Die guten und die bösen Agrarinvestoren
Landwirtschaft
Nichtlandwirtschaftliche Investoren in Deutschland
Pachtet Bauer Huber fünf Hektar Weide, gehört er zu den
Guten. Pachtet die KTG Agrar 500 Hektar Getreidefläche in Ostdeutschland –
gehört sie zu den Bösen?
Seit Jahren haben nichtlandwirtschaftliche Investoren
ihren Platz in den Schlagzeilen gefunden, wenn sie Ackerland kaufen oder
pachten. Ihre Nachfrage nimmt den Bauern das Land weg, die Bodenpreise steigen,
heißt es. Nicht zuletzt beklagt vor allem Mecklenburg-Vorpommerns
Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus den Flächenausverkauf an
„außerlandwirtschaftliche Investoren“ und fordert mit Sachsen-Anhalt die
Übertragung der Flächen, die noch im Besitz der Bodenverwertungs- und
-verwaltungs GmbH (BVVG) sind, an das Land. Damit die Flächen in bäuerlicher
Hand vergeben werden, so die Begründung.
Doch eine Studie des Johan Heinrich von Thünen-Institut
(vTI), die am Dienstag vorgestellt wurde, zeigt ein differenziertes Bild vom
„Ausverkauf des Bauernbodens“. Es ist aber auch nicht so einfach, wie es sich
das Bundeslandwirtschaftsministerium im letzten Jahr machte, indem es darauf
verwies, es gebe weder ein bekanntes Ausmaß noch bekannte Flächenwirkungen durch
außerlandwirtschaftliche Investoren.
Warum wird investiert?
Nach Agrarökonom Dr. Wilfried Bommert zeichnet sich der Agrarbereich durch einen Schrumpfungsprozess bei steigender Nachfrage aus. Die Ackerfläche soll Nahrungsmittel und Energie liefern, die Landschaft will gleichzeitig Erholungsraum bleiben, aber die Ackerfläche nimmt weltweit jährlich um 20 Millionen Hektar ab. In Deutschland gehen jeden Tag 100 Hektar verloren. Diese Rahmenbedingungen locken Kapital an. Vor allem deshalb, weil Nachfrageboom nach Nahrungsmitteln und neue Märkte wie die Bioenergie den Acker und die Feldfrucht höher verzinsen als der Anbau eines Kopfes Salat.
Wer investiert?
Die vielen unterschiedlichen Akteure auf dem Agrarmarkt
haben dem vTI die Abgrenzung der Investoren schwer gemacht. So suchen
Investoren Land, die in der jüngeren Vergangenheit einen landwirtschaftlichen
Betrieb gegründet haben, vorher aber keinen Bezug zur Agrarwirtschaft hatten.
Die so genannten „Tiefladerbauern“ bewirtschaften an anderer Stelle ihren Betrieb,
können dort nicht mehr wachsen und suchen vor allem in Ostdeutschland neue
Flächen. Ihre großen Landmaschinen werden mit dem Tieflader aus anderen Teilen
Deutschlands, den Niederlanden oder Dänemark herangefahren. Daneben gibt es
Bauern, die ihr Investitionskapital aus nichtlandwirtschaftlichen Quellen
beziehen: Durch Baulandverkauf, Tätigkeit außerhalb der Landwirtschaft oder
Erbschaft.
So gehört in Ostdeutschland der Möbelhändler Steinhoff
mit 20.000 Hektar zu den „wirtschaftsfremden“ Investoren. Die KTG Agrar gehört
mit 28.000 Hektar zu den landwirtschaftlichen Investoren, die auch ökologischen
Marktfruchtanbau betreibt und die JLW Holding AG mit 24.000 Hektar handelte
vormals mit Immobilien und Vieh.
Der Logistikunternehmer Fiege lässt eine 5.500köpfige
Mutterkuhherde auf 4.000 Hektar Weide auf dem Darß grasen und auch die
ökosoziale GLS-Gemeinschaftsbank hat 2.600 Hektar Land in der Schorfheide
nördlich von Berlin erworben und verpachtet sie langfristig an Ökobauern.
Wo wird investiert?
In Ostdeutschland. Die Betriebe im Westen konnten kaum
mehr wachsen, weil das Land schon aufgeteilt war. Die jahrzehntelange
Strukturentwicklung hat mit der Realteilung immer wieder zu
Flächenzusammenführungen geführt, die Betriebe haben sich langsam auf Kosten
der aufgegebenen vergrößert. Die Wende hat in Ostdeutschland viel Land zur
Verteilung bereit gehalten und „viele Alteigentümer (darunter zahlreiche
Adelsfamilien) mit familiären Wurzeln an
den Investitionsorten haben, allerdings meistens an einem Standort, Flächen
mit branchenfremden Kapital (zurück-)gekauft“, so die vTI-Studie.
Die politischen Rahmenbedingungen und vorhandene
Großflächen haben diese Investitionen begünstigt.
Hingegen sind international tätige Fondsgesellschaften
nach Analyse des vTI in Deutschland nicht tätig. Die Flächen sind im Gegensatz
zu Lateinamerika oder Asien zu teuer. Die Hamburger Aquila Capital schätzt
sogar das „Politikänderungsrisiko“ der EU als zu hoch ein.
Mehr als schwarz-weiß
Nach Analyse verhalten sich die Investoren heterogen. Die Käufer einzelner Betriebe weisen eine hohe fachliche Kompetenz auf, integrieren sich in den Dörfern und sichern Arbeitsplätze, Bausubstanz und soziale Gepflogenheiten. Davon profitiert auch die regionale Wirtschaft. Die gegenteilige Verhaltensweise, eine Abschottung gegenüber der Umwelt, scheint nur gelegentlich der Fall zu sein. Ein aggressives Auftreten am Bodenmarkt wird auch von ortsansässigen Personen und Unternehmen geschildert.
Lesestoff:
Forstner Bernhard et al.: Aktivitäten von nichtlandwirtschaftlichen und überregional ausgerichteten Investoren auf dem Bodenmarkt in Deutschland. Sonderheft 352 Landbauforschung. ISSN 978-3-86576-075-3. Das Heft kann kostenfrei im Internet heruntergeladen werden: www.vti.bund.de
KTG Agrar im PorträtRoland Krieg