Die Honig-Pollen-Debatte

Landwirtschaft

Sind Pollen ein natürlicher Honigbestandteil?

Derzeit haben die EU-Kommission und der Europäische Gerichtshof (EuGH) verschiedene Ansichten über den Honig. Der EuGH gab dem Augsburger Imker Karl Heinz Bablok Recht, der den Freistaat Bayern auf Schadenersatz verklagte, weil seine Bienen 2009 gentechnisch veränderten Pollen vom Mais MON 810 in den Bienenstock brachten. Der Imker musste seinen Honig vernichten, weil MON 810 keine Zulassung im Honig hatte. Vordergründig freuten sich die Imker über das Urteil des EuGH, weil einmal klar wurde, dass Imker bei ungewollten Einträgen Schadenersatz geltend machen können und eine Möglichkeit besteht, Honig eindeutig gegenüber der Gentechnik zu etikettieren.

Zutat oder Bestandteil?

Der Gerichtshof begründete sein Urteil damit, dass Pollen eine Zutat sei. Damit müsste er im Falle einer gentechnisch veränderten Herkunft gekennzeichnet werden. Beim Schleudern der Waben würde Pollen aus Nachbarwaben in den Honig gelangen und das sei ein aktiver Beitrag des Imkers. Demgegenüber vertritt die EU-Kommission die Meinung, dass Pollen eine natürliche Zutat des Honigs sei, weil er bei der Nahrungssuche der Bienen immer mit in den Bienenstock gelangt. Selbst der Bundesrat forderte die Bundesregierung im Dezember 2012 auf, in Brüssel für Klarheit zu sorgen [1].

Was zunächst wie ein technisches Detail klingt, hat aber große Auswirkungen, erläuterte die Bulgarische Christdemokratin Mariya Gabriel am Montag im EU-Agrarausschuss. Zum einen kann die Deklaration von Pollen als Zutat beim Verbraucher den Eindruck erwecken, Pollen sei ein separates Produkt im Honig, zum anderen hat es aber gerade für die Imker weitreichende Kennzeichnungspflichten. Gälte Pollen als Zutat, muss er auf der Zutatenliste aufgeführt werden. Stammt er dann von gentechnisch veränderten Pflanzen, muss er nach Lebensmittelrecht gekennzeichnet werden, sobald er mehr als 0,9 Volumenprozent umfasst. Das ist das nächste Problem: Ist der Anteil des GVO-Pollens am Honig oder an der Gesamtmenge des Pollens zu berechnen? Der Bericht von Gabriel weist darauf hin, dass die Pollenmenge als Referenzwert dazu führe, dass der Schwellenwert von 0,9 Prozent kaum überschritten werde. Pollen hat nur einen Anteil von 0,005 bis 0,05 Prozent am Honig. Eine Quantifizierung innerhalb der Pollenfraktion scheitere aber an der fehlenden quantifizierenden Messmethode.

Haarspalterei oder Ablenkung?

Berichterstatterin Gabriel möchte die Diskussion um den Pollen im Honig nicht mit der Frage der Koexistenz zu gentechnischem Anbau vermischen. John Stuart Agnew, britischer Freiheitsdemokrat sieht in der „Haarspalterei“ auch eher das Resultat einer von den Grünen abgelehnten Gentechnik. Die Verbraucher sollten selber entscheiden, welcher Honig ihnen schmeckt.

Demgegenüber vermutet Martin Häusler von den Europagrünen eine Ablenkung. Eigentlich gehe es genau um die Frage nach der Gentechnik und die Pollendiskussion sei nur ein Trick der EU-Kommission, sich um das Thema herumzuwinden. Mit einer großzügigen Abstandsregelung, wie sie in Österreich praktiziert wird, sei eine Trennung zu gentechnikfreiem Honig möglich. Der Kommissionsvorschlag erlaube eine schleichende Kontamination mit gentechnisch veränderten Pollen.

Die deutsche Liberale Britta Reimers verweist auf die kleinen und mittelständischen Abfüllbetriebe, die auf den Import von Honig angewiesen sind. Dieser nimmt in Deutschland einen Marktanteil von 40 Prozent ein. Müsste Pollen gekennzeichnet werden, dann würden die verarbeitende Lebensmittelindustrie auf Zucker und Zuckerersatzstoffe ausweichen.

Lesestoff:

[1] Bundesrat zum EuGH-Urteil

Roland Krieg

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