von der L.T. Hampel GmbH für Calf Care Solutions weiß aber, dass die Wirkung des Kolostrums noch immer unterschätzt wird – oder im Alltag oft die Zeit fehlt. Mittags wird das Kalb geboren, die abendliche Melkzeit ist aber noch weit. Vielleicht ist auch die Qualität des Kolostrums nicht gut oder es Blut in der wichtigen Muttermilch.
Der „Colo-Master“ schafft aber nicht nur das Kolostrum-Management zu automatisieren, sondern als Nebeneffekt auch das Bewusstsein für die lebenswichtige Milch zu schärfen. In handlichen Zwei- oder Dreiliterflaschen kann das Kolostrum aufgefangen und gesammelt werden. Mit Leitungswasser im Behälter wird die warme Milch ohne Energieaufwand auf 15 Grad zum einlagern in den Kühlschrank temperiert. Umgekehrt heizt der Behälter Vorratskolostrum auf genau 40 Grad Celsius wieder auf, ohne dass das Kalb sich verbrüht. Dazu ist ein Heizstab mit Abschaltautomatik eingebaut.
Der Colo-Master braucht nur einen Wasser- und Stromanschluss. Geschäftsführer Bernd Kleiner schlägt vor, den Colo-Master gleich in die Milchküche einzubauen – oder im Kälberstall, wo er gebraucht wird.

Vieh 24Das richtige Schwein finden

Lamas sind auch drin. Ja! Auch Kunden und Besitzer von Galloway und Highland-Rinder finden sich in einer neuen Datenbank. Der Online-Marktplatz www.vieh24.de bringt seit dem 08. Oktober Anbieter und Käufer von Rindern, Schweinen und Geflügel zusammen. Wer seltene Tierrassen besitzt hat die Handelsplattform schnell zu schätzen gelernt. Aber auch Rinder- und Schweinehalter kennen oft nur den Tierbestand ihrer Nachbarn. Wer ein Rind mit einer bestimmten Milchleistung oder einen bestimmten Kreuzungseber sucht, wird hier fündig. Nur registrierte Händler können an der Börse, die einer Online-Versteigerung gleicht, teilnehmen, was Käufer und Verkäufer Sicherheit beim Handel gibt, so Geschäftsführer Godehard Gerling, dessen Plattform sich über abgeschlossene Verkäufe finanziert. Anhand Zuchtbuchdaten und Ohrkennung findet der Käufer das Tier vor, was er vorher ersteigert hat. Im Zweifelsfall gibt es eine Schiedskommission.
Viehkaufleute können sich auf diese Weise ihre Tiere in größerem Radius zusammensuchen. Die Datenbank ist so genau, dass auch Impfstatus und Sperrbezirke ausgewiesen werden können. Im ersten Monat wechselten bereits mehr als 50 Tiere den Besitzer.

Der Text erscheint auch in LandwirtschaftHeute, dem Kundenmagazin der Viehhandelskaufleute aus dem vfz-Verlag

Roland Krieg; Fotos: Colo-Master: Werkbild, alle anderen: roRo

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